Castlevania – Staffel 1 & 2 (Serienkritik)

Trevor Belmont (Richard Armitage) ist der letzte seiner Blutlinie. Einer Blutlinie, die einst mal groß und mächtig war und sich dem Bekämpfen von Dämonen verschrieben hatte. Heute ist Trevor ein niemand, ein Alkoholiker und eigentlich hassen ihn alle. Das ändert sich allerdings rasch, als die Bewohner*innen eines Dorfes unter der Anleitung des „Bischofs“ (Matt Frewer) einen folgenschweren Fehler machen. Sie bezichtigen eine Kräuterheilerin der Hexerei und verbrennen sie auf dem Scheiterhaufen.

Das kommt zwar immer wieder vor, ist in diesem Fall allerdings die dümmste Idee des Jahrtausends gewesen, denn Lisa Tepes (Emily Swallow) ist die Frau von Vlad Tepes (Graham McTavish), auch bekannt als Dracula. Der Grund, weshalb der Vampirfürst sich jahrelang ruhig verhalten hat und sich nur noch wenige vage an ihn erinnern können, ist jener, dass er seiner Frau versprochen hat, sich wie ein Mensch zu benehmen. Doch jetzt wurde diese, seine Frau von Menschen hingerichtet. Verbrannt. Als Hexe. Und Draculas Wut wird die Welt verbrennen.

Ein Jahr gibt er dem Dorf und dem ganzen Land Zeit, ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, bevor er die Tore der Hölle öffnen und die gesamte Menschheit vernichten wird. Ein Jahr später ist noch nichts geschehen. Die Menschen sind erleichtert. Zumindest bis sich das Tor zur Hölle öffnet und Draculas Schergen wenig zimperlich sein Versprechen in die Tat umsetzen …

Ich kannte „Castlevania“ bis dato eher dem Namen nach und ich kann mich nicht erinnern jemals eines der Videospiele gespielt zu haben. Ich bin auch kein Fan von Anime in dieser Zeichenart. Warum also, hab ich mir „Castlevania“ angesehen? Offen gestanden aus Langeweile. Ich wollte mein Hirn abschalten, hatte gerade keinen Trashfilm zur Hand und dachte mir: Was kann schon schiefgehen? Und schiefgegangen ist gar nichts. Denn eigentlich wollte ich mir nur eine Folge ansehen (die erste Staffel hat ohnehin nur vier davon) und plötzlich war die Staffel zu Ende. Ja, so gut ist sie geworden, die Serie zu „Castlevania“. Selbst wenn man, wie ich, keinerlei Vorkenntnisse besitzt.

Dabei richtet sich die Serie klar an Erwachsene, denn mit Blut und Gedärmen wird nicht gespart. Die Story ist eigentlich sehr simpel, wird aber toll erzählt und vor allem ist die Inszenierung der einzelnen Charaktere einfach wunderbar gelungen. Ob wir nun von Trevor Belmont sprechen, dessen Zynismus, Sarkasmus und Verbitterung in jeder Sekunde zu spüren sind, als auch die Überheblichkeit des Bischofs (es dauert zwei Sätze um man verabscheut diesen Mann) bis hin zu – und jetzt haltet euch fest – zu Dracula, der hier weniger als „Bösewicht“ dargestellt wird, sondern wie jemand, der nichts mehr zu verlieren hat.

Ich bin wirklich völlig überrascht gewesen, wie gut es gelingt in sehr, sehr kurzer Zeit die Bedeutung und die Liebe zwischen Lisa und Vlad herauszuarbeiten und wie wichtig Lisa für Vlad ist. Als sie stirbt, verbrannt am Scheiterhaufen, will man die Verantwortlichen genauso dafür bezahlen sehen wie Vlad das will. Das Unschuldige mitbetroffen sind, bringt das natürlich Trevor auf den Plan, auch wenn er eigentlich seine Ruhe haben will.

Wie üblich gibt es eine Frau, die ihn dazu bringt, sich doch wieder seiner eigentlich Aufgabe und seiner Bestimmung zu stellen, allerdings nicht wie üblich kommt die Sache nicht wie ein „Jetzt braucht er einen Love-Interest“, sondern wirklich organisch rüber. Das Ende der erste Staffel kündigt großes für die zweite Staffel an.

Und die zweite Staffel hat es in sich, denn wider Erwarten gibt es hier kein hirnloses Actionfutter, sondern die Charaktere werden vertieft und viele neue Charaktere eingeführt. Vor allem auf Seiten von Dracula kommen viele neue und verschwörerische Figuren dazu, die alle mehr oder weniger ihre eigene Agenda haben und Betrug wird großgeschrieben. Es wird den Intrigen am Hofe Draculas sehr viel Zeit gegeben und alle Charaktere sind wirklich gut ausgearbeitet. Es dauert hin und wieder eine Weile bis man ihre Beweggründe nachvollziehen kann, aber alle kommen zum Zuge.

Wenn dann die Zusammentreffen der Figuren stattfinden, dann sind sie – mit einer Ausnahme – kurz, heftig, brutal und super choreografiert. Und die eine Ausnahme, die ich meine, ist keine Ausnahme, weil sie schlechter wäre, sondern weil ich einfach mit Tränen in den Augen vor dem Bildschirm gesessen bin. Es gibt am Ende einen zweikampf in welchem sich zwei Gegner wortwörtlich durch Draculas Schloss schlagen. Das wird sehr zelebriert und es ist sehr, sehr rasch klar, wer der Gewinner sein wird. Die Auflösung, wie dieses Gefecht endet … das war einer der emotionalsten Momente, die ich in den letzten Jahren in einem Film gesehen habe.

Sprachlose Begeisterung meinerseits. Ich kann jetzt nicht schreiben, warum oder weshalb, aber ich ein paar Minuten vor Ende des Kampfes, als sich abzeichnet, was geschehen wird, dachte ich mir „Das … das ist großartig. Das ist einfach … das ist genau der Grund, weshalb man sich wünscht, dass Dracula nicht stirbt.“ Und dann nimmt man sich auch noch genug Zeit um zu erzählen, wie es den übrig gebliebenen Charakteren ergeht. Was ich wirklich toll finde, weil es nicht rasch abgehandelt wird, sondern weil es tatsächlich darum geht, was die Figuren jetzt weiterhin machen und klar, es wird eine dritte Staffel aufgebaut.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das sehen will, denn eine Figur, eine derart tragisch-traurige Figur wie Vlad, wird man wohl kein zweites Mal hinbekommen. Nichtsdestotrotz ist „Castlevania“ jetzt bereits die mit Abstand beste Spielumsetzung, die ich gesehen habe. Alle Achtung.

„Castlevania“ Staffel 1 und 2 bekommen von mir 9 von 10 möglichen, meine Abneigung gegen Animes überwindende und eine emotional (und brutal) mitreissende Geschichte erzählende, Punkte.


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