Der große Trip – Wild (Filmkritik)

Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) Leben ist kein Zuckerschlecken. Der Verlust ihrer geliebten Mutter (Laura Dern) und das Ende ihrer Ehe, die an Cheryls Heroinsucht zerbrach, haben sie in ein tiefes Loch fallen lassen. Frustriert, aber auch entschlossen kehrt sie ihrem alten Leben den Rücken zu und begibt sich – ohne geringste Vorkenntnisse und mit viel zu schwerem Rucksack – auf eine 2.000-Kilometer-Wanderung entlang des Pacific Crest Trails.

wild

Auf diesen Film war ich so richtig gespannt, nachdem ich so viel Positives über ihn gehört hatte. Ich konnte mir zwar nicht wirklich vorstellen, wie ein Film, bei dem es ums Wandern geht, spannend bzw. unterhaltsam sein soll, doch ich wurde angenehm überrascht.

„Wild“ ist die Verfilmung der realen Reise von Cheryl Strayed, die ihre Erfahrungen über ihren 2000 km langen Fußmarsch von Mexiko nach Kanada in dem Bestseller „Wild: From Lost to Found on the Pacific Crest Trail“ fest hielt. Strayed wartete 17 Jahre, bis sie ihre Erfahrungen von diesem Trip in Form von Memoiren niederschrieb.

An was ich mich erst gewöhnen musste, war das permanente Voice-Over, wenngleich Cheryls Selbstgespräche mit der Zeit immer amüsanter werden. Aber da sie meistens alleine unterwegs ist, gäbs ja sonst gar keinen Dialog und das wär erst Recht öde.

Regisseur Jean-Marc Valleé (Dallas Buyers Club) macht geschickten Gebrauch von anfangs zusammenhangslos erscheinenden Bildfetzen, die nach und nach ein Bild von Cheryls Verfall zeigen. Obwohl nicht chronologisch geordnet, sind die Rückblenden sehr aufschlussreich und machen verständlich, warum Cheryl mit einer Vehemenz diesen Trail gehen will und sich trotz ausfallender Zehennägel weigert aufzugeben und so dem Bild entgegen geht, dass sie gerne von sich selber hätte. Einige komische Momente lockern das Geschehen immer wieder einmal auf, unter anderem als Cheryl das erste Mal ihren Rucksack anzieht, ist dies amüsant anzusehen. Der Reporter, der ganz verzückt ist, eine Hobo-Frau zu finden, war fast surreal und man fragt sich, ob solch ein taktloses Wesen wirklich existiert.

Drehbuchautor Nick Hornby begann den Film geschickt damit, dass die Heldin am Anfang ihrer Wanderung alles falsch macht. Ihr Rucksack zu schwer, null körperliche Fitness (ihr erster Stop ist schon nach 5 Meilen) und sie hat sich vor ihrer Reise noch nicht einmal die Anleitung zum Aufbau ihres Zeltes angesehen. Als sie in ihr Abenteuer eher stolpert als geht, strahlt sie dann einen unbändigen, ja kompromisslosen Lebenswillen aus, der das Interesse an dieser Filmfigur weckt.

Oscar-Preisträgerin (für „Walk the Line“) Reese Witherspoon (Water for the Elephants) schlüpft für diesen Film nicht nur in ein Paar Wanderstiefel, sondern auch in die Rolle der Produzentin. Auf der Suche nach einer starken Frauenrolle sicherte sie sich die Filmrechte zum diesem Buch. Dass Witherspoon schauspielern kann, ist sicherlich keine Neuigkeit, aber hier hat sie noch ein Schäufelchen nachgelegt und 90 Prozent des Filmes alleine bestritten. Ihre Wandlung von der frustrierten, ihrem verpfuschten Leben davon wandernden Frau, zu jemanden mit einem positiven Blick in die Zukunft, ist inspirierend und daher ist ihre Oscar-Nominierung eigentlich keine Überraschung.

Laura Dern als fast Nerv tötend immer positive Mutter von Strande, war eine echte Überraschung für mich. Ich kenne sie eigentlich nur aus „Jurassic Park“ und muss sagen, ich habe selten eine so rührende Performance gesehen wie ihre. Mehrere Male bekam ich bei Szenen in denen es um sie ging nasse Augen und sie wurde völlig zu Recht ebenfalls für einen Oscar nominiert.

Fazit. Dieser inspirierende Film verbindet geschickt die innere und äußere Reise einer an ihrem Leben fast zerbrochenen Frau, festgehalten in wunderschönen Bilder.

Dieser Film bekommt von mir 8/10 marschierende Punkte.


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