Als Kind war sie die einzige Überlebende eines Serienkillers, deshalb war es für Christina Bowden (Lexi Johnson) kaum möglich, ein normales Leben zu führen. Doch nach außen „normal“ zu erscheinen, dass kann die Lehrerin sehr gut. Aktuell ist sie sogar dabei, ein Mädchen zu adoptieren, dass es ebenfalls nicht leicht hatte im Leben.
Gerade als sie dies verkünden will, steht Polizist Jamie (Chukwudi Iwuji) vor der Türe, mit einer beunruhigenden Mitteilung. Bei einem Krankentransport ist nämlich eine Gefangene geflüchtet und bei ihr handelt es sich um Elizabeth Caulfield (Kaye Tuckerman), die Frau die damals einige Mädchen getötet hatte und der nur Christina entkommen konnte…
Michael Morrissey arbeitet die meiste Zeit über als Produzent und sucht sich seine Projekte als Regisseur, offensichtlich sehr genau aus bzw. übernimmt diese Aufgabe nur sehr selten. Nach „Boy Wonder“ aus dem Jahr 2010, ist dies erst sein zweites Werk als Regisseur, wobei auch das Drehbuch damals wie heute von ihm stammt. Er wirkt also eher wie ein Mann, der sich seine Zeit nimmt und so ist auch der Film geworden.
Ein Slow Burner, den ich vor allem dafür schätze, dass mir kein echter Logikfehler aufgefallen ist. Die ganze Sache lebt ja vor allem davon, dass man als Zuschauer Zweifel bekommt, ob die verurteilte Killerin oder das frühere Opfer Christina hier die Morde begeht oder vielleicht sogar beide. Es werden Hinweise gesät, oder z.b. Informationen weggelassen und später für einen Twist benutzt, der dann keiner ist, wenn man aufgepasst hat.
Erklärt wird das dann auch nicht in typisch amerikanischer Tradition, doch das ist auch überhaupt nicht nötig. Ist doch wieder mal schön, wenn Filmemacher der Intelligenz ihrer Zuschauer vertrauen. Christina ist dabei die zentrale und faszinierende Figur, irgendwo zwischen Schmerz, Aufgabe, Kampfgeist und der Suche nach Normalität hat sie etwas Explosives an sich, dass jederzeit ausbrechen könnte.
Lexi Johnson (The Nice Guys) verleiht ihr gekonnt diese Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke und auch wenn man nicht immer auf ihrer Seite ist, will man doch eindeutig wissen, wie ihre Reise zu Ende gehen wird. Durch die langsame Erzähl-Geschwindigkeit ist dies klar ein Film, der von seiner Atmosphäre bzw. Grundstimmung lebt und wenn man sich hier darauf einlässt, dann teilt man schon bald das „gefangen sein“ Gefühl der Protagonisten.
Jede wichtige Mitspielerin hier folgt ihren/seinen Plänen, irgendwie will man dem gewohnten Muster entkommen, doch das hat bis jetzt nur bedingt geklappt. In Summe kann man das schon eher als Drama mit Krimi und Thriller-Elementen bezeichnen, bei dem vor allem das Finale nicht ohne bittere Ironie auskommt und sowohl ein Ende als auch einen Neuanfang bedeutet, hoffentlich dann in eine lebensbejahendere Richtung.
Insgesamt ein melancholischer Thriller, der gut zu einem lauen Herbsttag passt und eine düstere Geschichte zu einem stimmigen, im Vergleich zum Rest auch etwas Over the Top Ende bringt. Intensiv gespielt und in düstere Bilder eingefangen wird so eine fast elegische Story präsentiert. Für mich ein klarer Fall von „funktioniert für mich bei einmaliger Sichtung“, doch mehr kann ich für mich nicht heraus holen.
„The Girl Who Got Away“ bekommt von mir 6,5/10 sich aus dem Schatten der Mutter befreiende Empfehlungspunkte.