The Chant (Game-Review)

Eigentlich wollte Jess nichts mehr damit zu tun haben. Aber als Kim sie auf eine Insel zur „spirituellen Erholung“ einlädt sagt sie zu. Der Grund ist so simpel wie traumatisierend: Ihre Schwester ist vor Jahren gestorben und sie und Kim geben sich die Schuld dafür. Nachdem Jess immer wieder Visionen ihrer Schwester hat, fährt sie schließlich doch.

Dort trifft sie auf eine Gruppe von Gleichgesinnten, die ihrem spirituellen Führer folgen. Und natürlich geht dann alles schief. Bei einem Ritual dreht Kim durch und wird wütend, verlässt den Ritualkreis und plötzlich taucht ein seltsamer Nebel auf, in welchem Kreaturen aus einer anderen Welt hausen …

„The Chant“ ist das erste Spiel von Brass Token und wer sich ein Triple-A-Blockbuster-Spiel erwartet wird vermutlich enttäuscht werden. Allein schon an der Grafik sieht man, dass hier ein geringeres Budget am Start war, als bei anderen aktuellen Horrortiteln, die aktuell gerade in Arbeit sind („Dead Space„-Remake oder „Callisto Protocoll“ und andere).

Das merkt man primär daran, dass die Umgebungen zwar grundsätzlich gut aussehen, aber sehr eng und schlauchartig sind. Auch die Charaktere sind gerade in Nahaufnahmen nicht das sprichwörtliche Gelbe vom Ei. ABER, und das ist ein großes Aber, alles ist vom Art-Design stimmig und gut genug für für mich. Sicher kein exklusives PS5-Game (was es ist), aber immerhin von der Atmosphäre her wirklich gut.

Die Mimik ist meist gut, aber die Charaktere sind sehr klare Abziehbilder, die eigentlich nur für ihre Rolle in der Story existieren. Die Story selbst ist nicht neu, sondern altbekannt. Vor allem ist der Aufbau nicht immer gut strukturiert. Man könnte sogar sagen, dass die Story ziemlich plakativ mit ihren Charakteren umgeht. So weiß man sehr rasch, was in welcher Reihenfolge passieren wird, aber da das Gameplay per se kurzweilig ist, ist das kein Drama. Neu ist nix daran, aber hey – es funktioniert. Und vor allem Jess ist eine Figur, die ich wirklich mochte.

Ein bisschen unfair fand ich, dass zwischendurch – vor allem beim Endkampf – der Schwierigkeitsgrad ohne Ankündigung vor Vorzeichen drastisch in die Höhe schnellt. Zumindest ging es mir so. Aber auch das ist schaffbar. Primär, weil ich mir dachte, jetzt bin ich so knapp vor dem Ende, jetzt will ich nicht aufgeben. Allerdings muss ich sagen: Es gibt drei Enden. Dazu gleich mehr, nur vorweg: Mein Ende war ein wenig kurz und nichtssagend. Schade. Ich weiß nicht, ob ich es nochmals durchspielen werde, aber vielleicht gibt es ja ein Ende, welches rundum passend ist.

Drei Enden. Nun, diese basieren auf den drei Fertigkeiten bzw. Fähigkeiten, die ihr habt und auf die ihr aufpassen müsst. Körper, Geist und Seele. Eine davon ist quasi die Gesundheit, die zweite zeigt euch, wie lange ihr euch im „Gloom“ (der oben erwähnte Nebel) aufhalten könnt, ohne durchzudrehen bzw. eine Panikattacke zu bekommen und die dritte ist quasi die Energie, die ihr habt, um zaubern zu können. Je nachdem an welcher Stelle im Spiel ihr euch befindet habt ihr verschiedene Prismen-Kristalle und damit auch verschiedene Fähigkeiten. Und weil wir gerade dabei sind: Ihr kämpft mit Kräutern, die ihr zu Sträußen zusammenbindet und damit die Monster vermöbelt. Also keine Fernwaffen, alles Nahkampf.

Was mir an „The Chant“ wirklich gefallen hat, waren die kleinen Dinge. Jede Aktion von Jess ist animiert, sie drückt Platten in vorgesehene Vorkehrungen, sie dreht Schlüssel in Schlössern und vor allem – sie kann ausweichen, wie halt in Spielen wie diesen üblich, aber Jess weicht nicht aus, sie stürzt angsterfüllt zur Seite oder nach hinten, stolpert herum und versucht sich panisch in Sicherheit zu bringen. Das schafft einfach eine Atmosphäre, die zeigt, wie unterlegen man ist.

Was ich ein wenig schade fand: Es werden teilweise Tätigkeiten/Fähigkeiten eingeführt (mit Tutorial!), die dann kein zweites Mal vorkamen. Schade. Ich denke mal, dass es am Budget lag. Aber warum lässt man das dann drin?

Zusammengefasst: Mir hat „The Chant“ wirklich gut gefallen. Ich sehe allerdings keinen großen Wiederspielwert, das hat mir „mein Ende“ ausgetrieben. Für diese paar Sekunden ohne gefühlten Abschluss spiele ich nicht nochmals durch das gesamte Spiel. Also guter Start, aber mit Luft nach oben.

„The Chant“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, für einmal durchspielen absolut geeignete, Punkte.


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