Janet und Paul Behlmer (Emmanuelle Beart und Rufus Sewell) haben vor sechs Monaten in Südostasien ihren Sohn durch einen Tsunami verloren. Da die Leiche nie gefunden wurde, haben die beiden die Hoffnung nie ganz aufgegeben, dass ihr Sohn noch am Leben sein könnte. Als Janet auf einem Video über ein entlegenes Dorf in Burma spielende Kinder sieht, ist sie sich ganz sicher, dass eines von ihnen ihr Sohn Joshua ist.
Nachdem sie ihren Mann überzeugt hat begeben sich die beiden verzweifelten Eltern auf die Fahrt ins enfernte Burma mit Hilfe von zwielichtigen Menschenhändlern. Die Suche nach ihrem Kind wird für Janet und Paul dabei immer mehr zu einer Reise ins Ungewisse mit ständig neuen Gefahren, bei der die beiden sowohl an ihre physischen als auch psychischen Grenzen stossen.
Wenn Menschen einen schrecklichen Tod erleiden dann sind ihre Geister verwirrt und wütend – diese Geister werden zu Vinyan. Diese titelspendende Grundmythologie ist auch schon das einzige übernatürliche Element das in diesem Film vorkommt. Ausnahmeregisseur Fabrice Du Welz (Calvaire) hat mit Vinyan einen sehr eigenwilligen Film geschaffen, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist.
Gleich zu Beginn geben die bildschirmgrossen Inserts und ein nach dem Titel folgendes fünf minütiges Rauschen erste Hinweise darauf, dass dies kein alltägliches Filmerlebnis sein soll. Immer lauter werdende, sehr irritierend klingene Töne bestimmen immer wieder die Grundstimmung des Films. Als Kontrast ist die Musik dann plötzlich ganz weg und eine Zeit lang lauscht man nur dem atmosphärischen Geräuschen. Passend zur Musik wechselt auch die Kamera immer wieder ihre Einstellungen, von surrealem Alptraumfeeling bis hin zum sehr real wirkenden Naturfilm wird dem Zuseher hier alles geboten. Logischerweise ist auch der ganze Film ein Genremix, eine grosse Portion Drama trifft auf Thriller, gepaart mit ein paar Einheiten Kunstfilm und am Ende sogar mit einer Prise Horror garniert. Mit den Kunstfilmelementen sind übrigens solche Szenen gemeint die eindeutig so aussehen, als hätte man sie nur wegen ihrer „zum Denken anregenden Wirkung“ gedreht.
Schauspieler zu finden, die diese Tortur spielen wollen und auch noch können – das war sicher nicht einfach. Emmanuelle Beart als Frau, deren unglaublicher Schmerz durch den Verlust ihres Kindes sie langsam in den Wahnsinn treibt, spielt wirklich grossartig.
Die Trauer kann man aus jeder Pore ihres Körpers spüren, außer wenn ihr manchmal ein irres (und ich meine wirklich irres) Lachen auskommt. Rufus Sewell als ihr Ehemann ist ihr in seiner Darstellung ebenbürtig. Er denkt zwar mehr als seine Frau in der realen Welt, doch seine Sorge um sie und die Hoffnung sein Kind doch noch lebend zu finden lassen seine Verzweiflung ständig wachsen und machen eine innerlich zutiefst zerissene Person aus ihm.
Das Horrorelement von Vinyan sind schließlich ein Stamm wilder Kinder mitten im Jungel.
SIe sind alle nur mit Lendenschurz bekleidet und ihre Haut ist völlig mit Schlamm bedeckt.
SIe sprechen nicht, sie werfen Janet und Paul zunächst nur neugierige Blicke zu, bevor sie beginnen mit Steinen zu werfen. Paul erkennt die tödliche Gefahr und will sich und seine Frau retten. Janet jedoch hat endlich das gefunden, nachdem sie solange gesucht hat, sie kann endlich wieder Mutter sein. Statt ihrem eigenen Kind hat sie gleich einen ganzen Stamm voller Kinder bekommen. Die Kinder schaffen es dabei gruseliger zu wirken als so mancher „furchterregender“ Zombie.
Trotz meiner Skepsis zu Beginn hat es der Film letzten Endes doch geschafft all diese verschiedenen Stile zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden. Am Schluss sollte ich aber noch loswerden, dass das Betrachten des Filmes teilweise wegen seiner langsamen Erzählart und den lauten Soundeffekten, aber vor allem wegen seiner bedrückenden Grundatmosphäre sehr schwierig anzusehen war und die gute Stimmung des geneigten Filmfreundes gehörig hinunterziehen kann. Ich habe mir dieses Filmerlebnis gerne einmal gegeben, doch ein weiteres Mal werde ich mir den Film wohl sicher nicht mehr ansehen.
Vinyan bekommt von mir 6/10 ungute (auch das sollte honoriert werden) Empfehlungspunkte.