William (Wayne David) lebt zurückgezogen in einer Hütte mitten im Wald. Das hat einen Grund. Einen guten Grund sogar. Er versteckt sich. Wann immer er es nicht mehr aushält und durch den Wald streift und Menschen sieht, versteckt er sich. Er will weder gesehen noch gefunden werden, noch will er selbst Menschen treffen.
Immer wieder kommt es zu Telefonanrufen und der Anrufer sagt ihm, er solle noch bleiben wo er ist, denn die Sache sei noch nicht ausgestanden. Auch ein mysteriöser Fremder taucht immer wieder auf. Seine Frau Chantelle (Sian Altmann) ist auch bei ihm. Oder vielleicht spielt ihm sein Verstand auch Streiche und sie hat ihn bereits verlassen.
Auch das ist ein wirkliches Problem für William: Was ist tatsächlich real, was bildet er sich ein und wie kann er A von B unterscheiden …
Es ist immer schön, wenn jemand etwas Neues versucht und einem Genre grundsätzlich einen anderen, noch unbekannten, Twist zu geben. Diese Ehre kommt in vielen Fällen relativ billigen und kleinen Produktionen zu, die es sich entweder leisten können oder denen es egal ist, wie sie finanziell abschneiden, weil es ihnen um die Sache geht. Bei „Wolf Garden“ ist es wohl eher das letztere, denn hier hat Hauptdarsteller Wayne David auch das Drehbuch geschrieben, die Regie übernommen und den Film produziert. Also zuerst mal eine kleine Verneigung und großen Respekt, dass er sich da so reingebissen hat (man verzeihe das Wortspiel).
Um es mal klar zu sagen: Ich kann es absolut respektieren und bin sogar beeindruckt, wenn man so für ein Projekt brennt, dass man abgesehen vom Drehbuch und der Regie auch gleich noch die Hauptrolle übernimmt. Immerhin ist es leichter, wenn man selbst weiß, wie man welche Mimik und Gestik haben will, als sie mühsam einem Schauspieler zu erklären. Es geht schneller zu Drehen und überhaupt weiß man es selbst am besten.
Tatsache ist leider auch, dass man oftmals nicht die Kraft hat, sich selbst einzugestehen, dass es besser gewesen wäre man hätte jemanden mit wirklicher Schauspielkunst und -erfahrung in Szene gesetzt, sich mehr auf die Regie fokussiert und mehr Zeit und Energie für Bildkomposition und Spannungsaufbau gehabt. Denn das fehlt hier leider ziemilch.
Sicherlich auch nicht hilfreich ist – erneut – das Marketing. Ein Poster wie dieses ist halt das Gegenteil von „hilfreich“, wenn die hauptsächliche Spannung davon kommen soll, dass die Zuseher:innen eben nicht wissen, warum sich William in der Hütte versteckt und was dort im Schuppen eingesperrt ist bzw. was mit seiner Ehefrau passiert ist. Zur Erklärung: Auf dem Poster zu „Wolf Garden“ ist Williams Gesicht zu sehen, welches zur Hälfte ein Wolf ist. Darunter sieht man ihn, wie er (s)eine Frau scheinbar leblos in den Armen hält und sie in eine „Gartenhütte“ im Wald trägt.
Man verzeihe mir den Spoiler: Aber wer von euch ist überrascht, dass sich William am Ende Werwolf herausstellt? Genau. Dachte ich mir. Niemand.
Was halt auch nicht hilft, ist die Tatsache, dass 90% des Films gefühlt aus William bestehen, der in seiner Waldhütte herumlungert, durch die Gegend bzw. den Wald streift, immer wieder erschrocken Gestalten sieht und immer wieder aus Albträumen aufwacht, in denen er seine Frau blutverschmiert sieht und die vor „etwas“ flieht. Was da wohl passiert ist? Braucht ihr einen Hinweis oder kommt ihr selbst drauf?
Was jetzt das Schauspiel von David Wayne betrifft, so kann man es nicht schlecht nennen, aber die ganze Sache ist dermaßen auf „mysteriös“ und „atmosphärisch“ und „melancholisch“ getrimmt, dass zumindest ich den Typen nach nur zehn Minuten schon nicht mehr leiden konnte. Wer sitzt bitte in der Dunkelheit in einem Raum und starrt Löcher in die Wände. Das kann schon mal funktionieren, aber doch nicht so oft. So spannend ist die Mimik von Hr. David leider nicht. Das meine ich nicht böse, aber der Film dauert 90 Minuten. Da muss dann auch mal irgendwann was passieren.
Ja, es gibt Ablenkungen in Form von Rückblenden, aber diese dramaturgische Gestaltung wird ebenfalls rasch nervig oder langweilig, je nachdem. Dann gibt es noch einen „Fremden“, der auftaucht und … nun, kennt ihr „American Werewolf in London“? Ja, genau. So in die Richtung geht das dann weiter.
Nur ist das alles hier … banal. Es gibt keine Spannung. Man weiß, was los ist. Und die Frage, ob William den Verstand verliert ist spätestens dann vom Tisch, als er das erste Mal (oder zweite Mal) mit Blut and den Händen aufwacht, um dann in der Zeitung (oder anderswo) zu lesen, dass es einen „Vorfall“ gab. Und um eine innere Zerissenheit auszdrücken, nun, dazu reicht meines Erachtens die Schauspiekunst von Hr. David nun nicht aus. Vielleicht hätte ein anderer Regisseur das aus im Rauskitzeln können, aber er selbst ja auch die Regie gemacht hat, hat das auch nicht geklappt.
Für mich ist jedenfalls klar, wenn es ein Drehbuch gibt, bei dem so viel an einer Person und deren Leistung an Schauspiel liegt, dann muss man Regie und Hauptdarsteller(in) einfach klar trennen. Das kann gar nicht funktionieren, beides zu machen, weil man – und noch dazu, wenn man das Drehbuch geschrieben hat – einfach auf zu viel gleichzeitig achten muss.
Dass Schauspieler:innenanleitung eine nicht so leichte Sache ist, wird euch jede:r bestätigen, die sowas schon mal gemacht haben. Und es leidet ja nicht nur Hr. David darunter. Auch seine Film-Frau, gespielt von Sian Altman („Firenado“), bleibt auf der Strecke. Chemie zwischen den beiden? Äh, nein. Auch hier wäre vermutlich mehr drin gewesen, wenn man sich auf eine Aufgabe beschränkt hätte.
Was bleibt ist ein langweiliger Film, dessen Grundidee richtig gut ist und mit passender Besetzung und passender Regie auch richtig, richtig gut und intensiv hätte sein können. Andere Regie hätte ja auch bedeutet, dass jemand anders den Film geschnitten oder zumindest draufgeschaut hätte, und dann wäre das Ergebnis vermutlich kürzer geworden und ich denke es wäre auch möglich gewesen, so etwas wie Spannung in den Film zu bringen.
Dass man die Marketing-Abteilung in Summe feuern müsste (wer immer das war, bitte nicht auch nicht Wayne David) ist nochmals ein völlig anderes Thema.
„Wolf Garden“ bekommt von mir 4 von 10 möglichen, an seinen eigenen Ambitionen und der Multifunktion des Hauptdarstellers/Regisseurs/Drehbuchautors scheiternde, Punkte.