Best Of Worst Case: Alice In Murderland (Filmkritik)

Vermutlich war es nicht die beste Idee eine „Girls only“-Geburtstagsparty für Alice in genau dem Haus zu veranstalten, in welchem ihre Mutter vor 20 Jahren von einem unbekannten Täter ermordet wurde. Vermutlich war es auch nicht die beste Idee, der Party das Thema „Alice im Wunderland“ zu geben und alle Anwesenden in Verkleidungen zu stecken.

Vermutlich war auch nicht geplant, dass jemand sich als Partycrasher betätigt und nach und nach die Partygäste dezimiert. Dass der Täter nur der „Jabberwocky“ sein kann, ist klar. Aber wer steckt hinter der Maske?

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Bereits die erste Szene von „Alice in Murderland“ macht klar Schiff: Es handelt sich hier um einen Amateurfilm, der von einem (ich vermute) Filmstudenten (oder auch nicht) mit Freundinnen gemeinsam gedreht wurde und eben nutzen musste, was sich angeboten hat: Ein altes Haus, einen Schrottplatz, einen Pool, Wohnungen von Freunden. Überall wo man eben für billig bis kein Geld drehen kann. Alles wirkt genauso, wie man sich das von einem Amateurfilm erwartet – dem Zweck dienlich, aber nicht mehr.

Das kann einerseits als Manko gesehen werden, denn die Kulissen sind eben klar als das erkenntlich: Kulissen. Zu keiner Sekunde glaubt man den Darstellern, dass sie dort wirklich leben und sich heimisch fühlen sollten. Andererseits versprüht das auch einen gewissen Charme und man hat die ganze Zeit über das Gefühl einer gewissen „Spontanität“ beim Dreh. Teilweise meint man zu spüren, dass die Schauspieler, ebenso wie Kameramann und Regie selbst überrascht sind, was jetzt gerade passiert ist.

Umso überraschender, dass „Alice In Murderland“ mit der richtigen Herangehensweise eigentlich ein Spitzenfilm ist.

Die Story ist nicht blöder als bei allen anderen Slasherfilmen. Die Charaktere sind nicht seichter, die Taten der „Opfer“ nicht dümmer und die Auflösung nicht dämlicher. Das macht den Film an sich jetzt nicht gut, das ist klar – es macht ihn aber auch nicht schlecht – und unterscheidet ihn aber aufgrund seiner Amateurliga in der Machart deutlich von hochgepushten Hochglanz-Metzlern alleine schon dahingehend, dass die Schauspieler(innen) aussehen wie die normalen Menschen, die sie auch sind und nicht versupermodelt wurden (auch wenn ein paar sehr hübsche Damen dabei sind), genauso wie der offensichtliche Budgetnotstand die Macher dazu gewzungen hat auf teilweise ungewohnte Kamerablickwinkel zu setzen.

Und das gibt dem ganzen Film seinen eigenen Reiz.

Die schauspielerischen Leistungen sind interessanterweise von „super“ bis hin zu „peinlich“ abgedeckt. Und das sogar teilweise von den gleichen Personen. Jennifer Kamstock zum Beispiel spielt „Tweedledum“ und brilliert in manchen Szenen als geistig nicht ganz auf der Höhe mit schrägen Wortmeldungen, die man ihr sofort abkauft, schafft es aber später bei einem Wutausbruch wiederum nicht dem ganzen auch nur den Hauch einer Chance zu geben, ihr die Emotion zu glauben.

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Das Drehbuch ist … nun, je nach Standpunkt genial oder eben extrem peinlich. Bestes Beispiel siehe Bild: Es ist fast schon zu seltsam, dass der dramaturgische Höhepunkt des Films in einem Badezimmer spielt, die beiden Heldinnen durch das einzige offene Fenster flüchten wollen und – natürlich – steckenbleiben. Das wirklich Tolle daran ist, dass das Fenster zuerst ganz geöffnet ist und als dann feststeht, dass Marlene Mc’Cohen (optisch perfekt ins Playboy-mäßige Hasenkostüm gesteckt) feststeckt ist es zu zwei Drittel geschlossen. Alice kommt nicht auf die Idee, das Fenster wieder zu öffnen, was uns als Zuseher vermutlich vermittelt, dass wir so tun sollen, als würden wir das nicht merken und einfach „so tun als wäre das Fenster halt zu klein“.

Wer sich von solchen Dingen nicht abschrecken lässt, der wird an „Alice in Murderland“ seine helle Freude haben, da alle mit guter Laune dabei sind, Futter für die (männlichen) Augen geboten wird, die Mordszenen mehr unfreiwillig witzig sind und man sofort sieht, wie der Regiesseur sich das ganze vorgestellt hat, es aber leider mit dem Budget nicht besser machen konnte. (An dieser Stelle muss ich einschieben, dass ich selbst Amateurfilmer bin und mir ziemlich 1:1 vorstellen kann, wie der Dreh dieses Streifens abgelaufen ist).

Bei „Alice in Murderland“ sitzt das filmschaffende Herz defintiv am richtigen Fleck und es ist ein klarer Fall von „zu wenig Budget“, wer sich dem Film mit einem Millionenbudget vorstellen kann, wird mir zustimmen, das man den Film 1:1 übernehmen könnte und er wäre super, hätte dann allerdings auch eine Menge (chaotischen, Anarchie versprühenden) Charme eingebüßt. Ich rechne es übrigens Lionsgate (Filmverleih, unter anderem „Ginger Snaps“) hoch an, diesen Film auf DVD veröffentlicht zu haben, das zeigt, dass dort noch Filmfreunde arbeiten.

„Alice in Murderland“ bekommt von mir 9 von 10 von Wunderland ins Mörderland kippende Unterhaltungspunkte. Warum so viele, obwohl er „per se“ nicht gut ist – weil ich enorm Spaß beim Angucken hatte.

Best of Worst Case-Urteil (Trashfaktor: 9,5):
Einfach bewundernswert, dass es jemand schafft diesen – offensichtlich im Keller und/oder bei Freunden gedrehten Film in den Handel zu bringen. Allein dafür gebührt den Machern schon Respekt. Der Film selbst ist unterhaltsam und mit weit mehr Budget wäre sicher weit mehr drin gewesen.

Fazit: Wer sich schon immer mal bei einem Film denken wollte: Das kann ich auch schaffen! Hier bitte. Ansehen.

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