Elizabeth (Melanie Papalia) möchte gerne eine Studie über das Chatverhalten bzw. das Verhalten von Menschen in anonymen Chats machen und bekommt dafür ein Stipendium. Ihre Methode: Sie ist einen Monat lang im Chat „The Den“ unterwegs und lässt dabei die ganze Zeit über die Kamera laufen – nimmt also das Geschehen auf dem Bildschirm auf als auch ihre Reaktionen und alles was sie macht über die Laptop-Kamera.
„The Den“ ist die Art von Chat bei der man auf „Ich möchte chatten“ klickt und dann bekommt man einen User oder eine Userin per Zufallsgenerator verbunden und dann kann man, wenn man will chatten oder eben die Person(en) wegklicken.
Relativ rasch landet Elizabeth bei einer Frau, die nur ein Standbild hat und sie beschimpft. Diese Userin findet ihren Weg immer wieder zu ihr, nur – es ist keine UserIN. Und der Weg zu Elizabeth ist nicht zufällig. Bald darauf wird eine Frau, die wie die auf dem Foto aussieht, vor Elizabeths Augen während dem Chat von einem maskierten Mann getötet.
Ein Hoax, wie alle meinen. Aber Elizabeth ist sich nicht sicher und beginnt nachzuforschen …
Die Idee eine ganze Story über eine Laptop-Kamera zu erzählen ist ja schon öfter jemand gekommen und das funktioniert auch erstaunlich gut. Auch bei „The Den“ ist es genau diese Erzählweise, wobei man hin und wieder einfach glauben muss, dass Menschen in diesen Situationen den Laptop laufen haben würden – Sinn ergibt das allerdings nicht immer.
Die Story nimmt sich ihre Zeit, führt auch die Freunde der Hauptfigur zum großen Teil sehr sympathisch ein und dann fangen seltsame Dinge an zu passieren. Wir als Zuseher:innen wissen, dass sich jemand in ihren Laptop gehackt hat und immer wieder mal Dinge filmt, die man vermutlich nicht gefilmt haben möchte. Wobei ich anmerken muss, dass ich nicht glaube, dass Menschen ihren Laptop in Zeiten wie diesen offen stehen lassen und soweit mir bekannt ist, gibt es noch keinen Software-Hack, der dazu führt, dass mein Laptop sich physisch öffnet. Den gibt es auch im Film nicht, falls ich das missverständlich formuliert habe. Was ich damit sagen wollte: Man muss halt ignorieren, dass Melanie (und andere) wirklich immer ihren Laptop offen hat und ihn auch immer so ausgerichtet hat, dass man sie sieht. Das kann man bei Melanie noch so argumentieren, dass sie ja ihre Studie macht, aber auch da gibt es Momente, in denen man das Ding wohl zumindest wegdrehen würde, aber gut – gehört halt zum Film.
Womit ich nicht gerechnet hatte, ist, wie brutal der Film dann später wird bzw. ist. Da wird mit Blut und Brutalität nicht gegeizt, wobei es eher die psychischen Belastungen sind und die implizierte Folter, die bei mir ein heftiges Unwohlsein hervorgerufen haben. Mag auch daran liegen, dass die Szenen wirklich gut, im Sinne von spannend, inszeniert und beleuchtet sind.
Was ich aber sagen muss: Das Ende bzw. die Auflösung hat mir dann weniger gut gefallen. Ich möchte nicht spoilern und es ist gut möglich, dass 2013, als der Film entstanden ist, die Idee dahinter noch neu war, aber mittlerweile gibt es einige Filme, die diese Idee aufgegriffen haben – ich kann leider keine Namen von den anderen Filmen nennen, sonst wisst ihr schon alles – und die das in meinen Augen besser schafften.
Schauspielerisch wird die ganze Sache von Melanie Papalia getragen und sie schafft es wirklich gleich von Anfang an die Sympathie auf ihre Seite zu ziehen. Sie wirkt echt, ehrlich, nett und sympathisch und gegen Ende darf sie dann auch noch Kampfgeist versprühen (ob der was nutzt oder nicht müsst ihr selbst sehen). Der restliche Cast passt gut in ihre Rollen und alle Figuren sind selbst in der teils kurzen Screen-Time greifbar und fühlen sich nicht wie leere Stereotypen an, sondern durchaus wie echte Leute. Das bekommen das Drehbuch und auch die Regie gut hin. Was das, was später passiert, jetzt nicht leichter zu ertragen macht.
Das „echte“ Ende deutet dann natürlich an, dass Melanie nicht die einzige, nicht die erste und auch nicht die letzte Person ist, die das alles mitgemacht hat und auch das war halbwegs unangenehm.
Alles in allem fand ich den Film spannend, das Ende hätte ich in der Form so nicht gebraucht, aber ich verstehe, warum es so sein muss. Und wenn es dann mit Mord und Totschlag losgeht wird mir die Sache eine Spur zu viel Torture Porn, kann aber sein, dass das andere nicht so empfinden.
„The Den“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, aus seinem Konzept viel herausholende und wirklich gut gemachte, Punkte.