Julia X (Filmkritik)

Julia (Valerie Azlynn) ist einsam und findet über einen Internetchat einen netten Mann (Kevin Sorbo), mit dem sie sich auch auf ein Date in einem Café trifft. Bevor es aber zu ernst wird, nimmt die schüchterne Frau Reißaus und will nach Hause fahren.

Wie sie rasch feststellen muss, ist der nette Kerl aber gar nicht so nett, sondern wartet bereits im Auto und entführt sie kurzerhand. Der Kerl ist ein gesuchter Serienkiller, der seinen Opfern der Reihe nach die Buchstaben des Alphabets einbrennt. Julia hat den Buchstaben X.

Durch Glück – und Geschick – kann sie entkommen und wird von ihm verfolgt, aber dann passiert etwas Unerwartetes und das Blatt wendet sich zu Julias Gunsten …

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Es ist ja an sich schon mal ein Wunder, dass Herkules-Legende Kevin Sorbo mal endlich als Bösewicht gecastet wird, üblicherweise sehe ich den Kerl nur in charmanten, kurzweiligen Nebenrollen („Never Cry Werewolf“) oder in völlig abgedrehten Trashfilmen („Poolboy“). Jetzt als Fremder ohne Namen darf er sich mal von der dunklen Seite zeigen und – Überraschung – er macht das so richtig gut. Wobei ich der Fairness halber anmerken möchte, dass der Film zwar eine an sich verstörende und brutale Geschichte erzählt, dies aber so comichaft übertrieben macht, dass es nur so eine Freude ist.

Ohne zu viel zu verraten: Julia ist keineswegs das Mauerblümchen, dass sich völlig unbeabsichtigt in die Klauen eines Mörders begiebt – oh nein – die Frau ist genauso krank wie der Fremde (er kriegt nie einen Namen verpasst) und ihre Schwester Jessica (gespielt von Alicia Leigh Willis) ist sogar noch schräger drauf. Nach dem ersten Drittel des Films (die Entführung und Verfolgung von Julia durch den Mörder) macht der Film eine Rolle seitwärts und bremst die üblichen Erwartungen aus, nur um noch schräger zu werden. Hut ab vor P.J. Pettiette und Matt Cunningham, die diese Story geschrieben haben.

Allein die Dialoge zwischen Julia und dem Fremden während ihrer Prügel- und Folterorgien sind einfach ein Traum. Da die beiden sich ja auf einem „Date“ kennengelernt haben, kommt dieses Thema immer wieder auf und auch die Oberflächlichkeit solcher Internet-Dates wird immer wieder super auf die Schippe genommen. So beschwert sich zum Beispiel der Fremde als Julia ihm anbietet „alles zu tun, damit er sie freiläßt“, dass sie sich ja schon billig hergibt, immerhin weiß sie ja noch nicht einmal seine Lieblingsfarbe. Später gibt es einen wirklich langen Kampf bei dem sich die beiden absolut. Nichts. Schenken. Da gehts so richtig zur Sache. Ich weiß nicht, wie oft Kevin Sorbo in diesem Film zu Boden geht, etwas in den Körper gestochen oder über den Schädel gezogen bekommt. Gleiches gilt für Julia. Die beiden machen Dinge mit, die solche Körper in der Realität niemals aushalten würden – und das Abartige daran: Das Ganze macht wirklich, wirklich Spaß.

Witzig auch, dass meine Sympathien während des Films laufend hin und her gesprungen sind – anfangs sind sie klar bei Julia, ein wenig später war ich dann irgendwie (ja, der Typ ist ein Mörder, aber das sieht man nie, das wird nur erzählt) auf der Seite des Fremden, dann doch wieder bei Julia. Es ist auch völlig gleich – die beiden sind ein Hammerpärchen.

Da der ganze Film nur wenig SChauspieler hat, muss er also genau von diesen leben und bei „Julia X“ ist das absolut kein Problem. Valerie Azlynn („Surrogates“), Kevin Sorbo, Alicia Leigh Willis („Raven“) und später auch Joel David Moore („Hatchet“) geben alles – und sind perfekt gecastet. Wenn zum Beispiel Jessica dem Fremden zwischen die Beine greift und kräftig zudrückt, um ihn fernzuhalten, und dann flüchtet schreit Kevin Sorbo gequält „God …“ und als sie abhaut setzt er ein schmerzvoll zufriedens Grinsen nach und führt den Satz mit „… felt that good“ zu Ende.

„Wenn Masochisten auf Sadisten treffen“, so kann man das wohl sagen. Egal, wie sehr sich die Kontrahenten gegenseitig einschenken, für den Fremden (der meistens draufzahlt) bleibt es die ganze Zeit über „The best date I ever had!“.

Wer also nichts gegen teilweise sehr brutale Szenen hat und auch bei wirklich schwarzem Humor seinen Spaß haben kann ohne sich die Frage der Moral zu stellen, wird bei „Julia X“ bestens bedient. Zwischendurch wird in Rückblicken „erklärt“, warum Julia und ihre Schwester so sind, wie sie sind. Wobei ich ehrlich gesagt nicht verstehe, warum diese Szenen für den Film notwendig waren – sie sind ernst, sie geben dem Film eine dramatische Dimension die vom Rundherum sofort wieder entkräftet wird und wirken fast so als wären sie aus einem anderen Film. Ich kann also wirklich nicht begreifen, was der Sinn dahinter ist, sie hier einzubauen, da sie für den Film keinen Mehrwert (eher im Gegenteil) darstellen. Vielleicht sind sie als Satire gemeint (aber das passt für mich nicht ins Bild).

Einziges Problem: Der Film dauert zu lange. Es gibt in Summe drei Enden (drei!) und die letzten beiden hätte ich nicht mehr gebraucht. Für mich war das erste Ende völlig okay, ich hätte alles danach gar nicht mehr zu wissen gebraucht. Es hat mich sogar eher gestört, zu erfahren, was weiter passiert – schade, aber unterm Strich ein großartiger, abartiger Spaß.

„Julia X“ bekommt von mir glatte 8,5 von 10 möglichen, sich gegenseitig durch das gesamte Haus prügelnde, Punkte

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