Stephen Kings ES – Kapitel 2 aka It – Chapter 2 (2019 Filmkritik)

Es ist wieder soweit. 27 Jahre nach den Vorkommnissen in Derry, Maine, kehrt Pennywise der Clown zurück. Der „Klub der Verlierer“ dachte, dass sie ihn besiegt hätten, aber das war eine Fehlannahme.

Das Leben der damaligen Gruppe ist indessen weitergegangen und die Zeit nicht stehengeblieben. So haben alle nach wie vor mit ihren Problemen zu kämpfen. Als dann ein Anruf erfolgt, dass sie nach Derry zurückkehren müssen, weil sie einen Schwur geleistet haben, kommen die Erinnerungen an damals wieder zurück.

Und so trifft man sich (fast) vollständig, um ES erneut den Kampf anzusagen …

Selten wurde ich von einer Neuverfilmung so positiv überrascht wie vom ersten „ES“ 2017. Der erste Teil von „ES“ hat für mich so ziemlich alles richtig gemacht, abgesehen davon, dass man halt keinen „richtigen“ Horrorfilm gemacht hatte. Das habe ich dem Film gerne verziehen, denn der „Klub der Verlierer“ war einfach perfekt besetzt und der Film hat einfach eine ganze Tonne von Charme. Auch Pennywise, das Clown-Monster, war (ich war nach den ersten Bildern sehr skeptisch) super getroffen. Der Film endete auch sehr stimmig.

Wie wir ja alle wissen, war das jedoch nicht das Ende der Geschichte, denn der (über 1000 Seiten lange) Schmöker von King hat noch eine zweite (und noch eine dritte, vierte und fünfte) Handlungsebene, nämlich die Geschehnisse, die sich 27 Jahre danach abspielen. Hier setzt der zweite Teil an.

Leider ist dieses Mal in meinen Augen einiges falsch gelaufen. Bevor ich jetzt anfange die Probleme, die ich mit dem Film habe, aufzuzählen gleich mal vorweg: Der Film dauert fast drei Stunden und ist zwei Stunden und zwanzig Minuten davon absolut unterhaltsam (auch wenn die zweite Stunde im Grunde eine Kopie des ersten Teils darstellt) und ich habe mich keine Sekunde davon gelangweilt. Das gleich mal vorweg. Es ist ein absolut gelungener, unterhaltsamer Film. Das stelle ich außer Frage.

Allerdings – und das kann man dem Film durchaus vorhalten – reicht er in keiner Weise an den ersten Teil heran. Das hat in meinen Augen verschiedene Gründe. Ich nehme mir jetzt mal drei davon heraus und gehe ein bisschen näher darauf ein:

1. Die Kinder.
Klar – die jungen Schauspieler*innen hatte man nach dem ersten Film einfach alle gern. Die waren das riesengroße Plus des ersten Teils, denn dadurch mochte man auch deren Charaktere sofort. Das funktioniert für mich im zweiten Teil nicht mehr so richtig, denn die Erwachsenen werden für mich nicht wirklich als Erwachsene behandelt, sondern nur als „Erweiterungen“ der Kinder. Man verlässt sich für meinen Geschmack zu sehr auf Rückblenden und darauf, dass die Kids eben so gut angekommen sind. Sogar so sehr, dass die Charaktere genau die gleichen(!) sind, nur halt älter. Das fand ich schade, denn in 27 Jahren sollte doch sowas wie eine Entwicklung stattfinden. Hätte man sich auf die Geschichte der Erwachsenen – ohne die Rückblenden, die eigentlich nicht nötig wären – konzentriert, wäre das Gesamterlebnis für mich stimmiger gewesen. So bleiben die Erwachsenen einfach nur blass.
Das Casting übrigens ist dennoch perfekt getroffen worden.

2. Das Ende.
Es mag ja toll sein, wenn man während dem Film immer wieder Witze darüber macht, dass die Bücher des Autoren (im Film) nie ein Ende finden, welches für die Leser*innen zufriedenstellen ist. Es fühlt sich ein wenig wie bei „X-Men: The Last Stand“ an, als die Kids meinen, dass dritte Teile immer die schlechtesten sind. Weil es ja für den Film in dem es vorkommt auch stimmt. Dass man das weiß und sich selbstironisch gibt ist zwar nett, macht das Ende dann aber nicht besser. Nur zum Verständnis: Das Ende im Buch ist ein Mindf**k erster Güte und ich weiß nicht, wie man das filmisch super hinbekommen sollte. Was hier geboten wurde war jedoch für mich einfach nur …banal. Da fand ich das (effekttechnisch maue) Ende der TV-Miniserie um Welten besser. Und das mag was heißen. Auch diverse Dialoge am Schluss („He’s always been watching over us.“) fand ich einfach nur schmalzig und peinlich.

3. Handlungsstränge, die abewürgt oder ignoriert werden.
Zum Beispiel Billys Zombiekollegen, der Auto fahren kann und nie näher beleuchtet wird. Wie übrigens überhaupt die gesamte Figur Billy einfach völlig verschenkt wird. Beverlys Beziehung, welche dem gleichen Missbrauchsmuster folgt wie die mit ihrem Vater, wird zwar als problematisch gezeigt, dann jedoch völlig fallengelassen. Und zwar nicht nur als Handlungsstrang sondern auch was die Charakterentwicklung betrifft. Kinder, die von Pennywise ermordet werden (was man sehr explizit sieht) und dann nicht weiter kommentiert wird. Das Verprügeln des Homosexuellen am Anfang des Films, welches dann (bis auf eine kleine Mini-Referenz am Ende des Films, die andeutet, dass es einen Zusammenhang gibt) leider liegenbleibt. Und noch ein paar weitere Nebenhandlungen (sofern man Mini-Szenen so nennen kann).

Mir ist völlig klar, dass es fast unmöglich ist, allen Aspekten oder Charakteren (es sind einfach zu viele) gerecht zu werden. Ich finde jedoch, dass man Themen, die man in einem Film anschneidet (und für die man sich als Regisseur ja entschieden hat) auch bis zum Ende behandeln sollte. Will man das nicht, dann kann man sie auch ganz weglassen. Wozu überhaupt anschneiden, wenn ich sie eh nicht vertiefe oder in einen anderen/größeren Kontext setze. Das hat mir hier definitiv gefehlt.

Davon abgesehen ist „ES – Kapitel 2“ übrigens kein Horrorfilm. ES ist eine (sehr unterhaltsame) Komödie (teilweise sogar mit Slapstick und sehr, sehr vorhersehbaren Witzen. Ich sag nur „Hund“), mit Horrorelementen, die hin und wieder ziemlich brutal ist. Mehr nicht. Allerdings gibt es diese Art Film bereits im Dutzend. Würde man die (Kinder)Charaktere nicht bereits aufgrund des ersten Teils mögen, dann würde dieser Film hier auf sich allein gestellt meiner Meinung nach ziemlich untergehen. Schade, wenn vom Autorenteam des ersten Teils zwei Drittel aussteigen. Die dürften einen positiven Einfluss auf das Skript gehabt haben.

Oh – und das CGI ist noch genauso schlecht wie im ersten Teil. Vor allem bei den entstellten Gesichtern/Personen. Immerhin scheinen die Macher das jetzt selbst zu wissen und schneiden immer nur kurz hin. Was ich allerdings großartig fand waren die Übergänge zwischen vielen Szenen (zB als der Nachthimmel mit seinen Sternen zu einem Puzzlespiel wird, durch dessen fehlende Teile man bereits die nächste Szene sieht).

Bei all dem Meckern bitte nicht auf den Anfang dieser Kritik vergessen: Es handelt sich hier um einen guten zweiten Teil, der über 4/5 seiner Laufzeit wirklich unterhaltsam ist. Den Charme und die fast perfekte Struktur des ersten Teils lässt er allerdings vermissen.

„Stephen Kings ES – Kapitel 2“ bekommt von mir 7 von 10 möglichen, unterhaltsame, trotzdem leider enttäuschenden, Punkte.


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