Ein exklusives Essen bei Chefkoch Slowik (Ralph Fiennes) auf seiner privaten Insel, trotz der hohen Kosten ein beliebtes Ziel der oberen Gesellschaftsschicht. Tyler (Nicholas Hoult) ist begeistert von jeglicher Form außergewöhnlichen Essens und er vergöttert den Koch wie einen Guru. Weil seine weibliche Begleiterin kurzfristig abgesprungen ist, hat er sich Margot (Anya Taylor-Joy) als Date organisiert.
Nach der Schiffsreise begutachten die ausgewählten Gäste die beeindruckende Insel, die Räumlichkeiten und die Küche und schon kann das mit Spannung erwartete Menü beginnen. Was die Gäste jedoch nicht wissen, ist dass Slowik und sein Team hiermit ihr letztes Essen kochen wollen und dieses soll einzigartig und endgültig werden, ohne dass eine Abreise von der Insel wieder geplant wäre…
Regisseur Mark Mylod hat sich in den letzten Jahren zum Spezialisten gemausert, was das Inszenieren diverser Folgen von zahlreichen Serien anbelangt (z.b. Entourage, Game of Thrones oder Shameless). Hin und wieder macht er dann doch auch einen Film für das Kino und wenn man sich sein Menü so anschaut, ist es wirklich schade, dass er dies nicht viel öfter tut. Zum Rezept gehört hier eine gehörige Portion Gesellschaftskritik, unterlegt von mehreren, doppeldeutigen Ebenen.
„The Menu“ ist in Summe ein unberechenbarer, spannender und ins Geschehen hinein saugender Trip, wandert fließend zwischen komisch und gemein hin und her und erzeugt nicht nur durch das präsentierte Essen, ein permanentes unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Abgesehen von der emotionalen Ebene, hat auch mein Gehirn bei der Erstsichtung ständig gearbeitet. Wie weit kann dieser Wahnsinn noch gehen? Ist das alles nur inszeniert bzw. reine Show?
Die Dekadenz der Reichen anzuprangern, das ist billig(!), kann man aber immer wieder bringen. Das ist die Oberfläche, aber was wird hier noch kritisiert? Was man da alles herauslesen kann, da habe ich selbst sicherlich auch nicht alles erkannt. Ein starkes Motiv ist für mich aber die Abschreckung, was die völlige Aufopferung eines Menschen für die Kunst bedeutet. Nicht sehen sondern betrachten, nicht hören sondern lauschen, nicht essen sondern schmecken.
Man opfert Schlaf, Zeit, Gesundheit, wäre es da nicht ein ultimatives Ziel, sein Leben für die Kunst zu geben? Ins Grübeln kommt man auch über Dienstleistungen. Ich selbst arbeite ja in der Pflege, da ist das Helfersyndrom verbreitet. Im Film spielt der Koch die Hauptrolle und auch er lebt davon, den Hunger seiner Kunden zu stillen, ihnen Freude zu bereiten, er lebt sozusagen von deren Anerkennung. Diese nicht zu bekommen, ist sicherlich ein Zeichen der Zeit und wie sich Menschen negativ verändert haben.
Ist aber nicht viel mehr die wahre Freude die, dass ich meinen Job gerne mache (aka meiner Kunst nachgehe) und weiß was ich gut gemacht habe, ohne vom Lob Anderer „abhängig“ zu sein? Ein Danke ist schon nett, aber muss ich es immer haben, schließlich mache ich ja „nur“ meinen Job. Noch gesteigert werden diese ambivalenten Überlegungen dann durch die magnetische Darstellung von Ralph Fiennes (Strange Days) als Chefkoch.
Immer wieder verfällt man seinen Worten, die eine hypnotisierende Wirkung entfalten. Die Mechanik, dass er zwischen den Gängen immer in die Hände klatscht, erschreckt dabei nicht nur die Gäste, hilft aber auch, ihm als Zuschauer nicht völlig zu verfallen. Faszination und Wahnsinn liegen hier wieder mal sehr nahe beisammen. Anya Taylor-Joy (Last Night In Soho) als Margot hat von Anfang an diese gewisse Distanz, sie nimmt sich Teile heraus, ohne von der Dynamik verschluckt zu werden, was wohl der gesündeste Weg ist, Kunst in allen Darreichungsformen zu genießen. Weswegen sie auch die einzige Identifikationsfigur ist, ganz im Gegensatz zu Nicholas Hoult (They Want Me Dead) als Tyler, der sich diesem System völlig hingegeben hat.
Der Film als Ganzes funktioniert sicherlich auch, ohne dass man viel zu überlegen beginnt. Passiert dies aber doch, wie es mir auch ergangen ist, dann ist dies schon eine ziemlich perfekt gelungene Satire, die ein kluges Drehbuch mit mitreißenden Performances verknüpft, mehrere Graubereiche betritt und eine Spannungskurve aufbaut, die sobald das Menü beginnt, nicht mehr nachlässt.
„The Menu“ bekommt von mir 8,5/10 die simple Freude an einem genussvoll zubereiteten Cheeseburger wieder entdeckende Empfehlungspunkte.