Village: Resident Evil 8 (Game Review)

Jahre sind nach den Vorfällen im Baker-Haus vergangen. Ethan Winters lebt mit seiner Frau Mia und ihrer Babytochter Rose zufrieden, unter neuem Namen, irgendwo sicher in Rumänien. Alles ist soweit in Ordnung, auch wenn Ethan nicht gefällt, dass Mia nie über die Ereignisse in Lousiana reden will. Es ist wieder so ein Abend, ein Streitgespräch bahnt sich an, aber bevor es soweit kommt passiert etwas Schreckliches.

Noch bevor Ethan so richtig weiß, was eigentlich los ist, wacht er in einem umgestürzten Minivan auf, seine Wächter sind tot und er trottet müde und verloren durch den Schnee, auf der Suche nach Hilfe und seiner Familie.

Einer Blutspur folgend landet er in einem scheinbar verlassenen und verwüsteten Dorf. Es dauert nicht lang und Ethan trifft auf den Grund dafür …

Und wieder einmal war meine Skepsis groß. Und wieder einmal war sie begründet, auch wenn ich sagen muss, dass es im Falle vom achten Teil der regulären Resident Evil Reihe keine Enttäuschung dahinter gibt. Meine Erwartung war ja nicht allzu hoch. Wie vorab und durch die Screenshots ja bekannt war ist das Setting dieses Teils mal was (naja) völlig Neues. Zumindest für ein Resident Evil-Spiel.

Ja, es gibt Vampire. Und Werwölfe. Und Menschenfischmonster und auch, tja Terminatoren. Und ein wenig anderes, grausliches Gezeugs. Die Frage, wie das alles in das Resi-Universum passen könnte, wurde schon vorab gestellt und ich bin immer wieder überrascht, warum solche Fragen (von Journalist:innen, die das als Vollzeit-Job machen) tatsächlich gestellt und auf mehreren Seiten in renommierten Magazinen diskutiert wurden. Ich meine, wir sprechen von einer Spielreihe, deren Hauptthema Mutationen durch Viren sind und Experimente an Menschen … ich meine: Ernsthaft? Gibt’s Fragen, wie da rein theoretisch vielleicht möglicherweise Vampire und Werwölfe reinpassen würden? Eben. Dachte ich mir

Jedenfalls ist Resi 8 ein First-Person-Action-Shooter mit Horror-Elementen und einer trashig coolen, wenn auch berechenbaren, Story, die vor allem gegen Ende wohl meint mit dem einen oder anderen Twist zu überraschen. Was sie nicht tut. Aber cool ist sie allemal, wenn auch ziemlich billig. Kleiner Spoiler: Wieso kann man eine Figur, die ja offensichtlich der Ursprung von allem ist, so leicht vernichten? Und wieso hat man so lange gebraucht, das Ding überhaupt zu finden? Aber gut. Ich bin Trashfan. Ich nehme das so zur Kenntnis, freue mich über den Irrsinn und das sich immerhin jemand die Mühe gemacht hat, das alles zu begründen (das Auftauchen der Vampire, das Auftauchen des Umbrella-Symbols überall und so weiter) und in den größeren Storykontext zu betten und ich genieße die Atmosphäre.

Apropos Gameplay: Das ist mehr FPS als eine angstvolle Schleicherfahrung. War der siebte Teil ja tatsächlich ein richtiges Horrorspiel, so ist Teil 8 mit kleinen Abweichungen ein Actionspiel. Munitionsmangel hatte ich per se nie und auch sonst war das Spiel nicht allzu schwer. Passt für mich so grundsätzlich, allerdings hätte ich den Actionanteil in Summe stark runtergedreht und den Horroranteil stark nach oben. Aber hey, ich bin nur Spieler, kein Entwickler. Und trotz allen Unkenrufen im Vorfeld haben die Shooter-Phasen, die gegen Ende zunehmen, mir Spaß gemacht, auch wenn sie sich von der Atmosphäre her wie ein anderes Spiel angefühlt haben. Es gibt gegen Ende dann sogar einen Protagonistenwechsel, da ist es dann per Definition ein Shooter, aber dieser Abschnitt hat mir von den Shooterteilen sogar am meisten Spaß gemacht, weil man einerseits ein bisschen „overpowert“ ist und es andererseits einfach zum Charakter passt.

Zurück zum Hauptteil: Das Setting, die Atmosphäre, das Art-Design, die Level-Bosse, all das ist wirklich grandios geglückt und funktioniert in den jeweiligen Abschnitten wohl ziemlich genau so, wie gedacht. Das Schloss ist stimmig und erinnert an alte Herrenhäuser. Der zweite Abschnitt ist das wohl beste Horrorszenario seit langem, mit Rätseln und einer doppelten Enthüllung am Ende, die ich so schnell nicht vergessen werde. Geschenkt, die Rätsel kann man kaum so nennen, aber die Sache ist einfach atmosphärisch ein Wahnsinn und was dann am Ende auf euch zukommt ist … genial und verstörend zugleich. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich Vater bin und das Sounddesign mir … nun, sehr alltagsnahe und bekannt vorkommt. Gruselig sondergleichen.

Ist „Village“ jetzt also ein gutes oder ein schlechtes Spiel? Interessanterweise schafft es das Spiel beides gleichzeitig zu sein und das streckenweise sogar zur selben Zeit. Was für mich bleibt ist: Ich habe es nicht bereut, das Spiel gespielt zu haben und wurde wirklich gut unterhalten. Mir hat die völlig irre Story gefallen, ich fand die Optik und das Art-Design toll und mit der First-Person-Perspektive hatte ich kein Problem. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich es schon lächerlich fand, was Ethan alles zustößt und er problemlos wegsteckt, aber das wird am Ende der Story (wer gut aufpasst am Anfang, der oder die sieht den „Twist“ von ganz, ganz weit kommen) dann erklärt. Kann man mögen. Muss man aber nicht.

Wer sich allerdings ein Horrorspiel erwartet, der oder die wird hier sicher enttäuscht, denn auch wenn ein paar grausame Dinge passieren, Vampire vorkommen und Werwölfe euch zerfleischen, wenn ihr nicht aufpasst, ist es in Summe trotzdem so, dass wenig Horror aufkommt, weil zu viel von dem was passiert einfach wie ein Best-Of diverser popkultureller Referenzen wirkt, die schlichtweg zu Levels aufgeblasen wurden und man es mehr als cool empfindet als angsteinflößend.

Beispiel: Es gibt vier Levelbosse. Level 1: Vampir. Genau was ihr erwartet. Level 2: Verrate ich nicht. Fand ich super. Ich sag nur „Annabelle„. Level 3: Minenschächte und Fischmonster. Level 4: Terminator. Alle diese Abschnitte enden in einem Bosskampf (nona) und sind atmosphärisch so gestaltet, dass alle, die mal Horrorspiele in solchen Settings gesehen haben, sich sofort heimisch fühlen. Das kann man jetzt generisch nennen oder kopiert, wenn man will, aber auf jeden Fall funktioniert es prächtig. Dazwischen kehrt man mehrmals ins namensgebende Dorf zurück, welches sich bei jedem Besuch mehr öffnet, um es zu erkunden. Fand ich gut. Auch wenn dann klassische Spiel-Momente dabei sind, wie die Notwendigkeit eines Schlüssels für eine Gartentür, über die jeder Durchschnittsmensch in einer Minute drübergeklettert wäre. Aber hey, damit hat ja nicht nur Resident Evil zu kämpfen und wer sich an dieser Logik stößt sollte am besten um Videospiele in Summe einen großen Bogen machen.

Was mir von der Story her auch gefiel ist, dass sie dennoch (gerade am Anfang) mit ein paar für mich unerwarteten Momenten daherkam. So trifft man am Anfang auf Überlebende, hilft ihnen in Sicherheit zu kommen und denkt, jetzt habe man gleich die klassische Situation eines Hubs: Dort bekommt man Missionen und dieser Zufluchtsort ist der neue Dreh- und Angelpunkt. Ehrlich: Nein. Mit dem was dort passiert hatte ich nicht gerechnet. Oder besser: DASS es passiert (und so schnell!), damit hatte ich nicht gerechnet. WIE es dann passiert ist war der Ablauf schon irgendwie klar.

Was man vielleicht als „neu“ verkaufen könnte: Der „Duke“, also der Händler, der euch mit allem versorgt, was ihr so brauchen könntet und immer an unerwarteten (Haha, genau) Orten mit seinem Laden auftaucht, ist ein fixer Teil der Story und ziemlich wichtig. Die Erklärung, was oder wer er ist, ist allerdings die faulste im ganzen Spiel (Spoiler: Seine Antwort auf diese Frage lautet: „Not even I could tell you that.“). Soll sein.

Zusätzlich ist das Spiel angenehm kurz und fokussiert, außer im Terminator-Abschnitt, der hätte gern eine Ecke kürzer ausfallen können. Die Bosse sind cool, haben aber zum größten Teil zu wenig Zeit, um richtig ausgekostet zu werden, was schade ist, aber leider auch irgendwie dazu gehört. Und gerade Heisenberg, der sowas von einer glatten Kopie von Nicolas Cage darstellt, wurde so stark nach vorn gestellt, da hätte sich die Dame vom Level 2 als interessantere Wahl angeboten. Aber auch hier merkt man: Heisenberg = Actionfokus. Also durchaus Absicht das alles.

Oh – als Bonus schaltet man nach erstmaligem Durchstpielen den mittlerweile fast obligatorischen „Mercenary-Modus“ frei, in welchem man sich unter Zeitdruck durch Areale kämpft und dabei alle Gegner umnieten muss. Nett, aber kein Kaufgrund. Was mir wiederum sehr gefallen hat: Wer die Kampagne beendet hat, schaltet auch ein paar Videos zur Entstehung des Spiels frei. Sowas finde ich immer interessant und super. Hat mit dem Spiel jetzt nichts zu tun, aber mir gefällt sowas halt einfach.

„Resident Evil Village“ bekommt von mir 7,5 von 10 möglichen, wer mehr Horror will kann nochmals einen Punkt abziehen und wer mehr Action will, einen draufschlagen, Punkten.


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