Sega hat „Captain America“ ursprünglich zeitgleich mit „Thor: God of Thunder“ angekündigt. Die Vermutung läge daher nahe, dass die Qualität dieser beiden Titel ähnlich wäre. Erfreulicher Weise ist das aber nicht der Fall. Denn wo „Thor“ eher enttäuschte, ist „Captain America“ eine Überraschung im positiven Sinne. In der kurzen Zeit, die seit der Veröffentlichung vergangen ist, haben wir den patriotischen Schildträger bereits sehr schätzen gelernt.
Die 3D-Unterstützung des Spiels beschränkt sich nicht nur auf solche Fernseher, die eigens für diese Funktion ausgerüstet wurden. Stattdessen eignet sich jedes TV-Gerät, das Full-HD beherrscht. Der Spieler setzt sich dann einfach eine Rot/Cyan-färbige Brille auf und aktiviert im Menü von „Captain America“ den entsprechenden 3D-Modus. Obwohl das Spiel auch 3D-Technologien für 400-Hertz-Fernseher, Shutterbrillen usw. mitbringt, ist es schön, dass mit dem Zweifarbmodus ein breites Publikum die Chance hat, stereoskop zu zocken.
Nun aber endlich zum Spiel selbst, sprich zum Gameplay. „Captain America“ erweist sich schnell als sehr zielsicher konzipierter und exekutierter Titel. Die Steuerung ist zwar durchaus vielschichtig; das Erlernen der einzelnen Manöver der Hauptfigur verläuft aber so organisch, dass man sich nie überfordert fühlt. Im Mittelpunkt stehen der Nahkampf, der einige filmreife „finishing moves“ bietet, sowie der Umgang mit dem Schild. Letzteres ist ein echtes Mehrzweck-Tool und dient nicht nur der Abwehr der Gegner und ihrer Geschosse, sondern funktioniert auch als Waffe.
In ihrer Kombination machen die Fähigkeiten des Captain eine Menge Spaß. Nicht selten erinnert sein Kampfstil ein wenig an denjenigen des dunklen Rächers von „Batman: Arkham Asylum“. Wie die Fledermaus streckt auch der Patriot seine Feinde mit kräftigen, schwer und mächtig wirkenden Schlägen nieder; wie die Batarangs eröffnet der Schild des Captain eine zusätzliche Dimension des Fernkampfs, die sich unmittelbarer und konkreter anfühlt, als das bei einem Shooter möglich wäre. Denn während man mit einer Feuerwaffe über eine unendliche oder begrenzte Menge Munition verfügt und meist nur klitzekleine Patronen verschießt, führt das Boomerang-artige Schild zu einem überschaubareren und direkteren Spielerlebnis.
Mitunter erinnert „Captain America“ außerdem an „Prince of Persia“, speziell an die Ausgabe aus dem Jahre 2008. Hier wie dort gibt es relativ einfach zu meisternde akrobatische Parcours, die unkomplizierten Spielspaß erlauben. Manche Kritiker werden bemängeln, dass die Steuerung zu einfach sei. Uns allerdings gefällt’s ausgezeichnet – nicht alles muss immer bockschwer sein. Ein besonderes Schmankerl ist die englische Synchronfassung, in der deutsche Sprecher ein witziges Englisch mit sonderbarem germanischem Akzent von sich geben. Grund: Die Gegner des Captain sind (mehr oder weniger deutlich erkennbare) Nazis, die Frankreich unsicher machen. Doch auch im Spiel werden die Alliierten den Sieg davontragen.
Einige kleinere Punkte lassen sich durchaus an „Captain America“ bemängeln. So ist das Vibrations-Feedback des Controllers sehr sparsam dosiert und kommt für unseren Geschmack zu selten zum Einsatz. Die Framerate ist alles andere als perfekt (PS3-Version getestet), was eventuell am 3D-Support der Grafik-Engine liegt. Die Hauptfeinde könnten mitunter ein bisschen leichter zu besiegen sein. Unterm Strich ist dem Entwicklerhaus Next Level Games aber ein tolles Superhelden-Spiel gelungen, das viel richtig und nur vereinzelt etwas falsch macht.
Wir sind von „Captain America“ unerwarteter Weise sehr angetan und geben dem Spiel 9 von 10 patriotischen Superhelden-Punkten. Unbedingt antesten!