Der Gehirntumor von John Kramer (Tobin Bell) ist inoperabel und laut seinem Arzt, wird er nicht mehr lange leben. Durch einen Mann, den er bei einer Selbsthilfegruppe kennenlernt, erfährt er von einer von Cecilia (Synnøve Macody Lund) angeführten Gruppe von Menschen, die sich speziell um hoffnungslose Fälle kümmern.
Da deren Methoden jedoch in Amerika nicht erlaubt sind, reist er nach Mexiko. Als John nach der scheinbar erfolgreichen Prozedur sich bei einer der Damen mit einem kleinen Geschenk bedanken will, bemerkt er schnell, dass er Opfer von Betrügern geworden ist. Dass sie sich somit mit Jigsaw angelegt haben und dies im Normalfall der letzte Fehler deines Lebens ist, damit haben die Gangster, natürlich nicht gerechnet…
Nach Jigsaw aus dem Jahr 2017 und dem Spin Off Spiral von 2021, ist dies nun bereits der zehnte Film des Saw-Franchise. Warum ich mit der Serie aufgehört habe, steht am Anfang meiner Kritik zu Jigsaw. Nachdem Spiral finanziell weniger erfolgreich war, hat man sich mit Teil zehn nun wieder auf die Wurzeln besonnen, Tobin Bell zurück geholt und Kevin Greutert (Jessabelle) wieder auf den Regiestuhl gesetzt, der bei Saw 1-5 als Cutter dabei war und bei Teil 6 und 7 Regie geführt hat.
Von der Handlung her ist der Film zwischen Teil 1 und 2 angesiedelt und ich wollte einfach wissen, ob der zehnte Saw-Film der Sache wieder neues Leben einhauchen kann bzw. so gut funktioniert, wie die ersten zwei Filme. Was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Zunächst mal lässt sich der Film mehr Zeit für den Aufbau, als alle anderen Teile. Dabei wird John Kramer so verletzlich und menschlich dargestellt, wie nie zuvor.
Das könnte man dem Film durchaus ankreiden, diese Täter-Umkehr-Dynamik, wie es etwa bei Don´t Breathe 2 stattgefunden hat. Aber auch hier gibt es eben ein größeres Monster, zu dem ich später noch komme. John ist liebevoll im Umgang mit einem kleinen Jungen, den er zufällig kennenlernt, er ist der geduldige Mentor von Amanda, würde ein Opfer, das aus seiner Falle entflohen ist, nie weiteres Leid zufügen und er ist freundlich und dankbar zu Menschen, die ihm helfen wollen. Da ist schon viel mehr Herz drinnen, als ich erwartet hätte.
Genau deshalb spürt man dann auch die wahre Grausamkeit hier so stark, nämlich das Spiel mit der Hoffnung. Todkranken Menschen die falsche Aussicht auf Heilung zu geben, nur um deren Geld zu kassieren, dafür muss man schon extrem kalt und berechnend sein. Wenn diese Leute dann in den Fallen stecken, wegen denen viele dieses Franchise lieben, mit all den stilvollen Übertreibungen, dann denkt man sich, man würde kein Mitleid mit ihnen entwickeln, als Zuschauer.
Auch hier waren die Emotionen für mich aber spannender Weise wieder ambivalent, denn einerseits hat man schon das Gefühl, dass das hier eine direkte Konsequenz ihrer Taten ist, aber man wünscht ihnen auch, dass sie die Fallen überleben. All das würde natürlich nicht einmal ansatzweise so gut funktionieren, wenn Tobin Bell hier nicht dabei wäre und wohl die beste Performance innerhalb der gesamten Reihe abliefert.
Die (im Original) rauchige Stimme, sein weiser, aber unbarmherziger Blick, die Gewichtigkeit seiner gesamten Aura, da kann er „I wanna play a game“ so oft sagen wie er will, es erzeugt immer wieder eine gewisse Gänsehaut. Was mich zu Synnøve Macody Lund (Verschwörung) bringt und ihrer Cecilia. Manipulativ, sadistisch und ohne Empathie sind noch nette Bezeichnungen für sie und selbst wenn sie die Anderen in den Fallen anspornt, merkt man die hintergründige Freude in ihren Augen, dass nach negativen Ausgang, ein weiterer Mitwisser beseitigt wird.
Over the top, stellenweise unangenehm und zum Wegsehen (was man auch erwartet von der Reihe), aber nie rein sadistisch, im Sinne dass es keine Überlebensmöglichkeit geben würde. Die Story wird nie vom Blut ertränkt, das Ensemble spielt stark und Tobin Bell ist überragend von seinem Charisma her. Eigentlich dürfte der zehnte Teil eines Franchise nicht so gut sein, bezogen auf involvierende und mittreissende Emotionen, vor allem da man ja das Schicksal der wiederkehrenden Mitspieler kennt, aber wenn man als Drehbuchautor nicht nur auf das schnelle Geld aus ist, dann funktioniert Bekanntes offensichtlich dennoch.
„Saw X“ bekommt von mir 7,5/10 mit einer Rückkehr zum Ursprung, neues Leben gewinnende Empfehlungspunkte.