Der Erfolg des ersten, allerorts gelobten „Castlevania: Lords of Shadow“ war so groß, dass man fast zwangsläufig mit einem Nachfolger rechnen musste bzw. durfte. Die Fans hatten sich vom Erstling nicht sonderlich viel erwartet – und wurden von optischer Opulenz genauso positiv überrascht wie von der dicht gewobenen und höchst komplexen Story. Die Referenzen auf die bisherige Castlevania-Saga waren mit Bedacht eingearbeitet worden. Romantiker kamen ebenso auf ihre Kosten wie diejenigen, die das Dunkle, Abseitige lieben. Ein Erfolgsrezept, mit Bravour umgesetzt, doch lässt es sich beim zweiten Teil wiederholen?
„Castlevania: Lords of Shadow 2“ versucht, mehr zu sein als eine schlichte Kopie des Vorgängers. Die Handlung setzt dort an, wo wir die Welt rund um Dracula und seinen Sohn verlassen haben. Zwangsläufig findet man sich die meiste Zeit mehr oder weniger in der Gegenwart wieder, sprich in einer modernen Großstadt. Für die Gesamtatmosphäre ist das nicht ideal. Obwohl der Löwenanteil der Szenerien weiterhin ziemlich großartig aussieht, läuft das Setting dem etwas morbiden Grundgefühl der traditionellen Castlevania-Konventionen entgegen.
Sehr empfindsam, passend und einnehmend ist die Musik. Hier kommt das Spiel an seinen Vorgänger recht mühelos heran. Die orchestralen Arrangements tragen maßgeblich dazu bei, dass der Eindruck von Kontinuität entsteht, und zwar viel eher, als es die Handlung vermöchte. Der Plot begeht früh einen kapitalen Fehler: Zunächst zeigt er auf, dass Dracula getäuscht wurde und dass die vom ihm ausgeführten Morde eigentlich auf das Konto von jemand anderem gehen. Dann aber geraten die blutigen Taten, die als langanhaltende Motivation Draculas über den Rest des Spiels hinweg hätten dienen können, einfach so in Vergessenheit. Die Handlung schreitet voran, als wäre nichts gewesen.
Wer dem Plot des ersten Teils hundertprozentig folgen wollte, der musste sich anstrengen, wurde dann aber von einer reichhaltigen und vielschichtigen Story belohnt. Wer sich auf den Plot des zweiten Teils konzentriert, freut sich zwar vielleicht über die Rückblenden – nicht zuletzt, weil sie Dracula aus den seltsamen Großstadtumgebungen hinaus katapultieren, zurück in ein ungleich passenderes Ambiente. Aber so manches, dem Dracula in der Großstadt begegnet, will so richtig gar nicht in ein „Castlevania“-Spiel passen, seien es die Umgebungen, die einem beliebigen anderen Gegenwartsspiel entnommen sein könnten oder teils auch die Feinde.
Theoretisch einen Pluspunkt wert wären die neuen Nahkampf-Modi, bei denen sich Dracula beim Anschleichen in Fledermäuse, Ratten oder sogar Nebel verwandelt. Seltsam ist dabei nur, dass die Kontrahenten in diesen Episoden oftmals viel schwachbrüstiger sind als die Hauptgegner. Es erscheint insofern als unlogisch, warum Dracula bei eigentlich mickrigen Feinden eine spezielle Angriffstaktik benötigen soll, wo er doch andernorts viel mächtigere Gegner ohne mit der Wimper zu zucken niederstreckt (oder zumindest mit etwas Übung des Spielers 😉 ).
Am ehesten kann man „Castlevania: Lords of Shadow 2“ noch für das schlichte aber effektive Niederstrecken der zahllosen Durchschnittsfeinde schätzen. Zur Not geht das auch mit Button-Mashing, und auch wenn es ein wenig hirnlos ist, macht es Spaß. Die Szenerie wechselt oft genug, um einen gewissen Unterhaltungswert zu bieten, und lässt man dann die primitive Blutrünstigkeit des Helden im Vordergrund stehen… Aber wie gesagt, der Größe des ersten Teils ist diese Bilanz nicht würdig. Viele Spieler werden den Zweitling nicht ohne Wehmut bestreiten, aber es kann eben nicht jedes „Castlevania“ ein Volltreffer sein.
Wir geben „Castlevania: Lords of Shadow 2“ 7 von 10 Empfehlungspunkten.
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