Cha Tae-Sik (Bin Won) ist ein völlig zurückgezogen lebender Pfandleihhausbesitzer. Sein einzig echter Kontakt zur Außenwelt ist ein kleines Nachbarsmädchen namens So-Mi (Sae-Ron Kim). Als ihre Mutter ohne Tae-Sik´s Wissen gestohlene Drogen in einer Kameratasche bei ihm versteckt, wird er plötzlich in eine Welt voller Gewalt hineingezogen. So-Mi wird entführt, ihre Mutter getötet und der schweigsame Pfandleiher wird dazu gezwungen, Botengänge für die Entführer zu erledigen, falls er So-Mi jemals wiedersehen möchte. Womit die Verbrecher aber nicht gerechnet haben ist Tae-Sik´s Vergangenheit als Spezialagent und seine daraus resultierende unglaubliche Effizienz darin, jeden Gegner auszuschalten, um am Ende das kleine Mädchen retten zu können.
Hiermit beginne ich die nunmehr zweite Special-Interest Reihe (neben der „Best of Worst Case“ Serie) auf unserem Blog, bei der ich euch vor allem über Filme aus Südkorea, China und Japan berichten werde. Dafür bin ich einfach der geeignetste Kandidat, weil sonst einfach keiner meiner Blogkollegen asiatische Filme zu schätzen weiß (mir geht es übrigens so mit den indischen Filmausflügen). Gut so, dann kann ich mir hier schön austoben.
„The Man from Nowhere“ ist ein Action-Thriller, der im Jahre 2010 in Südkorea der erfolgreichste im Kino laufende Film des Jahres gewesen ist. Inzwischen gab es zahlreiche Auszeichnungen bei verschiedenen Veranstaltungen für dieses Abenteuer, unter anderem für die beste Regie, Kameraarbeit, Musik, den Hauptdarsteller und den Film selbst. Es ist daher sicherlich nicht weiter verwunderlich, dass Bin Won nach diesem Projekt zu einem der neuen Kinohelden seiner Heimat avanciert ist.
Die Handlung könnte ja auf ein 08/15 Filmerlebnis hindeuten. Ein schweigsamer Einzelgänger mit speziellen Fähigkeiten dezimiert Bösewichte im Alleingang, um ein kleines Mädchen zu retten. „Taken“ mit Liam Neeson, gemischt mit „Leon der Profi“ und gewürzt mit „Man on Fire“ mit Denzel Washington. Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, wie so ein Film – wäre er in Amerika entstanden – mehr als nur Durchschnitt hätte sein können. Da dies aber ein südkoreanischer Film ist, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.
Hier passt einfach alles. Nach einem langsamen Start wird man schon bald auf eine wilde Achterbahnfahrt mitgerissen, auf die man als Zuschauer mit fast ständigem Herzklopfen reagiert. Die Hauptfigur die alles verloren hat (wird in einer Rückblende gezeigt), der abgeschlossen hat und nie mehr etwas empfinden möchte, um nie mehr leiden zu müssen. Dann weckt das kleine Mädchen ungeahnte Vatergefühle in ihm und nach seinen anfänglichen Fluchtversuchen erkennt er schließlich, dass genau in der Beziehung zu ihr bzw. ihrer Rettung, seine Erlösung liegen könnte. So-Mi zu Tae-Sik: „Ich will dich nicht hassen, sonst gibt es keinen Menschen mehr auf der Welt, den ich wirklich gerne habe. Wenn ich darüber nachdenke, tut es mir hier weh“ (sie klopft mit der Faust auf ihr Herz).
Sae-Ron Kim schafft es bei ihrer Darstellung des eigentlich klar verlorenen kleinen Mädchens eine unglaubliche Natürlichkeit und immer einen Funken Resthoffnung an den Tag zu legen, ohne den kleinsten Anflug von Kitsch. Wenn sie Tae-Sik erzählt ihre Mama habe ihr gesagt er sei ein Verbrecher und Kinderschänder und ihn darauf fragt, ob dies wirklich so sei, dann kommt dies einfach authentisch rüber. Passend dazu auch die Wandlung von Tae-Sik, der im Laufe der Story sein wilderes Aussehen ablegt und obwohl die Gewalt eskaliert, sowohl äußerlich als auch emotional immer zugänglicher für positive Gefühle wird. Souverän, cool, seltsam, zerbrechlich, unzerstörbar, Bin Won zeigt hier wirklich was er kann, von ihm würde ich gerne mehr sehen in Zukunft.
Positiv erwähnen muss ich auch noch die Kamera, die nicht nur bei einem Sprung durch die Fensterscheibe in beeindruckender und von mir zuvor noch nie gesehener Form dem Protagonisten folgt, sondern es auch sonst großartig versteht, für ständige Dynamik zu sorgen es so immer wieder schafft, mich völlig ins Geschehen hineinzuziehen. Auch bei einem ziemlich realistischen und blutigen Messerkampf behält man den Überblick, überhaupt spart der Film zwar nicht mit Gewalt, beinhaltet dabei aber keine einzige voyeuristische Kameraeinstellung in dieser Richtung.
Insgesamt also haben wir hier ein bekanntes Konzept, dass wie etwas Neues daherkommt. Genau das was die Südkoreaner eben so gut können. Spannung, Kamera, Musik, Darsteller, hier sind alle Beteiligten voll bei der Sache und das ist unebingt sehenswert für asiatische Thriller-Fans. Kein Wunder, dass Hollyood sich bereits die Rechte für ein Remake gesichert hat. Eigentlich aber auch wieder ironisch, da man fast meinen könnte, Amerika hat Korea eine amerikanische Story verfilmen lassen, nur um zu sehen wie es richtig geht und am Ende wieder die Rechte zu kaufen, um es richtig nachmachen zu können.
„The Man from Nowhere“ bekommt von mir 8,5/10 in packend emotionaler Form Drogen- und Kinderhändler eliminierende Empfehlungspunkte.