Speak No Evil (2024 US Remake Filmkritik)

Ben (Scoot McNairy) und Louise (Mackenzie Davis) sind im Urlaub mit ihrer gemeinsamen Tochter namens Agnes (Alix West Lefler). Sie treffen auf Paddy (James McAvoy) und Ciara (Aisling Franciosi), die mit ihrem Sohn Ant (Dan Hough) ebenfalls vor Ort sind. Die Pärchen freunden sich an, vor allem Ben findet Paddys leichte Lebensart und lockeren Umgang mit allem sehr anziehend. Tatsächlich haben Ben und Luise nämlich Probleme, die sie mit dem Urlaub zu kitten hoffen, aber irgendwann geht jeder Urlaub vorbei.

Dann kommt eine Einladung von Paddy – man solle sie am Land besuchen, weg von der Stadt, immerhin habe man sich gut verstanden. Louise ist zögerlich, willigt schließlich aber ein.

Bei ihnen angekommen merken sie, dass Paddy und Ciara vielleicht doch nicht so umgänglich sind, wie sie dachten. Ihr Umgang mit ihrem Sohn Ant oder manche Grenzüberschreitungen, die sie sich gegenüber Louise und Ben erlauben, ist ziemlich dreist.

Aber immer wieder können sie ihr Verhalten erklären und immer wieder haben Ben und Louise mehr oder weniger Mitleid mit den beiden und sie bleiben. Sie bleiben, bis Ant Agnes auf ein sehr düsteres Geheimnis aufmerksam macht …

Wenn man sich die Frage stellt, wie schnell die Amerikaner mit ihre Remakes von erfolgreichen ausländischen Filmen sind, dann denke ich, haben wir hier einen Gewinner. „Speak No Evil“ ist das amerikanische Remake von „Speak No Evil“ aus dem Jahr 2022. Dieses Mal halt mit großen Namen wie James McAvoy und Mackenzie Davis.

Und es stellt sich unweigerlich die Frage, warum man den Film einerseits entschärft und andererseits das Ende, welches eine große Bedeutung für die Message des Films und seinen großen Erfolg hatte, völlig ignoriert und abändert. Ja, ihr lest richtig. Der Film endet anders. Und auch der Verlauf ist an manchen Stellen ein wenig anders, andere wiederum sind fast 1:1 aus dem Original entnommen.

Aber bis zum Ende muss man gar nicht warten, denn ob man den Film mag oder nicht mag, dass stellt man sehr rasch fest. Denn – Hand aufs Herz, ich würde es gern anders nennen, aber es geht nicht – Ben ist ein völliger Loser. Er kriegt nichts auf die Reihe und bewundert deshalb Paddy, der scheinbar alles bekommt was er will. Es gibt zum Beispiel eine Szene in welcher Paddy und Ciara ihren „neuen Freunden“ vorspielen, wie sie sich kennengelernt haben. Und da war mit einem BJ unter dem Tisch, weil Ciara Kellnerin war. Während Louise beschämt den Kopf abwendet und versucht das Ganze als Scherz abzutun (was es in dieser Version auch ist), so sieht man Ben ganz klar an, dass er sich denkt „Warum klettert meine Frau nicht unter den Tisch und macht das?“. Aber das würde er sich niemals sagen trauen.

Wie wir später erfahren ist Ben außerdem sauer, weil Louise ihn betrogen hatte, aber wisst ihr was: Das war Bens Schuld. Absolut. Weil sie alles für ihn aufgegeben hat, aber nichts für sie tut. Also, völlig klar: Ben hat Schuld.

Das geht soweit, dass am Ende des Films – ich wiederhole: ein völlig anderes Finale als im Original – diejenige ist, welche die Nerven behält und alle rettet. Immer wieder. Weil Ben einen Nervenzusammenbruch hat und herumheult, wie sehr ihm alles leidetut und so weiter.

Vielleicht ist das alles Zufall, aber es ist schon offensichtlich, wie aufs Auge gedrückt hier Ben in ein schlechtes Licht gerückt wird.

Wie dem auch sei: James McAvoy spielt großartig, aber wirklich heraus ragt für mich Aisling Franciosi. Die spielt die unschuldige Freundin/Frau von Paddy dermaßen großartig, dass ich ihr – als sie Ben und Louise erklärt, dass Paddy sie schlage und sie sein erstes Opfer war – wirklich geglaubt habe. Sorry, aber – leichter Spoiler – nein, dem ist nicht so. Aber ja, sie spielt sooo gut.

Trotzdem hat der Film mich bereits am Anfang verloren, tatsächlich in den ersten fünf Minuten. Die Szene aus dem Urlaub und die Ben zeigen, wie er das Stofftier seiner Tochter in der Stadt sucht (das später noch sehr wichtig wird), da habe ich keine Sekunde das Gefühl, dass ihm irgendwas an dem Stofftier liegt. Er ist einfach angepi**t. Und sorry, aber – Männer, die ihre Kids als Bürde empfinden, die haben bei mir einfach keine Chance. Und ehrlich: Ich hatte – trotz mehrmaliger Aussagen in diese Richtung – auch nicht das Gefühl, dass Louise ihre Tochter sehr wichtig nimmt. Klar gibt es Szenen, die das nahelegen, aber gespürt habe ich es nicht.

Auch fand ich es einfach schlecht vom Drehbuch, dass Ant so eine große Rolle spielt (coole vorletzte Szene allerdings), denn wenn er schon alles verrät (ja, ich weiß: Spoiler. Juckt mich nicht mehr), dann warum erst so spät? Warum nicht alles viel viel früher, warum nicht im Urlaub, warum nicht zu jeder anderen Zeit, in welcher Menschen um ihn herum sind. Seine Fingerabdrücke sind ja doch immer noch seine Fingerabdrücke.

Und noch was: Wenn zwei Figuren schon scherzen, dass sie beide nicht die Polizei rufen würden, weil das Probleme bedeuten würde, dann sollte fünf Meter dahinter im Bild kein Polizeiauto stehen, welches niemand auch nur am Rande erwähnt.

Für jene, die das Original nicht kennen ist der Film sicher sehenswert. Und die berühmte „Why are you doing this to us?“ – „Because you let us“-Szene ist auch noch dabei. Wirkt dieses Mal aber einfach eine Spur zu aufgesetzt, meiner Ansicht nach.

Naja, vielleicht hatte James Watkins, der auch den Tiefschlag „Eden Lake“ gedreht hat (und ja, da hätte ich echt ein positives Ende gebraucht) und das Daniel-Radcliffe-Vehikel „Die Frau in Schwarz“ unter Dach und Fach brachte. Auch kein Feel-Good-Movie. Vielleicht hatte er einfach mal Lust ein wenig positiver aufzuhören.

„Speak No Evil 2024“ bekommt 5,5 verändernd kopierende Punkte. Wer Enden, in denen das Gute – naja – gewinnt braucht, der oder die kann noch zwei Punkte draufpacken.


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