Stranger Things – Staffel 2 (Serienkritik)

Eigentlich hätte Ruhe einkehren sollen. Der Demogorgon wurde besiegt und Will ist wieder heil zurückgekommen aus dem „Upside Down“. Wobei das so nicht ganz stimmt, denn Will hat Visionen. Laut Ärzten handelt es sich dabei um Flashbacks, immerhin hat der junge Mann eine postraumatische Belastungsstörung.

Das stimmt so allerdings nicht.

Wie sich rasch herausstellt ist das „Böse“ keineswegs vertrieben, denn Will hat Visionen von etwas anderem als dem Demogorgon, etwas viel Größerem, Mächtigerem. Was es will? Alles töten. Außer Will. Während Wills Freunde und Familie versuchen, zu verstehen was vor sich geht, hat Sheriff Hopper ganz andere Probleme. Denn entgegen anders lautender Vermutungen ist Eleven nicht im „Upside Down“ gelandet, sondern hat ihren Weg zurückgefunden und lebt jetzt versteckt unter Hoppers Aufsicht …

In kurzer Version: Staffel 2 hat alles was Staffel 1 gehabt hat, nur besser. Die Geschichte wird passend weitergeführt, es gibt soweit keine Anschlussfehler und das Gesamtpaket fühlt sich einfach organisch an. Mike (Finn Wolfhard) tritt in dieser Staffel ein wenig in den Hintergrund, genauso wie Wills Familie, dafür ist Hopper ganz groß da und auch auf alle Fälle der Star dieser Staffel.

Mittelpunkt ist in erster Linie die Beziehung zwischen Eleven (Millie Bobbie Brown) und Hopper (David Harbour), die sich immer mehr in eine Vater-Tochter-Beziehung wandelt. Inklusive pubertierender Tochter, die telekinetische Kräfte hat und einfach nicht versteht, warum sie nicht raus darf.

An den schauspielerischen Leistungen gibt es bei „Stranger Things“ ohnehin nichts zu bemängeln. Egal ob wir jetzt von Winona Ryder sprechen, die Wills Mutter spielt oder von allen anderen SchauspielerInnen. Das Casting ist einfach zu einhundert Prozent treffsicher.

Wovon Staffel 2 aber mehr hat ist ganz einfach der „Flow“. War die erste Staffel schon spannend, so wird in der zweiten Laufzeit noch eine Schippe draufgelegt und die Folgen fliegen nur so dahin bis es dann zum großartigen, spannenden Finale kommt, welches – scheinbar – in einem Happy End mündet. So gehört sich das.

Ebenfalls weiter ausgebaut wurde die Rolle von Dustin (Gaten Matarazzo), der dieses Mal ein ganz besonderes Haustier sein eigen nennt und ein paar sehr emotionale Momente hat. Überhaupt sind genau diese Moment das große Plus der Serie, den bei allem rundherum kommen die kleinen, feinen Momente nicht zu kurz. Ob es jetzt darum geht, dass ein ehemaliger Bösewicht Gefühle und Verständnis zeigt, dass ein zwielichtiger Arzt, der behauptet nur das Beste für die Kids zu wollen, dann wirklich nur das Beste für die Kids will und so weiter. Die Charaktere sind einfach menschlich. So richtig menschlich. Sie verhalten sich nicht immer so, wie man es erwartet, aber trotzdem immer so, dass es nachvollziehbar ist und spätestens nach dieser Staffel mag man sie alle.

Neuzugang Max (Sadie Sink) ist hinreissend und zeigt den Jungs, wie man sich als Mädel behauptet und dabei noch ziemlich cool ist (was zu ein paar hinreißenden Szenen führt), ihr „Bruder“ ist der menschliche Antagonist, der zwar ein paar Seiten von sich zeigen kann (unter anderem sehr charmant), von dem man allerdings zu wenig Hintergrundgeschichte erfährt (von ein paar Andeutungen abgesehen), als dass man bereits sagen könnte, warum er so irre ist.

Sean Astin als Bob ist einfach ein herzensguter Kerl, der für seine Freundin fast alles tun würde und zu ihr steht, komme was wolle. Wenn es sein muss, dann stellt er auch keine Fragen, sondern handelt einfach dementsprechend. Eine Wohltat der Mann. Man kann ihm jetzt vorwerfen eine menschliche Version von Samweis Gamdschie zu spielen (seine Rolle in „Herr der Ringe„), aber hey – völlig egal, man mag ihn einfach.

Auch großartig die Beziehung, die zwischen Dustin und Joe Keery entsteht („Turns out I’m a good babysitter“). Die ist wirklich herzerwärmend. Vor allem als die beiden nach Dustins Haustier suchen und Steve Dustin sein Haar-Geheimnis verrät.

Einziger Ausfall in meinen Augen ist eine Folge in der Eleven ausbüchst und neue Charaktere in der großen Stadt dazukommen. Die hätte ich nicht gebraucht und mir graut davor, sollte die Serie in diese Richtung gehen, weil gerade die Intimität und der Zusammenhalt im Rahmen der Kleinstadt das große Plus von „Stranger Things“ darstellt. Andererseits: Die Duffer Brothers haben auch Staffel 2 verdammt gut hinbekommen, man darf also gespannt sein.

„Stranger Things 2“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, auf den Stärken der ersten Staffel aufbauende und das Tempo anziehende, Punkte.


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