In Bruges aka Brügge sehen … und sterben (Filmkritik)

Ray (Colin Farrell) wird mit seinem Kumpel Ken (Brendan Gleeson) nach Brügge geschickt, weil er einen Mord mehr oder weniger versemmelt hat. Ray hasst es dort. Ken liebt es. Dieses mittelalterliche Flair, die Ruhe, einfach alles. Aber Ken weiß auch, dass sie sich in Wahrheit verstecken. Ray weiß das ebenfalls. Und der Grund für dieses Verstecken lastet schwer auf ihm.

Tatsächlich sollen sie knappe zwei Wochen dort bleiben und auf einen Anruf von ihrem Boss Harry (Ralph Fiennes) warten, denn dieser überlegt, was weiter passieren soll und wohin die beiden in welcher Form untertauchen könnten. Glauben die beiden zumindest.

Ganz abgesehen davon, dass Ray einfach ein Kerl ist, der Ruhe nicht aushält und der eigentlich die ganze Zeit über von einer skurrilen Situation in die nächste stolpert … bis Ken dann einen Anruf von Harry bekommt. Mit einem extrem beinharten Auftrag …

Ich bin scheinbar schon lange Fan von Martin McDonagh und wusste es nicht. Keine Ahnung mehr, wie lange ich mir „In Bruges“ schon ansehen wollte, weil ich gehört habe, dass er sehr gut sein soll, aber irgendwie hat es nie gepasst. Ich meine, der Film ist von 2008. Nun, jetzt war es soweit und ich kann nur sagen: Der Film ist ein Hammer.

Das liegt an mehreren Faktoren, unter anderem am wirklich starken Drehbuch, welches die Hauptfiguren von einer skurrilen, makaberen Situation in die nächste bugsiert, ohne zu übersehen, dass die Charaktere genau das sind: Charaktere. Mann, ich hatte fast vergessen, wie gut Colin Farrell ist, wenn er sich Mühe gibt. Hier scheint er in hellen Farben und sein Ray ist ein eigentlich komplett irrer Typ, der die seltsamsten Dinge sagt, aber irgendwie immer damit durchkommt. Man mag ihn. Sehr sogar.

Ihm zur Seite steht der nicht minder großartige Brendan Gleeson, der ja eigentlich immer gut ist. Und hier hat er das Herz am richtigen Fleck und man spürt die Liebe, die er für Ray empfindet in jeder einzelnen Szene. Auch Ralph Fiennes, der lange Zeit nur per Telefongesprächen am Film teilnimmt, macht seine Sache wirklich gut und wenn er dann auftritt, dann ist er ein (großteils abstossendes) Highlight in jeder Szene.

Auch Clémence Poésy als Love-Interest Chloe und Jordan Prentice als Jimmy, der Zwerg, passen perfekt in ihre Rollen und sind ebenfalls angenehm greifbar. Sie sind halt Charaktere. Auch die Rolle von Chloe und diverse Situationen mit ihr sind toll. Irgendwie mag man die alle, obwohl sie klar ein Rad ab haben.

Und jetzt zurück zu Martin McDonagh. Der Drehbuchautor und Regisseur von „In Bruges“ hat auch die Drehbücher zu folgenden Filmen geschrieben: „7 Psychos“ und „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri„. Und beide waren richtig, richtig gut. Und das hier war sozusagen der Anfang. Und ich bin tatsächlich richtig beeindruckt, wie gut McDonagh es bereits hier schafft, dass er Humor und Slapstick und wirklich schräge Dialoge völlig glaubwürdig inszeniert und dabei aber immer human und glaubhaft bleibt. Und dann gibt es die dunklen, düsteren, teilweise fast schockierenden Momente, die ebenfalls dabei sind. Und sich irgendwie zu einem fast perfekten Ganzen fügen. Sicher, es gibt hier und da ein paar Ecken und Kanten, aber auch ein paar Momente und vor allem Tode, die man vielleicht kommen sieht, bei denen man aber nicht denkt, dass McDonagh sie wirklich durchzieht.

Sein aktuell neuester Film „The Banshee of Inisherin“ soll angeblich auch ganz gut sein. Und er ist wieder mit Colin Farrell und Brendan Gleeson. Was bedeutet: Ich brauche hoffentlich nicht wieder 15 Jahre, bis ich ihn mir ansehe.

„In Bruges“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, wirklich den Balance-Akt zwischen skurril, ernsthaft und berührend pendelnde Punkte.


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