Carol (Filmkritik)

Therese (Rooney Mara) schlägt sich durchs New York der 50er Jahre und versucht, sich mit einem Job in einem Kaufhaus über Wasser zu halten. Eines Tages trifft sie Carol (Cate Blanchett), die Therese sogleich ihre Adresse gibt, damit ihre Einkäufe dorthin geliefert werden können. Aus einem Impuls heraus schickt Therese Carol eine Karte zu Weihnachten, auf die sie wider Erwarten eine Antwort erhält…

carol

Nachdem man schon seit geraumer Zeit immer weniger Probleme mit dem Thema Gleichgeschlechtlichkeit hat, taucht es auch mehr präsent in Filmen und Serien auf. „Carol“ beschäftigt sich mit einer Beziehung zwischen zwei Frauen, doch nicht in der recht toleranten Jetzt-Zeit sondern in den 1960-er Jahren, wo diese Art der Beziehung noch ein komplettes Tabu war.

„Carol“ basiert auf dem Roman „The Price of Salt“ von Patricia Highsmith. Veröffentlich wurde das Buch übrigens schon 1952! Was dieses Buch so besonders macht, ist, dass es mehr oder weniger positiv endet, etwas, das in diesem Genre anscheinend sonst nicht üblich war. Es geht um 2 Frauen, die sich durch einen Zufall ineinander verlieben. Therese, eine junge Frau, sieht die schöne Carol in dem Geschäft in dem sie arbeitet. Therese schickt Carol aus einer Laune heraus eine Postkarte und daraus entwickelt sich diese mitreißende Liebesgeschichte.

„Carol“ hat die Stimmung der damaligen Zeit wirklich gut eingefangen, zumindest soweit das jemand beurteilen kann, der 35 Jahre später auf die Welt kam. Die Welt im Film wirkt authentisch, schafft es den Zuseher in eine andere Zeit zu transportieren und strahlt eine gewisse Opulenz und Exklusivität aus.

Doch unter der glatt gebügelt wirkenden Oberfläche brodelt es gewaltig, auch wenn sich der zentrale Konflikt erst nach und nach entwickelt. Über weite Strecken besteht der Film aus „will they – won’t they“ und gerade deshalb ist die unterschwellige sexuelle Spannung und das gegenseitige Verlangen, das die beiden Frauen füreinander spüren, beinahe greifbar. Regisseur Todd Haynes (I’m not there) unterlässt es aber weise dies zu plakativ zu zeigen.

Als Carol und Therese schließlich ihren Gefühlen nachgeben und eine Affäre beginnen, bringt dies natürlich auch allerhand Probleme mit sich. In Amerika ist Sex selbst heute noch ein Tabu-Thema (alleine der nackte Nippel von Janet Jackson war eine Tragödie griechischen Ausmaßes). Einerseits genießt das Pärchen ihr neu gefundenes Glück, aber im Hinterkopf schwingt auch immer ein bisschen Sorge mit, da sie Angst haben, entdeckt zu werden. Die Sexszenen zwischen Carol und Therese sind ziemlich freizügig, wobei Rooney Mara mehr Haut zeigt als Cate Blanchett.

Vollkommen zu Recht sind beide Hauptdarstellerinnen für einen Acadamy Award nominiert, da eine Jede es schafft, ihrer Figur Dimension zu verleihen. Da Blanchett (Cinderella) es schafft durch feine Mimik und kleine Gesten Bände zu sprechen, sieht man sie oft in Großaufnahme. Carol schwankt zwischen Selbstbewusstsein, Unsicherheit und Zerbrechlichkeit, was Blanchett hervorragend darstellt.

Rooney Mara (Her) als Therese mag zwar die passivere Rolle in der Beziehung inne haben, aber sie ist keineswegs ein naives „Opfer“, sondern eine kluge, junge Frau, die auch durch ihre Beziehung mit der deutlich älteren Carol reifer wird.

Fazit: „Carol“ ist sicher nicht ein Film für Jeden. Er ist leise und entschleunigt, wodurch er den Zuseher geschickt in eine andere Zeit entführt. Vor allem ist es natürlich eine meisterhaft gespielte Liebesromanze. Zum Glück wurde aus der Roman-Verfilmung kein Skandal-Film.

Dieser Film bekommt von mir 8/10 verliebten Punkten.


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