Oldies but Goldies: Battle Royale (Filmkritik)

Nach einer Rezession verfasst Japan das „Battle Royale“-Gesetz, welches in Kurzform beinhaltet, dass ganze Schulklassen auf eine einsame Insel verschleppt werden und alle Schüler*innen sich dort innerhalb von drei Tagen gegenseitig umbringen müssen bis nur noch eine*r überlebt.

In Fall der Klasse 3B wurde ihr Lehrer von einem Schüler mit einem Messer attackiert, was dieser als Anlass nimmt die Klasse zum „Battle Royale“ anzumelden. Zuerst denken alle noch, es wäre ein schlechter Scherz, aber nach und nach dämmert es allen: Das ist ernst gemeint.

Kurz darauf gibt es die ersten Toten …

Sollte sich jemand fragen, wo der Begriff des „Battle Royale“ herkommt, der aktuell in vielen Spielen („Fortnite“, „Call Of Duty: Black Ops IIII“, „Playerunknown’s Battleground“) so gepusht wird: Hier ist die Antwort. Der Name basiert auf dem gleichlautenden Filmtitel „Battle Royale“ aus dem Jahr 2000. Bei seinem erscheinen hat der Film eine beträchtliche Welle an Empörung ausgelöst und war sogar lange Zeit in diversen Ländern verboten.

Der Hauptgrund war natürlich, dass sich hier einen ganzen Film lang rund 40 Jugendliche/Kinder auf teilweise wirklich brutale Art und Weise gegenseitig abschlachten. Anders kann man das nicht bezeichnen. Das klingt in erster Linie jetzt mal ziemlich pervers und halbwegs krank. Das ist es auch, wenn man oberflächlich drauf guckt.

Tatsache ist aber auch, dass der Film vor allem eines ist: Ein verdammt hartes Statement gegen die Verwahrlosung der Jugend und eine direkte Anklage gegen jene, die eine Welt voller Perspektivenlosigkeit schaffen.

Wie ich darauf komme? Nun, der Subtext des Films ist ja nicht wirklich so „sub“, wie er sein könnte. Wie kommen die Kids zum „Battle“? Der Lehrer meldet sie an. Warum macht er das? Weil er ihr Verhalten nicht mehr aushält und sie nicht mehr unter Kontrolle hat. Er weiß sich einfach nicht mehr anders zu helfen. Heftig? Sicher. Trotzdem behaupte ich, das Gefühl kennen vielleicht manche Lehrer (und nicht nur die, wenn ich mir manche Gesichter/Leute in der Straßenbahn und manche Dialoge mit Kids in der Straßenbahn so ansehe/anhöre).

Das zweite ist die Tatsache, dass das „Battle Royale“-Gesetzt eingeführt wurde, als die Konjunktur nach unten ging. Zu viele Menschen, zu wenig Geld, zu viele Arbeitslose – keine Perspektiven. Daraus folgt: Die Kids scheren sich um nichts mehr und haben keinen Respekt mehr, weil – Richtig – keine Perspektiven. Wozu sich noch anstrengen?

Die Kombination aus diesen beiden Dingen scheint mir naheliegend: Keine Perspektiven für Jugendliche? Kein Geld bzw. „Sparzwang“ des Landes? Was liegt also näher, als bei den Wehrlosen auszusieben und nur die „Stärksten“ überleben zu lassen. So krass das jetzt klingen mag, diese Idee bzw. diese Weltanschauung wird ja heutzutage wieder sehr populär. Was bedeutet denn „Leistung muss sich wieder lohnen“ in letzter Konsequenz? Nichts anderes als „Du musst es dir erst verdienen, am Leben zu bleiben“. Und dieses Konsequenz wird hier sehr plakativ 1:1 umgesetzt.

Wenn der Film Fehler hat, dann nur zwei: a) Es sind zu viele Mitwirkende, weshalb man rasch den Überblick verliert und ein paar der Opfer bzw. Tode werden doch arg konstruiert. Und b) Die Machart ist manchmal eher unfreiwillig komisch (wenn es nicht so schockierend wäre, was da passiert), dass die Ernsthaftigkeit der Message droht darunter zu leiden.

Blickt man sich den Film mit den von mir oben aufgestellten Hypothesen an, so kommt man nicht umhin eine weitere Ebene zu finden: Wer kommt den am weitesten im Film? Die skrupellosen Lügner und Betrüger. Was bricht sich zuerst die Bahn? Die Rache an jenen, die einem – aus subjektiver Sicht – immer schon schlecht behandelt haben. Was passiert als Nächstes? Unerwiderte Liebe wird eingefordert oder mit Tod bestraft. Was könnte noch passieren? Richtig – es wird von „außen“ jemand eingeschleust, der dafür sorgt, dass sich die Kids nicht irgendwie zusammenrotten. Dazu noch ein Zeitlimit, denn sonst könnte die Sache ja möglicherweise nicht eskalieren. Was reißt ein? Paranoia. Sogar Unfälle werden als Absicht betrachtet und ein harmloses gemeinsames Essen verkommt zum Massaker, weil jede/r jede/n verdächtigt.

Wer schafft es am Ende, trotz aller Widrigkeiten zu entkommen? Jene, die sich ihre Menschlichkeit bewahren? Das mag eine starke und optimistische Botschaft sein, ist in diesem Film aber eher notwendig, um das alles auszuhalten. Vorausgesetzt man lässt sich darauf ein und nicht von der (heutzutage) trashigen Machart dazu verleiten den Film lustig zu finden.

Starker Tobak. Starke Message. Starker Film. Leider in seiner Konsequenz nicht mehr halb so absurd wie zu seiner Entstehungszeit. Der Schritt von „Du musst produktiv sein, um am Leben erhalten zu werden“ hin zu „Du musst beweisen, dass du lebenswert bist“ ist nur ein sehr kleiner.

Es gibt natürlich Nachahmer, was die Idee und den Film betrifft, allerdings haben die alle die Message mehr schlecht als recht verstanden und sind hauptsächlich stumpfe, brutale Actionfilme. Der politische Subtext ist in meinen Augen nur wirklich beim Original zu finden.

„Battle Royale“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, trotz der Machart im Kern höchstpolitisch seiende, Punkte.


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