Don’t Move (2024 Filmkritik)

Iris (Kelsey Asbille) hat ein Problem. Von persönlichen Problemen getrieben und ohne Handy, ist sie alleine im Wald unterwegs. Dabei trifft sie auf einen zunächst freundlich wirkenden Mann namens Richard (Finn Wittrock), der sich jedoch schnell als Psychopath entpuppt.

Er betäubt sie kurzfristig und injiziert ihr ein Mittel, das nach 20 Minuten zur völligen Lähmung sämtlicher Gliedmaßen und auch des Sprachzentrums führt. Nun ist sie auf der Flucht, doch kann sie sich kaum mehr rühren und ihr Verfolger, kommt ihr immer näher…

Die beiden Regisseure Brian Netto und Adam Schindler haben in unterschiedlichen Funktionen schon bei mehreren Projekten zusammen gearbeitet, zuletzt etwa beim Kurzfilm „Sundown“ aus dem Jahr 2022. Mit ihrem von Sam Raimi produzierten Thriller Don´t Move, der seit Ende Oktober 2024 auf Netflix läuft, werden sie nun wohl einem breiteren Publikum bekannt werden, zumindest haben sie und Hauptdarstellerin Kelsey Asbille (Yellowstone), dies durchaus verdient.

Dies ist ein kleiner, gemeiner und feiner Film, der für mich gleich auf mehreren Ebenen funktioniert hat. Beginnen möchte ich mit der Optik. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen und ein Wald, der dich förmlich verschluckt ist der wunderschöne Rahmen, doch die Sicht von Iris, wenn sie sich nicht mehr bewegen kann, das wirkt dann lähmend in mehrerer Hinsicht und wie in Trance, man kann mitfühlen und wünscht sich, sie könnte aus diesem Alptraum wieder aufwachen.

Dann wäre da das Schauspiel. Wie Kelsey Asbille (Wind River) den Übergang von emotional gelähmt hin zur körperlichen Lähmung und dem danach neu erweckten Kampfgeist findet, das ist spannend und man ist beim Zuschauen vom Fokus völlig bei ihr. Auch wie sie Schmerz, Trauer, Angst, Widerstand oder Hoffnung nur mit den Augen vermittelt, da kennt man sich immer aus, was gerade läuft in ihrem Kopf.

Finn Wittrock (Luckiest Girl Alive) als Richard ist ein starker Gegenspieler, einfach weil er offensichtlich ein Soziopath ist. Er benutzt die Gefühle anderer nur dazu, um diese zu manipulieren und er sieht seine Wochenendausflüge – man kann spüren, dass Iris nicht sein erstes Opfer ist – als für ihn nötigen Ausgleich zu seinem Familien- und Alltagsleben. Wie und ob Iris dann dennoch auch an seinen Fäden ziehen kann bzw. ihn zurück manipulieren kann, ist dabei eines der involvierenden Motive.

Um den Kern bzw. was ich hier am Besten finde zu beschreiben, folgen ab jetzt SPOILER. Zu Beginn des Filmes will Iris sich ja umbringen, weil ihr kleiner Sohn gestorben ist. Als dann Richard auftaucht und sie (unter anderem) am Ende sicher umbringen will, wächst in ihr der Wille, wieder leben zu wollen. In einer Szene ist sie versteckt und man hofft, dass Richard sie nicht findet, kurz darauf zündet er die Umgebung rund um sie an und plötzlich wünscht man sich, dass er sie doch wahrnimmt.

Diese – ich nenne es einfach Dualität (klingt clever, ich weiß) – finde ich hier richtig spannend. Die Überlegung, die dir als Zuseher unterkommt, wenn eine Person sich umbringen wollte, dass es dann egal ist, ob dies ein Anderer für sie tut, habe ich denke ich noch nie bei einem Film präsentiert bekommen. Natürlich ist die Antwort nein, so funktioniert das nicht, aber als Einblick in ein krankes Hirn durchaus interessant.

Direkter unangenehm sind Szenen wie Iris bewegungsunfähig in der Wiese liegt und der Rasenmäher kommt. Es gibt Momente, da bin ich unbewusst aufgestanden aus meinem Sessel, sozusagen stellvertretend für Iris, weil sie es gerade nicht konnte. Somit ist die Sache hier in Summe optisch bestechend, psychologisch und von der Inszenierung her spannend und von den Darstellern großartig vermittelt. Als Bonus wird das Gimmick mit dem „nicht bewegen können“ nie übertrieben oder verliert nie durch redundante Szenen an Kraft.

„Don´t Move“ bekommt von mir 8/10 aus etwas Schlechtem, etwas Gutes entstehen lassende Empfehlungspunkte.


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