The Anomaly – Jede Minute zählt (Filmkritik)

Willkommen in der nahen Zukunft. Der ehemalige Soldat Ryan (Noel Clarke) erwacht in einem Kleinbus. Er hat größere Gedächtnislücken, doch zunächst noch akutere Probleme. Ein kleiner Junge namens Alex ist mit ihm in dem Auto und er ist gefesselt und bittet um Hilfe. Auf der anschließenden Flucht treffen die beiden auf ihren Verfolger namens Harkin (Ian Somerhalder), der Ryan besser zu kennen scheint. Zeit zum Reagieren bleibt ihm jedoch nicht, denn ein stechender Schmerz in der Halsgegend führt zu einem weiteren Blackout.

Nach dem Erwachen in einem Arbeitszimmer und einige wage Informationen später, die er Harkin entlocken konnte, kommt Ryan schließlich auf der Prostituierten Dana (Alexis Knapp) wieder zu sich. Er hat zwar keine Ahnung was hier gespielt wird, doch eines ist klar. Er muss Alex retten und hat dafür immer nur ein paar Minuten Zeit, bevor sein Geist wieder seinen Körper verlässt. Die Uhr tickt und Dana scheint die einzig greifbare Hilfe, auf die er in seiner ausweglosen und ihn überfordernden Situation auch dringend angewiesen ist.

The Anomaly

Schauspieler Noel Clarke hat sich mit seiner Mehrfach-Funktion als Produzent, Ideenlieferant fürs Drehbuch, Regisseur und Hauptdarsteller in einem, hier so einiges vorgenommen. Seine Anomalie ist dabei ein Science Fiction-/Actionfilm aus England, der sich vom Budget her, klar im Independent Bereich einordnet. Daher wird hier klar nicht auf riesige Settings oder Raumschiffe gesetzt um die Illusion einer möglichen, weiter entwickelten Zukunft zu erzeugen, sondern kleine Dinge wie Touch-Bildschirme, Handys und DNA codierte Waffen, sorgen für eine futuristische Atmosphäre.

Der Beginn des Filmes ist dann auch ziemlich spannend geraten. Wie Ryan selbst wird man in die Geschehnisse geworfen und hat keinen Schimmer, was da eigentlich nun wirklich los ist. Ist der Kerl irre, besessen, werden seine Gedanken kontrolliert oder hat irgendeine andere, dem Zuschauer unbekannte Technologie, ihn im Griff? Die Prämisse, gerade mal 9 Minuten und 47 Sekunden (zwar wiederholt sich der Zeitraum, aber trotzdem…) Zeit zu haben, um dem Rätsel des eigenen Zustandes auf die Spur zu kommen und um einen entführten Junge zu retten, bleibt dann auch bis zum Finale fesselnd.

Wo meiner Meinung nach etwas übertrieben wurde, sind die zahlreichen Kampfszenen, bei denen in exzessiver Weise Slow-Motion eingesetzt wird. Das geht dann schon so weit, dass einige Bilder bzw. Gesichtsausdrücke lächerlich wirken und das Gefühl entsteht, dass hier über fehlende echte Martial Arts Kenntnisse, hinweg getäuscht werden sollte. Das muss jetzt aber nicht automatisch heißen, dass nicht einige Moves doch sehr cool wirken und die Kameraperspektiven und Soundeffekte kreativ gewählt sind. Dass Übersichtlichkeit dabei groß geschrieben wird, ist auch ein klarer Bonus. Aber eben, etwas weniger, wäre hier durchaus mehr gewesen.

Die bereits erwähnten Geräte, die der Geschichte kostengünstig aber gekonnt diesen Sci-Fi Touch verleihen, passen gut zur Situation der Hauptfigur, der sich ja beinahe wie ein Alien im eigenen Körper fühlt und so auch die Andersartigkeit seiner Lage noch stärker spürbar wird. Den Masterplan hinter der ganzen Sache werde ich hier natürlich nicht verraten, aber soviel sei gesagt, mit zuviel Macht und einem starken Glauben an die Richtigkeit der eigenen Pläne bzw. dem Wissen, es besser machen zu können als alle anderen, kann man im Endeffekt nur auf der Seite der Bösen landen (nicht nur innerhalb von Filmwelten).

Noel Clarke (Star Trek: Into Darkness) überzeugt vor allem in den Szenen, in denen er irritiert wieder erwacht und zunächst ein paar Momente braucht, um sich zurecht zu finden. Auch die Actionsequenzen erledigt er souverän und von sympathisch bis überheblich zeigt er einiges von seiner Bandbreite. Ian Somerhalder (The Tournament) bekommt zwar das diabolische und gefühlskalte seiner Rolle sehr gut hin, die Ausübung seiner Aktionen ist jedoch oft so inkonsequent, dass er einiges an Schrecken verliert und am Ende als großartiger Schurke nicht in Erinnerung bleibt.

Dafür macht es richtig Spaß Alexis Knapp (Grace: Besessen) als Dana zuzusehen, wie sie zwischen verführerisch, hilflos und verspielt einige Gefühlsebenen durchläuft und man sich nie ganz sicher ist, ob man ihr nun wirklich trauen kann. Ihre Art ist irgendwie erfrischend und unverbraucht, hoffe man sieht in nächster Zeit noch einiges mehr von ihr. In Nebenrollen tauchen dann auch noch Luke Hemsworth, der ältere Bruder von Chris (Thor) und Liam (Paranoia), als wütender Agent und Brian Cox (Mindscape) als genialer Wissenschaftler auf.

Insgesamt daher eigentlich ein wirklich kleiner und auch darum sympathischer Film, bei dem man einem Mann bei der Suche nach sich selbst begleitet. Die Figuren sind zwar im Grunde klischeehaft – der traumatisierte Exsoldat, die herzensgute Prostituierte, der irre Wissenschaftler, der harte Cop – passen aber gut in diese Welt, die völlig ohne strahlende Helden auskommt und sich auf Menschen konzentriert, die alle schon auch durch Selbstverschulden einiges verloren haben und doch die Chance nützen wollen, auch mal das Richtige zu tun. Oder einfach mehr Macht wollen, je nachdem, auf welcher Seite sie eben stehen. Die sich wiederholenden Kämpfe, die Unfähigkeit des Schurken und kleinere Probleme gegen Ende mit der Erzählgeschwindigkeit, verzeihe ich da gerne.

„The Anomaly“ bekommt von mir 7,5/10 aus wenigen Minuten das Beste machende Empfehlungspunkte.

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