Cam (Filmkritik)

Alice (Madeline Brewer) ist ein Cam-Girl. Soll heißen, sie ist sexy vor der Kamera und anonyme User können mit ihr chatten, Tokens spenden und sie so dazu bringen bestimmte Dinge zu tun. Meistens sexuelle Dinge und vor allem geht es in erster Linie natürlich darum, möglichst viele User möglichst lange hinzuhalten und möglichst viele Tokens zu bekommen. Das führt nämlich dazu, dass man in der Rangliste nach oben steigt und Platz 1 ist quasi das Non-Plus-Ultra mit vielen Features und Benefits für das Cam-Girl.

Der Weg nach oben ist allerdings hart und so lässt sich Alice immer wieder neue Dinge einfallen. Ihre Mutter weiß nichts von ihrem Job. Ihr Bruder schon, aber der findet es okay was sie macht. Ihr Vater ist nicht da.

Und Alice hat auch viel Spaß daran, die (natürlich) Männer bei der Stange zu halten und ihnen permanent die Karotte namens Sex vor die Nase zu halten. Das geht sogar soweit, dass ein paar der Typen ihre Handynummer haben.

Dann passiert jedoch etwas sehr Seltsames. Alice kann sich nicht mehr einloggen in ihren Account. Und trotzdem ist sie online und live. Oder zumindest jemand, der aussieht wie sie und sich bewegt wie sie. Zuerst denkt sie noch, dass es einen EDV-Fehler gibt und die Anbieterfirma einfach alte Beiträge als Lückenfüller abspielt, aber dann stellt sie fest, dass ihre „Online-Ich“ auf Kommentare reagiert und es gibt neuen Content, den sie nicht erstellt hat.

Etwas Unheimliches geht hier vor sich und Alice muss rasch versuchen, herauszufinden was das ist, denn ihr kommt der Verdacht, dass ihr Leben auf dem Spiel stehen könnte …

Manchmal stolpert man über Filme, die man gut findet, ohne genau festzumachen, warum. Dieser hier nicht so einer, denn ich kann von meiner Seite her klar sagen, dass ich den Film aufgrund der Grundidee gut fand und auch aufgrund der sehr ungewöhnlichen Auflösung. Außerdem – sind wir ehrlich – ist Madeline Brewer, die Alice spielt, einfach eine wunderschöne Frau. Und wir sehen einen großen Teil des Films einer hübschen Frau dabei zu, wie sie für die Kamera schön ist. Da kann man sich schlimmeres vorstellen.

Aber auch die Skepsis, das Durchdrehen und alle anderen Emotionen kauft man der guten Dame ab und ich gestehe, dass ich auch das Drehbuch durchaus interessant fand. Der Stalker, der sich in Alice verliebt hat. Der Typ, der mit Tokens nur so um sich wirft und einfach ein richtig schleimiger Typ ist. Und dann natürlich die Szene als während der Geburtstagsparty ihres Bruders dessen Freunde entdecken, welchen Job sie hat, sich das Video ansehen und es vor der gesamten anwesenden Mann- und Frauschaft (inkl. der Mutter) ihr Geheimnis mehr oder weniger outen. Die ist absolut nicht ohne.

Grundsätzlich schafft der Film es spannend zu sein, ohne einen Bodycount zu benötigen und die Frage nach dem „Was ist hier passiert?“ ist nicht nur bei Alice immer im Vordergrund. Und ja, natürlich gibt es viele Anspielungen auf Alice im Wunderland, aber tatsächlich kann man die auch außen vor lassen (auch wenn es Spaß macht die Rollen mit denen aus den Büchern zu vergleichen) und trotzdem passt alles zusammen.

Ich habe gelesen, dass dem Film (der neue Modetrend) vorgeworfen wird, dass alle vorkommenden Männer negative Charaktere sind und er eine „Agenda“ hat, aber das juckt mich wenig. Spannung ist Spannung ich konnte keine Agenda entdecken. Alle Figuren dienen der Story und warum sollte man eine weibliche Userin auf Zwang einbauen, einfach damit eine dabei ist? Das würde mehr stören als helfen.

Außerdem finden einige die Auflösung eine Katastrophe, aber hey – ganz ehrlich. Es ist was Neues und Ja, es ist technisch möglich. Kameratechnisch und von Seiten Regie gibt es auch nichts zu meckern. Ein kleiner, böser Film für Zwischendurch. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

„Cam“ bekommt von mir 7 von 10 möglichen, spannende und unterhaltsame, Punkte.


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