Barbara (Madison Wolfe) hat ein Geheimnis: Sie tötet Giganten/Riesen, da diese ihre Stadt bedrohen. Ihr ganzes junges Leben ist darauf ausgelegt, die Biester fernzuhalten. Da hat sie keine Zeit freundlich zu ihren MitschülerInnen zu sein. Oder zu ihrer Schwester, die sich um den Haushalt kümmert und Geld nach Hause bringt. Oder ihrem Bruder, der lieber Videospiele spielt als sonstwas.
Das ändert sich ein kleines bisschen als Sophia (Sydney Wade) in ihr Leben tritt. Sie ist neu in der Stadt und findet Madison zwar absolut schräg, sieht aber auch, dass sie im Grund ein gutes Herz hat. Und dann kommt da noch Mrs. Mollé dazu – die neue Schulpsychologin, die sich verstärkt um Barbara annehmen will.
Denn Barbara hat tatsächlich ein Geheimnis. Und es hat tatsächlich mit Giganten zu tun.
Filme die auf Comicbüchern basieren hatten es früher viel schwerer als heutzutage, soviel steht fest. Mittlerweile scheint sich herumgesprochen zu haben, dass es auch Graphic Novels gibt, die tatsächlich ziemlich gute, emotionale und mitreissende Geschichten erzählen. So zum Beispiel „I Kill Giants“ von Joe Kelly und J.M. Ken Niimura.
Passenderweise hat Joe Kelly die Story selbst in ein Drehbuch umgeschrieben, was ein paar Charaktere drastisch verändert und leider ein paar kleinere Ungereimtheiten in der Story zurücklässt (der halbe Wald brennt ab … das hat keine Konsequenzen? Für niemand?), in Summe aber doch eine leicht nachvollziehbare und emotional berührende Geschichte erzählt.
Die Erwartungshaltung eines Actionfilms, welche das Filmposter oder der Trailer auslösen könnten, wird allerdings definitiv enttäuscht werden, denn „I Kill Giants“ ist nichts anderes als ein Drama. Lustige Momente. Spannende Momente. Absurde Momente. Ja.
Action? Vielleicht drei oder vier Minuten.
Darauf kommt es aber auch nicht an, denn relativ rasch bemerkt man, dass hinter Barbaras rauer Schale ein ziemlich verletzter Kern steckt und man fragt sich, was das Mädchen dazu bringt, so zu sein, wie sie ist. Eine Antwort sind sicher ihre MitschülerInnen, die sich über sie lustig machen, oder noch schlimmer, sie mobben. Zum Glück kann sich Barbara wehren … wenn nicht gerade ihre magische Waffe „Coveleski“ den Geist aufgibt.
Madison Wolfe spielt Barbara absolut souverän und es war sehr leicht die Kleine zu mögen, auch wenn sie hin und wieder Dinge tut, die man nicht gut finden kann. Trotzdem mag man sie. Auch ihre neue „Freundin“ Sophie ist wirklich gut gespielt. Das Schöne daran – auch sie ist nicht perfekt und macht ein paar grobe Fehler in der Freundschaft. Aber sowas passiert. So ist das Leben. Allein das finde ich schon super an dem Film und es macht die Figuren einfach menschlicher. Auch die große Schwester, die sich und ihr Leben mehr oder weniger aufgibt um sich undankenswerterweise um ihre Familie/Geschwister zu kümmern – hier geht es um Menschen und darum, was sie bereit sind für andere zu tun. Und um Grenzen. Wie weit kann sich jemand selbst aufgeben bzw. wie weit kann sich jemand selbst belügen und wieweit hilft ihm sein Umfeld die Sache und sich selbst wieder in den Griff zu bekommen. Eine Geschichte mit Herz.
Hin und wieder hatte ich den Eindruck es wurden kurze Sequenzen übersprungen (aber das ging mir im Comic genauso, wenn auch an anderen Stellen). So zum Beispiel werden Barbara und Sophie verdammt schnell sehr dicke Freunde. Da hätte ich gern ein bisschen mehr Skepsis und langsames Anbahnen gesehen, anstatt mich kurz mit einem „Aha, das ging aber flott“ auf die Meta-Ebene zurückzuziehen. Zum Glück hatte mich der Film rasch wieder in seinem Bann.
Die Auflösung mag nicht die große Überraschung sein (Im Comic wird sie schon viel früher und viel direkter angedeutet), aber dennoch ist sie nachvollziehbar und berührt. Es gab vor kurzem einen ähnlichen Film, den ich hier aber nicht nennen möchte, da sonst absolut klar ist, worum es hier wirklich geht. Der andere gefiel mir eine Spur besser, weil er runder, besser gemacht (Effekte, Erzählweise, Inszenierung – außerdem war die emtionale Aussage für mich einfach großartig) und einfach überraschender für mich war.
Trotzdem hat Regisseur Anders Walter hier ganze Arbeit abgeliefert und die kleinen Drehbuchschwächen übersieht man und verzeiht man dem Film gern, da keine Frage besteht, ob da Herzblut hineingeflossen ist. Ja, ist es. Ich kann übrigens auch das Comicbuch allen empfehlen.
„I Kill Giants“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, leider an manchen Stellen leicht, aber vernachlässigbar, schwächelnde, Punkte.
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