Sergei (Levi Miller, Aaron Taylor-Johnson) hat ein Problem – sein Vater (Russell Crowe) ist Jäger und der Meinung, dass alles Schwache keinen Existenzgrund hat. Sergei sieht das zwar anders, spielt aber bei der ganzen Sachen seinem jüngeren Bruder (Fred Hechinger) zuliebe mit. Als bei einer Jagd allerdings etwas schiefläuft und ein Löwe ihn eigentlich tötet, wird er von einer fremden Frau namens Calypso (Ariana DeBosse) mit einem Serum ins Leben zurückgeholt und hat seitdem besondere Kräfte. Außerdem beschließt er, seinen Mafia-Boss-Vater und damit auch seinen Bruder hinter sich zu lassen.
Jahre später hat sich Sergei einen Namen als „The Hunter“ gemacht, da er eine Liste an bösen Buben hat, die er aus diversen Gründen tötet. Außerdem arbeteitet er vermutlich auch als Auftragskiller oder so. Und es gibt einen Kerl, der auf den Spitznamen „The Rhino“ (Alessandro Nivola) hört, der seinem Vater das Geschäft streitig machen will, weil er vor Jahren mal von ihm „schwach“ genannt wurde. Und einen Kerl namens „The Foreigner“ (Christopher Abbot), der sich an Sergei, der sich mittlerweile den Namen „Kraven“ gegeben hat, rächen will. Aus Gründen. Und der hat auch eine Superkraft.
Und irgendwie spielt noch irgendwas eine Rolle, aber ich kann mich nicht mehr erinnern …
Ob sich J. C. Chandor einen Gefallen damit getan hat, die Regie von „Kraven The Hunter“ zu übernehmen kann ich leider nicht beurteilen. Seinem Konto hat es vermutlich gut getan, seinem Ruf wohl eher nicht. Denn der Film war lange in der Produktionshölle, ist angeblich jedoch seit Jahren fertig, hat bei Testscreenings mehrfach versagt und wurde oft verschoben und ist nach diversen Nachdrehs nun veröffentlicht worden – und zwar im Kino.
Vielleicht hätte man ihn gleich in die Streaming-Abteilung übergeben sollen, denn ich bin mir sicher, wer auch immer sich den Film im Kinoi angesehen hat, war eher sauer nachdem er oder sie dieses wieder verlassen hat, denn „Kraven The Hunter“ hat tatsächlich wenig, was für ihn spricht.
Der größte Pluspunkt ist in meinen Augen der (völlig verschenkte) großartige Cast. Russell Crowe ist cool wie mittlerweile eh immer und Aaron Taylor-Johnson ist für mich ein ziemlich fantastischer Schauspieler (man nehme nur mal „Bullet Train“ als Beispiel), wird hier aber abseits seiner Optik völlig verschenkt. So wie eigentlich alle anderen auch.
Aber nicht nur Schauspieler:innen werder hier verschenkt, sondern auch eine an sich coole Figur und auch einige gute Ideen. Der Film ist ein Stückwerk aus guten Ideen, die nicht zu Ende gedacht wurden und die – nehme ich mal an – an den Nachdrehs gescheitert sind, denn der Film ist einfach nicht stimmig. Es gibt so viele Dinge, die man sich bereits beim Ansehen zu fragen beginnt, die aber nie irgendwie zufriedenstellend beantwortet werden und – was mich noch viel mehr nervt: Man merkt einfach, dass der Film völlig lieblos, wenn schon nicht begonnen, dann zumindest beendet wurde.
Das beginnt bei Anschlussfehlern (eine ziemlich prominente Kratzwunder am rechten Oberarm, die magisch verschwindet, nur um dann wieder aufzutauchen, Personen, die in einem Gespräch von einer Person wegsehen, sie nach dem Schnitt ohne Bewegung aber ansehen und viele weitere kleine Details), geht über schlechtes Art-Design (wer bitte hat Rhino in dieser Optik für eine gute Idee gehalten?) und endet bei Logiklöchern nicht (wer holt Kraven am Anfang mit dem Flugzeug? Wo hat er seine ganzen Waffen und vor allem den Strom mitten im Dschungel her?). Hier lief einfach viel zu viel falsch.
Das Drehbuch selbst ist ebenfalls nicht wirklich gut. Wir verbringen viel Zeit mit erstaunlich vielen, unnötigen Nebenschauplätzen und Menschen, die uns wichtige Infos ins Ohr schütten, aber das meiste davon hätte man in knapp zwei Nebensätzen abhandeln können. Da hat jemand einfach nicht verstanden, wie man ein in sich stimmiges, gutes Drehbuch schreibt.
Dazu kommt, dass ich nicht verstehe, warum man die Bösewichter aus dem Spiderman-Universum jetzt eigentlich so hindrehen muss, dass sie ja eh alle doch halbwegs nette Kerle sind und nur missverstanden. Ich meine, ohne die Comics zu „Kraven“ jetzt zu kennen – wenn ich nach dem Film gehe, dann müssten Spiderman und Kraven ja fast „best buddies“ sein. Zumindest, wenn Kraven sich das töten abgewöhnen könnte. Aber ansonsten? Hm. Locker-lässige Sprüche, übermenschiche Fähigkeiten, einen Ehrenocodex, und so weiter. Irgendwie hatte ich das alles anders in Erinnerung. Nun, dieser Teil kann auch an mir liegen, ganz ehrlich.
Es gibt tatsächlich zwei Szenen, die ich wirklich gut fand – eine ist im Trailer, nämlich jene, als Kraven einem André auflauert im Büro dessen Bosses. Mit einer Armbrust mit der legendären Entgegnung: „Where is my boss?“ – „You stand on him“. Blick nach unten. Blutlache. Und die zweite Szene ist am Ende des Films, als Kravens Bruder ihm sehr klar mitteilt, dass er ist wie sein Vater, den er ja eigentlich hasst. Beide haben im Grunde immer nur eine ganz bestimmte Trophäe haben wollen. Das fand ich cool.
Leider geht der Film dann noch eine Weile weiter und bringt eine völlig unnötige Szene von der man ja schon wusste, dass sie niemand mehr braucht, weil ein Sequel angedeutet wird, welches ohnehin nie kommen wird, weil das „Sonys Spider-Universe“ ja bekanntlich Geschichte ist. In diesem Fall kann ich nur sagen: Wird niemandem fehlen.
Was ich schade finde, weil die Figur cool ist, Aaron Taylor-Johnson sich offensichtlich ins Zeug gelegt hat (auch wenn die animalischen Bewegungen trotzdem … suboptimal aussehen) und wenn mal jemand eine gutes Drehbuch geschrieben und den Mumm gehabt hätte aus einem Bösewicht auch einen Bösewicht zu machen, dann hätte das hier richtig gut funktionieren können, aber hier … ich weiß nicht, das ist einfach viel zu … banal und austauschbar und dann noch dazu mit so vielen Fehlern (CGI, Schnitt, usw) behaftet … da macht das irgendwie keinen Spaß. Ich musste mich ehrlich anstregen mich an die Figuren und die Story zu erinnern, weil das alles so schrecklich lahm ist. Da hilft auch die Freigabe ab 18 Jahre nichts.
„Kraven The Hunter“ bekommt von mir 5 von 10 möglichen, Aaron Taylor-Johnson cool in Szene setzende, aber sonst nicht wirklich was bietende, Punkte.