Der evangelische Reverend Cotton Marcus (Patrick Fabian) hat ein kleines Problem. Er ist zwar ein begnadeter Prediger, aber er hadert mit dem Glauben an Gott. Da er aber so etwas wie ein „Star“ ist, fragen die Filmemacher Iris Reisen (Iris Bahr) und ihr Kameramann Daniel Moskowitz an, ob sie eine Dokumentation über ihn machen dürfen. Klar, dass er zustimmt.
Die Frage nach Exorismen kommt schließlich auch und ja, Cotton hat welche durchgeführt, glaubt aber gleichzeitig nicht an solche Dinge. Er glaubt, dass diese Riten einfach einen psychologischen Effekt haben der den Leuten hilft.
Als ein Hilferuf des Bauern Louis Sweetzer (Louis Herthum) kommt, dessen Tochter Nell (Ashley Bell) von einem Dämon besessen zu sein scheint, willigt Cotton ein, zu helfen. Primär natürlich, um zu zeigen, was das für ein Humbug ist und die Tricks von Exorzisten vor der Kamera bloßzustellen …
Eli Roth ist in Horrorkreisen ja kein Unbekannter. Der Mann, der „Hostel“ und „Hostel 2“ inszeniert hat, kann ja mehr oder weniger nur bekannt werden, haben diese beiden Filme den „Torture Porn“ doch auf eine neue Stufe gehoben (bevor diese dann von den Franzosen „Frontier(s)“ und „Martyrs“ wieder gesprengt wurde). Bei „The Last Exorcism“ fungiert der Mann allerdings „nur“ als Produzent. Hinter der Kamera stand Daniel Stamm, gebürtiger Deutscher, dessen zweiter Film (nach „A Necessary Death“) dies nun ist. Geschrieben haben ihn Andrew Gurland und Huck Botko (beide „Mail Order Wife“, wobei Gurland da auch Regie geführt hat) und diese halten sich von den blutigen und brutalen Pfaden des „Torture Porn“ fern. „The Last Exorcism“ funktioniert anders.
Da ist zum einen gleich mal die Verkleidung des Films als „Dokumentation“ auffällig – die ganze Sache erinnert (wie so viele andere Filme) natürlich ein wenig an „Blair Witch Project“, wobei ich gleich mal anführen muss, dass diese Art Kameraführung hier für mich ungleich besser funktioniert. Elendslange Wackelkamerafahrten, weil jemand durch den Wald joggt findet man hier vergebens (außer kurz mal gegen Ende), ansonsten ist der ganze Film im angenehmen Doku-Stil gehalten. Sicher merkt man es, aber da man dies von echten Dokus auch kennt, fällt es nicht weiter auf.
Das zweite ist das äußerst kluge Drehbuch, das sich erst einmal Zeit lässt, um seine Charaktere einzuführen. Wir begleiten Cotton bei einer Predigt, bekommen Interviews mit ihm und seiner Familie und ähnliches. Ganz witzig: Cotton ist so ein Starprediger, dass er behauptet, er könne seiner Gemeinde alles erzählen und sie würden ohnehin klatschen und niemand würde ihm zuhören. Was er auch gleich darauf eindrucksvoll beweist – eine witzige, super Szene, die zwei Dinge bewirkt: Der Kerl ist sofort sympathisch und zum anderen wird die zweifelnde Grundhaltung von Cotton hier wirklich gut aufgezeigt: Ihm ist klar, dass die Leute da sind um zu hören „wie“ er predigt und nicht „was“ er predigt. Patrick Fabian („Bad Ass“) spielt seine Rolle absolut sympathisch und kann viele Facetten zeigen. Diesen Mann sollten öfter größere Rollen angeboten werden, der würde das hinbekommen.
Als sich das Geschehen dann zum Bauernhof verlagert wird die Stimmung ein wenig anders, denn Nell (Ashley Bell, „The Day“) ist wirklich ein liebes Mädchen, das nur leider immer wieder seltsame Dinge tut, die sie selbst nicht bemerkt. Das sorgt für ein paar sehr gruselige Szenen und der Schrecken und Schock der Filmcrew – und von Cotton selbst – tragen hier (auch Dank der Art der Kameraführung) sehr gut zum Gruseln bei.
Den Film so wirklich aus der Masse hervorstechen lässt aber erst Ashley Bell, die beide Seiten von Nell wunderbar glaubwürdig spielt. Die Stimmen, Verrenkungen und die Art wie sie sich bewegt – super. Auf der einen Seite das liebe, nette Mädchen, dass vielleicht ein wenig naiv ist, aber doch irgendwie lieb und einen großen Beschützerinstinkt weckt – auf der anderen Seite das bösartige Ding, das schon mal halbwegs brutale Dinge tut. Diese Frau muss man im Auge behalten. Und damit meine ich die Schauspielerin, auch wenn das natürlich für den Charakter im Film auch gilt.
Ein sehr dickes Lob hier nochmals für die Drehbuchschreiber, die wirklich gut gearbeitet haben – es mischen sich nämlich die Untertöne (die langsam in den Vordergrund rücken) eines Dramas in die Geschichte. Bei näherer Betrachtung, denkt Cotton nämlich, dass Nell missbraucht wurde. Von wem ist nicht klar, aber in der Einöde kommt fast nur der Vater in Frage und so ein Bauernhof kann ja doch sehr einsam sein, ohne Frau und so …
Das Ende zitiert bis zu einem gewissen Grad den bereits vorher erwähnten „Blair Witch Project“. Ich kann nicht zu viel schreiben ohne zu spoilern, aber so viel sei gesagt: Sollte jemand nach dem Ende nicht wissen, was mit den Protagonisten passiert ist – seht euch den Film nochmals an. Es wird euch während des Films schon ziemlich deutlich gesagt und wer das Ende sieht, kann hoffentlich zwei und zwei zusammenzählen.
Für mich war „The Last Exorcism“ eine absolut positive Überraschung, da auf Brutalität und Blut nahezu ganz verzichtet wird, dafür Spannung und Mystery hochgehalten werden. Sicher – das Genre wird nicht neu erfunden, dafür werden aber gekonnt neue Facetten eingebaut.
„The Last Exorcism“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, vielleicht oder vielleicht auch nicht von einem Dämon besessene, Punkte.
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