Night Book (Game-Review)

Loralyn (Julie Dray) ist Dolmetscherin, schwanger, allein mit ihrem Vater (Mark Wingett) (der psychisch krank zu sein scheint und was von Dämonen schwafelt) in der Wohnung, und legt eine Nachtschicht ein: Sie soll einen von zwei Dolemtsch-Aufträgen übernehmen. Ihr Mann Pearce (Akie Kotabe) ist währenddessen auf einer wunderschönen Insel. Aber nicht zum Spaß, sondern er arbeitet dort und will ein Ferienressort bauen lassen. Loralyns Vater war da auch dran beteiligt, aber als er von der Insel zurückgekommen ist, meinte er „etwas“ wäre ihm gefolgt und wolle nicht, dass man dort baut.

Wie dem auch sei: Loralyn hat einen Job zu erledigen. Und irgendwie scheint sich alles um ein Buch zu drehen, welches in einer alten, auf der oben erwähnten Insel gesprochenen, Sprache verfasst ist. Und wie es der Zufall will kann Loralyn diese Sprach lesen.

Die Frage ist, ob sie daraus hätte vorlesen sollen …

Tja, das neue Werk von Wales Interactive ist unter besonderen Bedinungen entstanden, nämlich im Lockdown. Das bedeutet, dass sich die Schauspieler:innen allesamt selbst um die Kamera und die Beleuchtung gekümmert haben, was man in diesem Fall aber in keiner Weise negativ merkt.

Die Story an sich ist so alt wie banal. Altes Buch. Böses Ritual. Bitte, bitte, lieber Dämon, lass mich in Frieden!

Darauf läuft es in letzter Konsequenz hinaus. Aber die Sache ist an sich gut gemacht: So beobachtet man die gesamte Story durch das Sicherheitssystem und diverse Kameras, die in mobilen Endgeräten oder eben in Laptops installiert sind. Das funktioniert wunderbar und fühlt sich – dank Lockdown – auch absolut realistisch an. Einziges Manko – was euch beim Spielen aber nicht groß auffallen wird – ist, dass die Charaktere sich per se nie treffen. Ist aber auch egal, weil sie ja eh online kommunizieren. Einzige Ausnahme: Loralyns Papa, der ja im gleichen Haus ist. Da merkt man schon am Schnitt und am Kamerabild, wie sehr da getrickst wird, gerade bei Kameraeinstellungen, aber okay, da drücken wir mal ein Auge zu.

Die schauspielerischen Leistungen sind zwar nicht auf dem Niveau eines „Dr. Dekker„, aber doch grundsolide und gerade Julie Dray als Loralyn ist ziemlich rasch ziemlich sympathisch.

Was mir allerdings extrem negativ aufgefallen ist: Die Story ist nicht stimmig. Ich meine damit nicht, die alte „Böses Buch“-Story, sondern der Ablauf. So kann man sich relativ rasch entscheiden, welchen Dolmetsch-Auftrag man annimmt. Entweder übersetzt man für einen jungen Mann, den man kennt oder für einen reichen Herren, der ein Geschäft abwickeln will. Wie man sich auch entscheidet: Das „seltene“ Buch kommt vor. Entweder als „Erbstück“ oder als „Auktionsobjekt“. Das passt nicht zusammen. Beides geht nicht. Entweder oder. Man bekommt also hier zwei Versionen der gleichen Geschichte, was ich eigentlich eher peinlich fand. Es wäre doch möglich gewesen die beiden Storyfäden zu verknüpfen, sodass Loralyn in irgendeiner Form zum Buch kommt und die sich nicht gegenseitig widersprechen. Fand ich und finde ich immer noch schade. War halt die vermutich einfachste Lösung.

Auch sind manche Szenen innerhalb der einzelnen Storys nicht stimmig. So gibt es zum Beispiel ein mögliches Ende (Vorsicht: Kleiner Spoiler) in welchem sich Loralyns Vater das Leben nimmt. Mit einer Schere. Keine Ahnung, von wo er die hatte, denn ich hatte ihn zuvor in seinem Zimmer eingeschlossen. Wenn man ihn nicht einschließt, dann sieht man später, wie er sich die Schere aus einem anderen Zimmer holt, aber … ich hatte ihn ja eingeschlossen! Also nicht stimmig.

Ebenfalls schade.

Nichtsdestotrotz: „Night Book“ macht kurzweilig Spaß (und lang ist es ja nicht) und man sollte halt zwischen mehreren Durchläufen immer wieder ein paar Tage Pause machen, dann fallen die Fehler nicht so auf. Aber an der Produktion, dem Schnitt oder auch den Schauspieler:innen gibt es nichts zu meckern. Aber das Drehbuch, wie gesagt, das Drehbuch … da wäre mehr drin gewesen.

Achja, wer das Gameplay noch wissen will: Sieh dir Filmschnipsel an und entscheide zwischendurch immer wieder mal, ob Loralyan A oder B machen soll. Dann sieh dir weitere Filmschnipsel an. Je nachdem, was man entscheidet kommt ein anderes Ergebnis. Und meistens ist es dann doch stimmig. Aber halt leider nicht immer.

Ein dickes Plus gibt es für die Menge an Sprachen, die vorkommen 🙂 Das macht eigentilch immer Laune, wenn Menschen zwischendurch wieder ins Französische wechseln, dann wieder Englisch (mit Akzent) und so weiter reden. Und keine Angst: Es gibt für alles (englische) Untertitel.

„Night Book“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, unter widrigen Umständen gut gemachte, aber beim Drehbuch sparende, Punkte.


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