Es gibt einen Agenten, der ist eine Klasse für sich. Ein Weltenbummler. Überall Zuhause. Perfekt in der Ausführung seiner Aufträge und so still und leise und heimlich wie man als Agent nur sein kann.
Und dann gibt es noch Sterling Archer (H. Jon Benjamin), der zwar der weltbeste Spion sein mag, aber er ist weder still noch leise noch heimlich. Im Gegenteil. Er säuft, er schießt, er liebt Frauen und sein wichtigstes Ziel ist eigentlich die Befriedigung seiner Triebe. Deren Interesse schweift zwar auch auf andere Damen ab, aber in erster Linie gelten diese seiner Kollegin Lana Kane (Aisha Tyler).
Als wäre das noch nicht alles, so arbeitet Sterling noch dazu in der Agentur seiner Mutter Malory (Jessica Walter), die ihrem Sohn gar nicht so unähnlich ist, nur ist ihre Vorliebe der Scotch. Und rund um die drei gibt es ganze Schar an schillernden Persönlichkeiten. Zum Beispiel den Lohnverrechner und Buchhalter Cyril (Chris Parnell) oder die Sekretärin Cheryl (Judy Greer) oder den Wissenschaftler Dr. Krieger (Lucky Yates) und die umsichtige Pam (Amber Nash).
Und ausgerechnet diese Truppe ist – zumindest in ihren eigenen Augen – die beste Spionageagentur der Welt. Zumindest, wenn sie nicht immer quasi knapp vor dem Bankrott wären …
Vor ein paar Jahren hat mir ein Freund empfohlen mal in „Archer“ reinzuschauen. Er sei der Meinung, die Serie könnte mir gefallen. Nun. Das war irgendwann als es schon 6 Staffeln gegeben hat. Jetzt sind es 11. Und irgendwie vergeht mir die Lust am Archer-schauen noch immer nicht. Das mag zu einem großen Teil daran liegen, dass die gesamte Serie einfach zu 100% auf political correctness pfeift, die Running Gags nicht lang erklärt werden, sondern frei nach dem Motto „Check das oder check es nicht“ in den Mix geworfen und natürlich – und das am allermeisten – an den herrlich schrägen Figuren.
Ist Staffel 1 noch – wie meistens – dazu da, die Figuren zu etablieren, so dreht man ab Staffel 2 so richtig auf. Auch der Fokus wird weiter, denn anfangs steht (liegt, sitzt und fällt) natürlich Archer im Mittelpunkt, aber irgendwann (relativ früh) haben die Macher:innen begriffen, dass die Figuren rundherum die Sahnhäubchen sind, welche die Serie erst so richtig rocken.
Und dabei ist es fast egal, ob es sich um Cheryl Tunt handelt, die perfekt von Judy Greer gesprochen wird, bei der sich rasch herausstellt, dass sie ein nicht gerade kleines psychisches Problem hat, zu gerne an Klebstoff schnüffelt und eigentlich nur aus einem Grund arbeiten geht: Langeweile. Denn tatsächlich ist die Millionärserbin und ihr gehört ohnhin gefühlt jedes zweite wichtige Haus.
Oder Pam, ebenfalls brillant gesprochen von Amber Nash, die übergewichtige Dame, umgeben von „Hübschchen“, die sich (zumindest anfangs) um die Psyche ihrer Kolleg:innen sorgt und die man rasch abschreibt, bis man dann überrascht wird und in ihrer Hintergrundgeschichte eine verbotene Wrestling-Karriere am Schwarzmarkt (ich sag nur Fight Club) offenbar wird. Anhand des Tattoos eines Todesengels auf dem Rücken (inklusive der Striche, wie viele schon durch ihre Hand von uns gingen).
Oder Dr. Krieger, der oder der vielleicht nicht ein Klon von … naja, lassen wir das. Jedenfalls hat er super Geräte, ist meistens eine große Hilfe und wenn er nicht gerade mit seiner KI (die als Anime-Dame erscheint) Liebesbekundungen tauscht, dann erfindet und forscht er. In starker Regelmäßigkeit auf Gebieten und mit Veruchsobjekten, die gar nicht soooo freiwillig mitmachen.
Oder Cyril, der Buchhalter und Sterlings Punching-Bag, wenn es um Beleidigungen geht, der später … ach, das wäre ein Spoiler.
Und so weiter und so weiter. Und nachdem ich es nicht jedes Mal einzeln schreiben will: Die Synchronsprecher sind allesamt ein Hammer. auch der Zeichenstil ist toll und die Misching aus handgezeichneten Comic-Figuren und Hintergründen, sowie immer wieder implementieren 3D-CGI-Grafiken funktioniert toll.
Das wahre Highlight sind für mich aber die Dialoge und Situationen in denen die Truppe regelmäßig kommt. Ist man anfangs noch die „übliche“ Agentur für Spionage, so kommt es späer so weit, dass man für die CIA arbeitet, andere Regierungen (unabsichtlich) stürzt, tonnenweise Drogen verticken will, mehrmals aufgrund Mama Archers … Überredungskünsten doch nicht in den Knast geht und noch später geht es sogar soweit, dsas man – Hauptfigur Archer liegt im Koma und sein Geist baut sich Szenarien zusammen – auf Indiana Jones Pfaden wandelt, in 20er Jahre Film Noir Gefilden fischt und sich im Sci-Fi-Kosmos eines Alien-Universums wiederfindet. Ja, klar wacht er wieder auf, aber da hat sich die Welt bzw. die Menschen um ihn schon um einiges weiterentwickelt.
Und – ich muss es wiederholen – die Show ist herrlich unkorrekt und im englischen Original einfach ein Hammer. Staffel 11 und es ist nicht fad. Das mag auch daran liegen, dass es pro Staffel im Schnitt nur 10 Episoden sind, und ja, in Archers Traumwelten ist es nicht ganz so toll wie im Spionagealltag, aber in Summe kann ich nur festhalten: Wer eine geballte Ladung Anarchie, gepaart mit vielen Witzen (auch sexuellen Anspielungen und Handlungsverläufen) kein Problem hat, der oder die wird hier richtig glücklich werden. DAS ist eine Spionage-Show, wie man sie kein zweites Mal findet. Zahlreicher cooler zeitgeistlicher Anspielungen (und 80iger Jahre- Flashbacks) inklusive.
Und das Tüpfelchen auf dem I: Man schafft es sogar, ganz echte und direkte Emotion zu vermitteln, die auch wirklich ins Herz trifft. Klar, es gibt bessere und schlechtere Folgen, aber richtig schlecht wird Archer nie. Und das ist mal eine ziemliche Leistung.
Und wer jetzt meint, ich könne doch nicht 11 Staffel in nur einem Artikel abhandeln, dem oder der sag ich nur: „You are not my supervisor!“
„Archer“ bekommt von mir im Schnitt von Staffel 1 bis 11 glatte 9 von 10, sich auch nicht für völlig irre und geniale Charakterentwicklungen zu dumm seiende, Punkte.