The Wolf Among Us (Game-Review)

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Bigby Wolf ist Sheriff in Fabletown. Ein Stadtteil, den die ehemaligen Bewohner der Märchenwelt sich in unserer Welt aufgebaut haben, um ihrem alten Schicksal zu entfliehen. So gut es geht unter die Menschen gemischt fristen sie ihr teils trostloses Dasein. Das Versprechen des Glücks und der Zufriedenheit ist nie eingelöst worden. Sie vegetieren am Rande der Existenz. Verlorene, einsame Seelen auf der Suche nach ein wenig Hoffnung, Nähe und Glück.

Eines haben sie aber (fast) alle gemeinsam: Sie erinnern sich nur zu gut daran, wie Bigby Wolf, der „große böse Wolf“ früher war: Eine Bestie, die keine Achtung vor dem Leben hatte und vielen von ihnen den Tod brachte. Jetzt ist er ihr Sheriff. Geläutert, heißt es. Aber daran glaubt niemand so richtig. Sein Job ist es, dafür zu sorgen, dass keine Verbrechen geschehen. Darunter gehört auch jene „Fables“ (Fabelwesen) zurück auf die „Farm“ zu schicken, die sich keinen Schutzzauber leisten können, der sie nach außen hin menschlich erscheinen lässt. Denn was passieren würde, wenn die Menschen entdecken, dass Falbwesen unter ihnen leben … das darf nicht passieren.

Als Bigby eine Prostituierten gegen einen aggressive Freier unterstützt, tritt er damit eine Lawine los, von der er nichts wissen konnte … und jetzt liegt es an ihm, ein Verbrechen aufzuklären, das weit tiefer in ihr aller Leben eingreifen wird, als es zuerst den Anschein hat.

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EPISODE 1: Faith

Der Auftakt zu einer – wie von Telltale Games gewohnt – 5teiligen Adventure-Reise. Dieses Mal nach einer Comicserie namens „Fable“, die von Bill Willingham erfunden wurde. Erste Episoden sind immer schwer, vor allem, wenn man Menschen in eine neue Geschichte, eine neue Welt einführen will. Dieses Kunststück gelingt TELLTALE GAMES mit „Faith“ erstaunlich einfach. Die Figuren sind gut geschrieben, die Atmosphäre hat ein wirklich grandioses Film-Noir-Flair und der Comic-Look passt mit seinen satten Farben wunderbar in diese Welt. Figuren wie „Snow White“, „Toad“ oder der „Woodsman“ werden super eingeführt und es dauert nicht lange, hat man sofort das Gefühl all diese Personen zu kennen, zumal sie alle aus uns bekannten Märchen beruhen.

Eine kleine „Ingame“-Enzyklopädie hilft dabei, mehr über die Hintergründe der Figuren zu erfahren. Wirklich spannend ist es, mitzubekommen, mit welchem Abstand und Widerwillen die Bewohner von Fabletown auf ihren Sheriff reagieren. Die Actionmomente sind gut platziert und sind zwar relativ einfach zu meistern, aber dennoch sehr stimmig und super inszeniert. Es gibt Entscheidungen, die sich mehr oder weniger auf den weiteren Spielverlauf auswirken (inwieweit muss sich erst zeigen) und nach rund zwei Stunden hat man das Finale mit einem echten, schockierendem Cliffhanger erreicht.

Episode 1 Fazit: Ein Hammer Auftakt – so gehört sich das!

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EPISODE 2: Smoke And Mirrors

An den Cliffhanger von Episode 1 schließt Episode 2 direkt an: Bigby ist Zeuge und Verdächtiger. Er wird von der Polizei in diesem Zusammenhang verhört. Im Laufe der Handlung kommt es zu mehreren netten Twists in der Story, welche bereits zeigen, dass es hier um mehr geht als nur „einen simplen“ Mord.

Die Spannung in Episode 2 ist hoch und die moralische Frage, ob und wie man Bigby nun sein lassen will (wirklich „der böse Wolf“ oder doch „der geläuterte Wolf“, der Gewalt nur im Notfall anwendet), wird ins Zentrum gerückt. Gerade beim Verhör eines Gefangenen kommt dies sehr zum Tragen. Darauf folgt ein großer Twist, der die Sachlage halbwegs anders zeigt, als es zuvor den Anschein hatte.

Nach und nach trifft man im Zuge der Ermittlungen neue Charaktere und hat auch mit bereits Bekannten wieder zu tun, welche immer wieder für Überraschungen sorgt (so hat „Beauty“ in der ersten Episode Bigby gebeten, darüber zu schweigen, dass er sie aus dem Haus hat schleichen sehen. In dieser Episode erfahrt ihr, warum).

Episode 2 Fazit: Auch „Smoke And Mirrors“ reißt euch am Ende – nach einer sehr kurzen Spielzeit von ein wenig über einer Stunde – den Boden unter den Füßen weg. Zumindest mir ging es so. Dieser Storytwists war tatsächlich ein Hammer und hat mich für die kurze – aber dennoch kurzweilige – Spielzeit entschädigt.

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EPISODE 3: A CROOKED MILE

Die Jagd beginnt. Ein Verdächtiger ist endlich ausgemacht und noch dazu flieht dieser. Also nichts wie hinterher. Eine Reihe von Entscheidungen steht wieder an und dieses Mal hat man oftmals das Gefühl, dass die Entscheidungen auch Konsequenzen nach sich ziehen, auch wenn diese vermutlich nicht vorhersehbar sind. Allerdings tauchen später, wie „Deus Ex Machina“ Hintermänner auf, die zuvor – oder ich hab es überhört – nicht Thema waren und gerade am Ende fühlt sich die Sache für mich ein bisschen zu sehr nach „Huch, jetzt müssen wir noch xy einbauen“ an. Schade. Denn über große Teile ist diese Episode dazu angelegt, zu beweisen, ob „euer“ Bigby ein wenig Sozialverhalten gelernt hat oder immer noch ein Tier ist. Aus dieser Warte aus betrachtet, hat sogar das Ende Sinn, aber trotzdem kam es mir einfach zu rasch und zu sehr von der Seite.

Dennoch sind auch hier wieder ein paar Verstrickungen und weitere Details zu finden, welche „Fabletown“ echter und lebendiger machen. Die tragischen Elemente der Figuren und deren Schicksale werden ausgebaut (und Bigby kann beweisen, dass er a) zu Verständnis für die Armen fähig ist, oder b) zum noblen „Wir sind besser als der Pöbel“ gehört), nur um leider am Ende einem Actionsturm zu weichen. Den man übrigens – so viel sei verraten – nicht gewinnen kann.

Episode 3 Fazit: Eine schwächere Episode als die ersten beiden. Ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass die Serie einen Durchhänger hat, auch wenn emotional starke Momente dabei sind, so geht der Episode – trotz oder gerade wegen der Action – gegen Ende ein wenig die Luft aus. Und das schon bei Episode 3. Na toll. Da kommen doch noch zwei weitere, oder?

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EPISODE 4: IN SHEEP’S CLOTHING

Nach einem gelungen Auftakt, der aber zu erwarten war, geht die Suche nach den/dem/der Mörder/in/nen locker weiter. Die Figuren, die am Ende der vorigen Episode aufgetaucht sind, bekommen mehr Hintergrund, während man versucht ihnen auf die Schliche zu kommen. Ein weiterer kleiner Bösewicht wird eingeführt und es gibt ein überraschendes Wiedersehen mit einem alten Bekannten, dass anders endet als erwartet. Weitere Hinweise führen euch zu anderen bekannten Figuren, die euch wieder tiefer in ihre Situation und ihr Seelenleben eintauchen lassen. Auch muss man über das Schicksal eines alten Bekannten entscheiden, was nicht leicht fällt. Wirklich nicht.

Dennoch beginnt langsam der Verdacht in mir aufzukeimen, dass ich hier nicht wirklich vor echte Alternativen gestellt werde. Hatte ich bei „The Wakling Dead“ noch das Gefühl an der Entfaltung der Handlung mitzuwirken, so bekomme ich hier langsam das Gefühl, dass ich nicht daran mitwirken, sondern lediglich (im besten Fall) auf die äußeren Umstände reagieren kann. Klar war das auch bei „The Walking Dead“ der Fall, aber immerhin hatte ich dort nicht das Gefühl, dass es so ist. Bis jetzt habe ich nicht bemerkt, dass irgendeine meiner Entscheidungen dramatische oder sonstige wirklich wichtige Konsequenzen gehabt hätte, sondern dass die Handlung mich bzw. Bigby mitreißt, ganz egal, was ich tue, mache oder sage.

Die Handlung macht eine Kurve, um den am Ende der letzten Episode eingeführten Bösewicht näher zu beleuchten, kommt aber für mich zu wenig in Fahrt. Gegen Ende gibt es eine nette Konfrontation, die aber genau dann abbricht, wenn es gerade spannend wird.

Episode 4 Fazit: Immer noch unterhaltsam dank der Charaktere und der schier unglaublichen Coolness von Bigby, aber ich begreife, dass ich die Handlung eigentlich nicht beeinflussen kann. Ich kann sie nur erleben.

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EPISODE 5: CRY WOLF

Der Verdacht, der bereits in der letzten Episode aufkeimte, bestätigt sich hier immer mehr. Es ist teilweise echt schon ein wenig frustig, ganz offen gesagt, denn die Tatsache, dass ich nicht wirklich mitreden/mitentscheiden kann, ist nun offensichtlich. Ein paar Actioneinlagen, die zwar gut inszeniert sind, aber eigentlich so keinen echten Spaß machen, denn in manchen Szenen ist es so, dass – selbst wenn ihr die richtigen Tasten, zum richtigen Zeitpunkt drückt – Bigby verliert. Zumindest gefühlt. Das ist schade und nimmt der Sache halbwegs an Dramatik.

Auch die Art und Weise, wie man nun erfährt, wer der/die wirkliche/n Mörder/in/nen ist/sind ist eher antiklimatisch. Dafür gibt es ein paar andere Einblicke in die Welt der „Fables“ und ein oder zwei Dramen spielen sich tatsächlich noch ab, dabei handelt es sich aber um Einzelschicksale, die tragisch sind, aber – und deshalb lässt es mich ein wenig kalt – ich mir (ohne es ein zweites Mal gespielt zu haben) sicher bin, dass ich es (anders als bei Mass Effect) sowieso nicht hätte verhindern können. Das Gefühl ein interaktives Comic zu lesen, anstatt ein interaktives Spiel zu spielen hatte also recht. Schade.

Das es ganz am Ende nochmals ein Offenbarung gibt, weil man merkt, dass man eine große, wichtige Frage nicht gestellt hat, ist dann zwar cool, super und toll, aber ehrlich gesagt: Bei fünf Episoden, die teilweise drei Monate auseinanderliegen, kann ich leider als Produzent nicht damit rechnen, dass sich Spieler/Innen an Kleinigkeiten aus anderen Episoden erinnern, weshalb ich zuerst nicht wirklich gewusst habe, was denn nun die Überraschung war, auf die Bigby mit diesem Gesichtsausdruck reagiert hat. Ich musste dann ernsthaft(!) nachlesen, weil mir die Details, auf die es ankommt einfach nicht mehr präsent waren.

Ein netter Abschluss für ein interaktives Comic, aber für ein Spiel hatte ich letzten Endes zu wenig Mitspracherecht.

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DIE GESAMTE SEASON ONE:

Wenn ich „The Wolf Among Us“ als Spiel betrachte, dann bekommt es eine schlechte Wertung, denn bei einem Spiel muss ich mitspielen dürfen und nicht nur so tun als ob – ich weiß, ich weiß. Bei einem Jump N Run oder Shooter, folge ich auch nur der Story und kann sie nicht (zumindest nicht oft) beeinflussen, keine Frage. Die machen aber auch keine Werbung mit den Entscheidungen, die man am Weg treffen muss und welche die Handlung beinflussen. Sicherlich – ich kann während „The Wolf Among Us“ viele Sachen entscheiden, nur leider bleibt es letztlich (von ein paar Kleinigkeiten abgesehen) völlig egal, was ich mache.

Als Film-Noir-Krimi in einem coolen Setting betrachtet, sieht die Sache allerdings anders aus. Die Atmosphäre stimmt, die Charaktere sind großartig, das Voice-Acting super und die Dialoge grandios geschrieben. Da passt alles punktgenau. Dafür gebührt den Schreibern der Story Respekt und den (englischen) Sprechern Applaus. Für das Setting ist dann wohl doch der Erfinder (Bill Willingham) zuständig. Einen Bonuspunkt muss ich noch für die super Soundkulisse und den grandiosen Titeltrack hinzugeben.

Alles in allem ist „The Wolf Among Us“ also für Leute, die gerne Entscheidungsfreiheit in Spielen haben und auch die Konsequenzen miterleben wollen eine Enttäuschung. Alle, die einfach eine coole Story mit tollen Charakteren und Settings erleben wollen, sei die „Season One“ aber ans Herz gelegt. Ich hoffe trotz meiner (leichten) Enttäuschung auf eine weitere Staffel – vielleicht dann wirklich mit der Möglichkeit Handlungszweige zu beeinflussen und werde mir auf alle Fälle ein paar der „Fable“-Comics zulegen. Warum? Weil Bigby Wolf einfach ein cooler Hund (Anspielung beabsichtigt) ist, mit dem ich gern mehr Geschichten hören/lesen/sehen würde.

„The Wolf Among Us Season One“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, leider nur als halb-interaktives Comic durchgehende, Punkte.

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