Catherine (Game-Review)

Vincent hat ein Problem: Seine Freundin will ihn ihren Eltern vorstellen. Außerdem will sie möglichst bald heiraten. Das stresst den guten Herren, der einfach am liebsten immer so weitermachen würde. Katherine (mit K!) und er haben jeweils eigene Wohnungen. Das passt für ihn. Er hat seinen Job, seine Kumpels Orlando, Toby, Jonny und die Kellnerin Erica in der Stammbar „The Stray Sheep“. Es läuft doch alles – warum also Veränderung?

Eines abends versauert er – frustig, ob der anstehenden Entscheidungen – in der Bar und ein junges, lockeres, entspanntes und Spaß suchendes Püppchen fällt ihm mehr oder weniger in die Arme. Als er am nächsten Morgen aufwacht liegt sie neben ihm und sein Herz setzt für einen Augenblick aus. Er hat Katherine (mit K!) mit Catherine (mit C!) betrogen. Zu seinem schlechten Gewissen kommen plötzlich Albträume hinzu, in denen er einen Turm erklimmen muss, da etwas hinter ihm her ist.

Und in den Nachrichten sprechen sie über eine Reihe von Todesfällen, die seltsamerweise nur Männer betrifft, die am Morgen tot aufgefunden werden. Die Gesichter voller Panik verzerrt – als wären sie in den Tod gestürzt …

Ich habe ja zuerst nicht wollen. Es hat mich einfach nicht interessiert und/oder angesprochen. Aber als es dann „Catherine“ in einem Sale zu holen gab, dachte ich mir – hey, wenn es schon überall so gelobt wird, dann versuche ich es halt mal. Glück gehabt – dann „Catherine“ ist absolut großartig.

Eigentlich ist „Catherine“ nicht nur ein Spiel, sondern es hat zwei bzw. drei Teile. Der eine Teil sind die Aktiväteten von Vincent, wenn er wach ist. Sein Job und ähnliche Dinge werden meist links liegen gelassen und nur am Rande erwähnt. Viel wichtiger sind die Gespräche mit seinen Freunden (die als Filme ablaufen, die verdammt gut gezeichnet sind) und die Abende in der Bar „The Stray Sheep“ (entdeckt jemand die Doppeldeutigkeit, hm ….?).

In der Bar kann Vincent mit seinen Freunden und anderen Gästen plaudern, auf SMS von beiden Damen antworten (oder auch nicht) und sich mit einem Spielautomaten vergnügen, der die Albträume spiegelt, aber ein paar andere Regeln zu bieten hat.

Diese Szenen machen aufgrund der guten Dialoge, der liebenswerten Charaktere (die alle ihre Macken haben, es aber im Summe gut meinen) und der Verknüpfung der Dinge, die man erfährt, mit der Albtraumwelt in der Nacht, wirklich Laune. Man unterhält sich gern mit ihnen und fürchtet irgendwie, man könnte was versäumen, wenn man nicht mit allen spricht.

Die Antworten, die Vincent per SMS (man baut sie Satz für Satz zusammen – das ist super gelöst) schickt, wirken sich auf den weiteren Spielverlauf bzw. primär auf das Ende aus, sind aber nicht wie aus vielen Rollenspielen gewohnt in „gut“ und „böse“ aufgeteilt, sondern absolut nachvollziehbar und die Konsequenzen kann man nie ganz abschätzen.

Die zweite Ebene sind die Albträume. In denen – und das klingt langweilig, ist aber verdammt launisch umgesetzt und macht wirklich, wirklich viel Spaß – muss man aus Blöcken Türme, Brücken und Treppen bauen, um bis nach oben zu kommen. Es gibt diverse Blockarten und immer wieder trifft Vincent auf andere Schafe, die ihn angreifen oder runterschubsen wollen.

Zwischendrin kann Vincent kurz verschnaufen, mit anderen Schafen sprechen – deren Verhalten sich mit dem Verlauf des Spiels ändert, je nachdem mit welchen Personen (auch in der Bar) Vincent wann wie und worüber gesprochen hat – und sich nützliche Ausrüstung (immer nur ein(!) Hilfsmittel!) kaufen.

Bevor es weitergeht und er per Fahrstuhl/Beichtstuhl zum nächsten Turm gebracht wird, muss Vincent die Fragen einer mysteriösen Stimme beantworten (und das ist Teil 3) – auch diese Antworten wirken sich auf das Ende des Spiels aus. Hier (auch während Unterhaltungen und/oder beim SMS schreiben) blitzt hin und wieder eine Skala auf, die zeigt in welche Richtung ihr tendiert (rot oder blau).

Ich dachte, es würde sich um „gut“ oder „böse“ handeln, darum habe ich ein paar der Ausschläge nicht verstanden, aber dann wurde mir klar – weil es einem am Ende gesagt wird -, was es wirklich anzeigt und dann passt es ins Bild.

„Catherine“ macht aufgrund von drei Dingen wirklich richtig Spaß: Die Story nimmt sich eines erwachsenen Themas an und behandelt dieses absolut super. Da wird nicht verurteilt, da werden Standpunkte dargelegt. Dass dies so gut funktioniert liegt auch am super Supporting Cast, denn Vincents Freunde haben alle ihre eigene Meinung zum „Fremdgehen“ – und mit der halten sie auch nicht hinterm Berg.

Abgesehen davon, haben sie auch alle eine Geschichte, die man im Laufe der Zeit erfährt. Auch wenn es gegen Ende sehr übernatürlich wird – die Story in Summe (mit all ihren möglichen Enden) ist wirklich super und mitreissend inszeniert. Mir ist mehr als einmal fast das Herz stehen geblieben.

Die Knobbelei mit den Blöcken mag simpel wirken, kommt aber bald in Fahrt und wird so richtig komplex. Wenn dann noch eine Manifestation von Vincents Ängsten hinter euch her ist – glaubt mir: Ihr werdet Angstschweiß verströmen und eure Hirnzellen auf Hochtouren rasen! Wie sagt man: Einfach zu lernen, aber schwer zu meistern. Wirklich super gelungen.

Und Nummer drei: Die Präsentation des ganzen Spiels. In Bild und Wort und Ton – mir stand mehrmals der Mund offen. Die Anime-Sequenzen sehen selbst auf der PS3 großartig aus, die Vertonung der Charaktere ist perfekt getroffen und die Musik passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Wer also nur ein klein wenig Interesse an einer mitreissenden Story, einer tollen Präsentation und Knobeleien hat – lasst euch dieses Kleinod auf keinen Fall entgehen! Die Beschreibung liest sich trocken und am Papier sieht es aus, als könne das Konzept nicht funktionieren – aber das tut es. Und wie.

„Catherine“ bekommt von mit 9,5 von 10 möglichen, ein rundum gelungenes Gesamtpaket abliefernde, Punkte.

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