Kaum eine Spiele-Serie hatte es in letzter Zeit so schwer, positive Rezensionen zu erhalten, wie die Erscheinungen rund um den blauen Igel Sonic. Das hatte zweierlei Gründe. Zum einen lag es an den alteingesessenen Sonic-Fans selbst – und deren Erwartungshaltung. Denn wer seit den Anfangstagen und damit seit dem Megadrive (und später dem Dreamcast) dabei war, neigte nur allzu leicht dazu, das Vergangene innerlich ein wenig aufzuwerten. Dabei waren auch die frühen Sonic-Games nicht immer perfekt gewesen, obgleich sie freilich zwischenzeitlich zu Kult-Titeln geworden waren.
Der zweite Grund, warum die letzten Sonic-Spiele hart beurteilt wurden, lag daran, dass die Entwickler nicht immer erkennen ließen, wer eigentlich zu ihrer Zielgruppe zählte. „Sonic the Hedgehog“ und vor allem „Sonic Unleashed“ waren durchaus für sehr junge Spieler geeignet, was bei Letzterem nur durch den unangemessen hohen Schwierigkeitsgrad kontrastiert wurde. Ein sehr gelungenes Spaß-Spiel kam daraufhin mit „Sonic & Sega All Stars Racing“ heraus (Rezension hier), das ungleich einfacher zu bewältigen war. Mit dem Igel an sich hatte es allerdings nur wenig zu tun. Anhand von „Sonic the Hedgehog 4 Episode I“ nahm Sega zuletzt eine Rückbesinnung auf frühere Tugenden vor – und lieferte Hardcore-Sonic-Fans exakt den Sonic, den sie aus grauer Vorzeit in Erinnerung hatten. Die Folge war, dass Sonic wieder in seiner Beliebtheit stieg und wohl gesonnene Kritiken erhielt.
Genug der Rückschau, hin zu dem brandneuen „Sonic Generations“. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist ein wirklich sehr überzeugender Titel geworden. Die Grundidee ist die, dass zwei „Igel-Generationen“ auf einander treffen und der Spieler abwechselnd in 2D- und 3D-Welten eintaucht. Das ist insofern erfreulich, als man eindeutig sagen kann, dass die Entwickler von Team Sonic den Mut hatten, kein bloßes Retro-Game zu programmieren. Vielmehr finden sich auch alle Vorzüge derjenigen Sonic-Spiele, die auf den „Next-Gen-Konsolen“ erschienen sind, in „Sonic Generations“ wieder. Was in einem sehr reichhaltigen Gameplay mündet, das immer wieder den Eindruck erweckt, man habe es mit einem echten „Best of Sonic“-Programm zu tun. Und vor allem mit einer Hauptfigur, die unentwegt mit Vollgas durch die Levels rauscht: Ganz so wie allerseits erwünscht und erhofft.
Sehr innovativ ist die Menüführung und Levelauswahl ausgefallen – und visuell sehr ansprechend. Sonic bewegt sich hier durch eine Art weißen 2D-Raum, in dem verschiedene Szenerien präsentiert werden, fast wie in einem Museum. Nach dem Anwählen des nächsten Abschnitts findet sich der Spieler umgehend in der 2D- oder 3D-Szenerie seiner Wahl wieder, unterbrochen nur durch vereinzelte Zwischensequenzen und Leistungsübersichten. Eine langatmige Hub-Welt wie in „Sonic Unleashed“ fehlt – Gott sei Dank! Hinterfragen lässt sich lediglich, dass der Plot und seine Erzählweise wieder ein wenig auf der kindischen Seite sind. So drastisch wie in „Unleashed“ ist es zwar bei Weitem nicht; vereinzelt haben wir uns aber schon dabei ertappt, bereits im ersten Spieldurchgang versuchsweise die Zwischensequenzen zu „Skippen“ – was nicht ging.
Die Abwechslung in „Sonic Generations“ hält das Spiel auf lange Zeit hinweg frisch. Meist gilt es, eine Welt zunächst in 2D zu durchpflügen, um sie danach in ihrer 3D-Version zu meistern. Während der 2D-Look sich im Großen und Ganzen an „Episode I“ orientiert und Elemente vergangener Titel aufgreift (Szenarien etwa), sind die dreidimensionalen Ausflüge echte Effekt-Feuerwerke und bieten interaktive Action pur. Je nach dem eigenen Geschmack werden Spieler die eine oder die andere Darreichungsform bevorzugen. Wer die totale Kontrolle über Sonic beansprucht, wird die 2D-Abschnitte vorziehen; wer sich lieber dem Adrenalinrausch der 3D-Folgen hingibt und den Effektregen genießt, wird anderwärtige Präferenzen haben. Unterm Strich haben beide „Generationen“ das Potential, einem jeden Spieler ordentlich Spaß zu machen.
Alle Welten wurden mit viel Liebe und Sachverstand gestaltet. Dass die Jungs von Team Sonic viel Energie und Herzblut in „Sonic Generations“ investiert haben, zeigt sich nicht nur am detailreichen Look des Spiels, sondern auch an der oft sehr aufwändigen Architektur der Levels. Wer all die Wege, die sich in den einzelnen Etappen nehmen lassen, gesehen haben will, muss die Etappen mehrere Male durchkämmen. Diese Reichhaltigkeit hält das Spiel nicht nur langfristig interessant, sondern vermittelt auch den Eindruck echten Werts. „Sonic Generations“ macht ganz unzweifelhaft klar, dass es nicht nur „irgendein“ Titel ist, sondern dass es den Entwicklern wirklich viel bedeutet hat, sodass sie alles gegeben haben.
All jene, die Sonic schon lange lieben, können beruhigt aufatmen: Sega hat für „Sonic Generations“ das Beste aus mehreren Jahrzehnten Sonic-Geschichte zusammen getragen. Das Ergebnis hat große Klasse, nur die Präsentation der Story und die Screens mit den Leistungsbilanzen könnten etwas „erwachsener“ wirken.
Wir geben „Sonic Generations“ 8 von 10 igelig-rasanten Empfehlungspunkten.