ParaNorman (Filmkritik)

Norman ist kein gewöhnlicher Junge. Er beginnt seinen Tag vor dem Fernseher sitzend und mit seiner Großmutter feixend. Als Papa dann zur Schule ruft, wird schnell eines klar: Oma ist seit Jahren tot.

Norman ist also ein Junge, der Gespenster sehen kann, was ihm von seinen Mitschülern meist eine Tracht Prügel, von seiner Mutter Sorgen und von seinem Vater Unverständnis einbringt. Dass seine große Cheerleader-Schwester in einfach nur nervig findet, versteht sich da wohl von selbst.

Dumm nur, dass Normans Gabe einen höheren Sinn hat, den der „Irre“ in der Stadt ihm anvertraut – einmal im Jahr muss am Grab einer Hexe ein Märchen vorgelesen werden, da sonst die Toten auf die Erde zurückkehren werden – dummerweise stirbt der Kerl, bevor er Norman sagen kann, wo dieses Grab überhaupt sein soll. Und es kommt wie es kommen muss: Die Toten erheben sich …

Paranorman Film

Wenn sich zwei talentierte Leute zusammentun, die eine Ahnung von dem haben, was sie machen, kann fast nur was Gutes dabei rauskommen. In diesem Fall handelt es sich um Chris Butler, der im Art Department (unter anderem) bei „Corpse Bride“ von Tim Burton die Feder führte, und um Sam Fell, der bei „Flutsch und weg“ (Flushed Away) die Regiearbeit übernommen hatte (wie könnte jemand die singenden Schnecken vergessen?).

Bei „Paranorman“ treffen diese zwei Welten offensichtlich aufeinander. Zum Beispiel die Düsternis des Tim-Burton (der mit dem Film nichts zu tun hat), die sich durch das gesamte Design des Films zieht. Die Inszenierung ist meistens flott und punktiert und die Handlung angenehm simpel gehalten. Man nimmt sich Zeit um Norman vorzustellen (nicht, dass man diesen Heldentypus nicht schon kennen würde) und vor allem Spaß hat, wer auf die Hintergründe und Details achtet. Betrachtet man zB Normans Wecker, die Poster an Normans Wänden oder ähnliche Dinge, dann fällt auf, wie sehr die Macher sich a) ausgetobt haben und b) wie viel Herzblut in dem Film steckt. Denn Stop-Motion-Filme sind auch heute noch (trotz ferngesteuerten Puppen) eine ziemliche Herausforderung.

Was darf man von „Paranorman“ also erwarten?

Zum einen super Technik, schöne Hintergründe, liebevoll gestaltete Charaktere und einen Horrorfaktor, der zuweilen nicht zu seinem Kinderfilm-Image passt. Da passiert es schon mal, dass Norman einem Toten ein Buch aus der Hand reißen muss, unter dem Kerl begraben wird und ihm dann die Zunge des Toten ins Gesicht klatscht. Und ähnliches. Das Werk schrammt in meinen Augen nur knapp daran vorbei die Grenze für „Nichts für Kinder“ zu überschreiten und wirklich kleine Kinder, würde ich ob der Thematik (Zombies!) sowieso fern halten davon – auch wenn es ein Animationsfilm ist.

Die gute Nachricht dabei ist, dass das Team sich nicht scheut viele Witze für Erwachsene einzubauen. So beginnt der Film mit einem „Film im Film“ in welchem ein Zombie ein Mädchen jagt und die alten Horror/Hammer/B-Movies aufs Korn genommen werden (es hängt dreist ein Mikro ins Bild!). Als der Zombie die Dame erwischt sehen wir Norman das erste Mal vor dem Fernseher. Die Oma hinter ihm. Oma fragt: „What is he doing?“ Norman antwortet: „He is eating her brain!“ Oma: „That is not a nice thing to do.“ Weiters gibt es ein paar nette Horrorfilmreferenzen und Verbeugungen (zu viele um sie hier aufzuzählen) und der Wortwitz mancher Dialoge ist skurril bis schräg, aber herrlich erfrischend und ehrlich:
Neil: What do we do?
Mitch: I don’t know!
Neil: But you are the oldest!
Mitch: Not mentally!

Oder: Norman: I want to be alone.
Neil: Great, me too! Let’s do it together!

Alles in allem ist also für gute Unterhaltung gesorgt – vor allem Stop-Motion-Freunde werden voll auf ihre Kosten kommen. Auch wenn der Film es nicht schafft seinen „Quasi-Vorgänger“ Coraline zu übertrumpfen, so ist er dennoch ein Animationsfest. Das Manko bei der Sache ist allerdings, dass man merkt, dass die Macher sich nicht einig waren, ob es jetzt ein Film für Kinder werden soll oder nicht. Die Handlung ist handzahm und für jeden jenseits der Pubertät vorhersehbar, die Witze zu einem großen Teil Jugendfrei (bis auf einen genialen Homosexuellen-Witz am Ende!), aber die Bilder die gezeigt werden und der Gruselfaktor ist für die junge Zielgruppe einfach zu hoch. Waren manche Szenen von Coraline für viele Kinder schon knapp an der Grenze, wird diese bei „Paranorman“, wie bereits erwähnt noch weiter gedehnt. Und auch wenn Zombies letztlich auch „nur Menschen“ sind und die zu Grunde liegende Message des Films nur zu unterstützen ist.

Ich oute mich hiermit als Stop-Motion-Fan, der sowohl „The Nightmare Before Christmas„, „Corpse Bride“, sowie „Coraline“ als extrem super empfunden hat. Jene unter euch, die mit Stop-Motion nichts anfangen können, werden ihn sich ohnehin nicht ansehen. Alle die ihn sehen wollen und sich einen ähnlich beeindruckenden Film wie „Coraline“ erwarten, müssen ihre Erwartungshaltung dämpfen, „Paranorman“ ist gut – aber nicht so gut.

Von mir bekommt „Paranorman“ 8 von 10 über ein paar langstreckte Szenen hinwegschauende Punkte.


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