London Boulevard (Filmkritik)

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis möchte Mitchel (Colin Farrell) am Liebsten ein möglichst „legales“ Leben führen. Als er durch Zufall als Beschützer des zurückgezogen lebenden Filmstars Charlotte (Keira Knightley) engagiert wird, scheint sein Wunsch schneller als gedacht in Erfüllung gehen. Probleme macht jedoch sein alter Kumpel Billy (Ben Chaplin), der ihn in die schmutzigen Geschäfte seines Bosses Gant (Ray Winstone) hineinzieht. Als sich nach einiger Zeit auch noch eine Liebesbeziehung zwischen Mitchel und Charlotte anbahnt, wird die Sache zusätzlich kompliziert.

London Boulevard Film

Dies ist das Debut vom amerikanischen Drehbuchautor William Monahan, basierend auf einem Roman des Iren Ken Bruen. Rausgekommen ist ein fast schon zu typisch englischer Gangsterfilm. Coole Musik, harte Typen, schnelle Schnitte, rohe Gewalt, hoffnungsvolle Liebe, aussichtslose Flucht – alles dabei was Verbrecher in London so ihren Alltag nennen. Ob das wirklich so abläuft oder nur irgendwer mal mit dieser Darstellungsform angefangen hat und nun jeder glaubt, er müsse diese Richtung beibehalten? Keine Ahnung, vielleicht muss sich das britische Gangsterfilmgenre wieder neu erfinden, vielleicht aber auch bleibt es solange gleich, bis es nicht mehr erfolgreich ist.

Große Überraschungen bleiben uns auf jeden Fall hier erspart, für gut gemachte Standardunterhaltung ist aber gesorgt. Vor allem dieser überstylte, mit einigen Farbfiltern veränderte Look ist ziemlich gut geraten. Es sieht zwar damit sogar der ärgste Dreck bzw. der schmutzigste Sandler irgendwie gut (weil gestochen scharf und in hübschen Farben erstrahlend) aus, das dürfte aber genau der Grund sein, warum diese Sichtweise gewählt wurde. Vom Setting her und was die Kamera und den Schnitt angeht, erlaubt sich der Film also keinerlei Fehler, eine echte emotionale Bindung zu den Protagonisten macht der Look auf Grund seiner gewollten Perfektion aber um einiges schwerer.

Retten müssen dieses Defizit natürlich wieder die Schauspieler, die den Film aus der eindeutig austauschbaren Schublade doch etwas hinausheben. Colin Farrell, der bald auch in Hauptrollen in den Remakes von „Fright Night“ und „Total Recall“ zeigen kann was er drauf hat, kann alleine einen Film tragen. Besonders wenn er leidet ist er überzeugend, in harten Szenen ist er ja sowieo über jeden Zweifel erhaben. Der Kerl ist einfach eine harte Sau mit weichem Kern, wie im echten Leben eben. Keira Knightley als sich ständig vor Paparazzi verstecken müssende Filmdiva, zeigt gekonnt ihre unsichere Seite und funktioniert gerade wegen ihrem überhaupt nicht aufgestylten, bequemen Look sehr gut als Objekt der Begierde für die meisten Beteiligten.

Am Besten hier fand ich aber David Thewlis, der als ständig bekiffter und auch alle sonstigen Drogen konsumierender Exschauspieler und Vertrauter von Knightley für die skurrilsten und lustigsten Szenen sorgen darf. Sprüche wie „sie wäre die am meisten vergewaltigte Schauspielerin in Europa, wäre ihr nicht Monica Bellucci in die Quere gekommen“ bringt er einfach unglaublich trocken und amüsant rüber. Ray Winstone als psychotisch eiskalten Gangsterboss zu besetzen, da kann man eigentlich nix falsch machen. Die bezaubernde Anna Friel als Alkoholikerin, die für Geld und Gras sexuelle Gefälligkeiten aller Arten anbietet, ist da schon um einiges mutiger, funktioniert aber spitze. Bleibt nur noch Ben Chaplin, dem man den pseudoharten Feigling hundert prozentig abnimmt.

Insgesamt also wieder mal ein Film, den man sich nicht wegen der Handlung an sich ansieht sondern um zu sehen, wie die Darsteller miteinander spielen und wie dies auf den Zuschauer wirkt. Da die formelhafte Inszenierung natürlich zu einem tragischen Ende geführt werden muss (was mich als Freund von Happy Ends wenig erfreut), sind es dann vor allem einige coole Sprüche und David Thewlis Präsenz, die nach dem Film noch eine Zeit in Erinnerung bleiben. Freunde englischer Gangsterkrimis, können also ohne Zweifel hier nix falsch machen.

London Boulevard bekommt von mir 6/10 das Verbrecherdasein für die Liebe aufgebende Empfehlungspunkte.


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