Die „Devil’s Night“ hat alles verändert. Früher war die Welt uneins und im Krieg mit sich selbst. Staaten bekämpften sich mit Waffen, wirtschaftlich und auch sonst mit allen möglichen Mitteln. Dann kam die „Devil’s Night“. Die Nacht als LEGION mit seinen Schergen über alle Länder der Welt hergefallen ist und es hunderte, nein, tausende Tote gegeben hat.
Deshalb hat Persephone, ehemals Mitglied von LEGION, auch MAYHEM gegründet. Eine Organisation, die sich LEGION entgegenstellt um deren Vorhaben zu vereiteln. Dieses Mal sieht es aus, als hätten die Bösewichte Seoul dazu auserkoren eine große Rolle in ihren Plänen zu spielen. Zumal sich dort auch vermehrt „Dunkle Materie“ finden lässt.
Grund genug für die AGENTS OF MAYHEM sich mit ihrer fliegenden Basis ARK nach Seoul zu begeben und dort wo es nur geht … Chaos anzurichten. Und jede/r der AgentInnen hat seinen/ihren ganz eigenen Grund, gegen LEGION anzutreten …
DAS soll der Nachfolger von „Saints Row“ sein? DAS bleibt übrig, wenn es keine Idee mehr gibt, wie man die Story, die man mit „Saints Row IV“ an die Wand gefahren hat nicht mehr weiterdenken kann? Hm. Na gut. Okay. Ehrlich gesagt: Ist mir lieber, als ein fünftes „Saints Row“ ohne Ideen. Besser als „Saints Row: The Third“ kann es eh nicht mehr werden, also wozu anstrengen?
Natürlich sind das Gedankengänge, die einem durch den Kopf gehen, wenn man sich durch die Action von „Agents Of Mayhem“ ballert, denn die Story spielt in einem Universum von „Saints Row“ statt (wer sich fragt, warum ich „in einem Universum“ schreibe und nicht „im Universum“, der sollte den vierten Teil nachholen). Warum man das weiß? Weil viele Charaktere aus den beliebten Open-World-Irrsinns-Ballereien auch hier vorkommen. Leicht verändert, aber immer noch zu erkennen und immer noch extrem cool.
Da haben wir zum Beispiel Oleg, der mittlerweile „Yeti“ heißt, weil er sich zur Verteidigung seines Landes einem „Supersoldatenprogramm“ unterzogen hat. Oder Pierce, der es doch tatsächlich geschafft hat, die Gangs von Stillwater zu vereinen, um damit LEGION einen Denkzettel zu verpassen. Leider nur als DLC sind Johnny Gat und Kinzie dabei. Johnny hat sich in der Zwischenzeit als Aufpasser/Polizist durchgeschlagen um Legion zumindest nicht völlig freie Hand zu lassen. Und Kinzie – hier mit dem Namen SAFEWORD (wer Saints Row kennt, weiß weshalb) – nun, die hat ja schon gewusst, was passieren wird – immerhin hat sie sich durch die ganze Welt gehackt und keine Daten sind vor ihr sicher.
Aber auch eine ganze Menge Neuzugänge sind dabei und die darf man nicht vergessen. Fortune zum Beispiel ist eine Piratin erster Güte und seitdem sie eine Drone geklaut hat, ist dieses, auf „Glory“ getaufte, Teil ihr bester Freund. Der ehemalige Yakuza Killer ONI widerum hat einen Groll auf LEGION, weil diese sein ehrenvolles Haus in Geschäftspraktiken unter aller Würde (Drogen) runtergezogen hat. JOULE hat eine Rechnung offen, weil ihr Erfinder-Vater sich aufgrund von LEGION vor der Welt verstecken muss. RED CARD will sie zu Mus verarbeiten, weil sie im entscheidenden Spiel seiner Lieblingsmannschaft mit ihrem Auftauchen dafür gesorgt haben, dass die Gegnerseite das Match gewinnt. RAMA allerdings sucht nach einem Gegenmittel, denn ihre Heimat wird von einem Virus, den wohl LEGION produziert hat, dahingerafft.
Und so geht es weiter. Die ganze Riege der Agenten brauche ich hier nicht aufzählen, aber ich denke, man bekommt einen Eindruck worum es in dem Spiel geht. Nämlich die Agenten, deren kleine Geschichten und viel Ballern und Explosionen. Also wie es der Titel verrät um AGENTS und um MAYHEM.
Das spielt sich gut, das unterhält und das macht Laune. Hat aber auch seine Schattenseiten. Zuerst mal die positiven Dinge: Der Humor ist wieder einmal trocken präsentiert und pointiert. Harmloser als in Saints Row zwar, aber immer noch gut dabei und sich für keinen Witz zu schade. Wenn in der Weltraumausstellung ein Raum den Uranus („your anus“) gewidmet wird, dann gibt es klarerweise fünf Minuten lang Wortspiele. Im Rahmen der Handlung aber deshalb, weil die Agenten ihrem Handler „Friday“ einfach ein wenig auf die Nerven gehen wollen.
Wie bei Open-Worlds üblich muss man Stützpunkte erobern, Untergrundlabore überfallen, Rennen fahren, Rennen laufen, Gegnerpatroullien ausschalten, Computer hacken und vieles mehr. Das ist alles durch die Bank nicht neu, wird aber unterhaltsam inszeniert und durch die neue Cell-Shading-Optik auch ansprechend präsentiert. Die SprecherInnen sind wieder einmal alle über jeden Zweifel erhaben. Die Story wird in Zeichentricksequenzen erzählt und die sind wirklich großartig gelungen. Optisch sehen die verdammt gut aus.
Generell wird die Story des Spiels wie eine Serie aus den 80iger Jahren erzählt – man darf sich also auch kein Story-Niveau vorstellen, welches darüber hinausgeht. Bösewicht will Welt beherrschen. Punkt. Oder steckt etwas ganz anderes dahinter und ich will euch nur die Überraschung nicht verderben? Hm. Wer weiß?
Das liest sich jetzt alles sehr sachlich. Wer meine Reviews zu Saints Row kennt weiß, wie sehr ich in Schwärmereien verfalle, wenn mich etwas wirklich vom Hocker haut, also kann man schon mal festhalten, dass dies hier nicht der große Wahnsinns-Überraschungshit ist, den vielleicht viele hätten haben wollen.
Zum einen liegt das daran, dass die Aktivitäten tatsächlich sehr ähnlich sind und sich immer und immer wiederholen. Das kennt man schon aus anderen Spielen, aber hier ist es halt extrem auffällig. Wenn sich die Charaktere des Spiels über genau das lustig machen, dann ist das zwar nett, ändert aber nichts daran, dass sie recht haben. Im Grunde ballert man Horden von LEGION über den Haufen und … und das war es. Mehr ist es nicht. Man kann die Agents upgraden, weil sie alle Erfahrungen sammeln, wird überschüttet mit Gadgets und Fähigkeiten, die zwar super sind, aber keinen großen Unterschied machen.
Das große Plus ist dann trotzdem der Humor oder besser: Die Charaktere der Agenten. Es reicht meist eine Mission und man hat die Leute ins Herz geschlossen. Die persönlichen Missionen der Charaktere sind allesamt kleine, tolle Geschichten, die aufeinander aufbauen. So holt zB ONI seine Vergangenheit in mehreren Missionen ein. Oder BRADDOCK wird von ihren ehemaligen Rekruten überfallen, da sie als Ausbildnerin einfach zu sadistisch war. JOULE muss Forschungsergebnisse ihres Vaters schützen und so weiter. Auch die Hauptmissionen mit ihren Bosskämpfen sind cool inszeniert.
Die Dialoge werden trocken und witzig serviert. So meint HOLLYWOOD, er hätte jetzt einen marktkonformenen Namen für sie gefunden: FRANCHISE FORCE. Danach gibt es klarerweise eine kleine Diskussion. Oder wenn einen Untergrundbunker von LEGION zerlegt (von denen man gefühlte 100e zerlegt, die alle gleich aussehen) und der Chef der Anlage über die PA zuerst lachend mitteilt, er habe schon lange weggeschafft was man suche. Fünf Minuten und einen Haufen Zerstörung später meldet sich der gleiche Kerl halbwegs kleinlaut und fragt höflich, ob man wohl aufhören würde alles kaputtzumachen, wenn man sich irgendwas anderes aussuchen und mitnehmen darf? Liest sich banal, wird aber im Kontext witzig und super dargeboten.
Es gibt also viele kleine Momente, die witzig sind. Ein paar davon sogar nachdenklich (keine Spoiler!) und die Hauptmissionen und Charakter-Missionen laufen zwar auch immer aufs Ballern hinaus, sind aber von A bis Z unterhaltsam und ich habe das Spiel wirklich gern durchgespielt und den Figuren gelauscht. Wenn man sich auf den (gemäßigteren) Humor einlässt, hat man auf alle Fälle viel Spaß. Trotzdem gibt es in Punkto Weltgestaltung und Abwechslung viel Luft nach oben. Aber so ist AGENTS OF MAYHEM zumindest eins: Ein guter Anfang, auf dem man sicher aufbauen kann. Interessant ist, dass – obwohl man mit drei Charakteren in die Schlacht zieht, die man auf Knopfdruck wechseln kann – es sich um ein reines Singleplayer-Spiel handelt. Potential? Verschenkt.
Schade finde ich auch, dass großartige Figuren (von denen das Spiel eben lebt) wie Kinzie und Gat (oder Lazarus) nur als DLC extra verkauft werden, aber gut – in ein paar Wochen kommt sicher die „Complete Edition“ mit allen DLCs. Wer bis dahin warten kann – ich würde es empfehlen. So wie immer, eigentlich.
„Agents Of Mayhem“ bekommt 7,5 von 10 möglichen, von den Charakteren und Dialogen lebende, Punkte.
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