Coming Home In The Dark (Filmkritik)

Hoaggie (Erik Thomson) macht mit seiner Familie irgendwo in Australien einen Tagesausflug. Als sie gerade ein Picknick machen tauchen plötzlich zwei Männer auf und sie sind nicht freundlich. Einer der beiden heißt Mandrake (Daniel Gillies) und er redet gern und viel. Der andere heißt Tubs (Matthias Luafutu). Es ist ein Raubüberfall. Zumindest bis einer seiner Stiefsöhne ihn bei seinem Spitznamen nennt, Mandrake sich seinen Führerschein ansieht und in Lachen ausbricht.

„Woher kenne ich diesen Namen?“, sagt er breit grinsend. Und dann wird die Sache richtig, richtig düster …

Neuseeland. Wunderbares Land. Dort leben kleine Menschen mit vielen Haaren, die Ringe in die Vulkane werfen. Hab ich wo gehört. Und alle sind so freundlich dort. Und alles ist bunt und die Farben sind satter und die Luft ist besser und überhaupt – Neuseeland. Dort müsste man leben.

Oder auch nicht. Denn dort spielt auch „Coming Home In The Dark“. Und bei „Coming Home In The Dark“ ist der Name Programm. Der Film ist dunkel. Und zwar in jeder Hinsicht. Die meiste Zeit spielt er nachts und entweder in oder um ein Auto. Das klingt jetzt nicht nach viel und vielleicht sogar ein wenig langweilig, aber das ist es absolut nicht, denn die Atmosphäre, die hier geschaffen wird ist nach den ersten paar Minuten auf Anschlag. Zumindest für eine Weile, denn die Drehbuchautoren Eli Kent (sein erster Langfilm) und James Ashcroft (ebenfalls sein erster Langfilm, auch als Regisseur) haben eine Kurzgeschichten gleichen Namens von Owen Marshall zu einem Spielfilm ausgebaut.

Nun, die Geschichte ist eigentlich sehr einfach und es ist auch sehr, sehr schnell klar, was Sache ist, auch wenn die Auflösung relativ lange hinausgezögert wird und man im Grunde einfach nur bestätigt wird. Es gibt keine Überraschungen. Der Film ist kaltherzig, brutal und kompromisslos. Also eigentlich hätte man meinen können, er wäre in Australien gedreht worden, zumindest fühlt er sich so an.

Nun, was kann ich sonst noch zu diesem Film sagen, nun … er hat Ambitionen bzw. hatten die Macher Ambitionen, aber ich denke, man hätte noch ein wenig am Drehbuch feilen können. Ich will nicht zu viel verraten, aber … wisst ihr was? Es spielt keine Rolle, weil der Film, wie bereits gesagt, eh keine Überraschungen bietet, also: Es folgen Spoiler.

Mandrake hat eine Rechnung offen. Er wurde als Kind in einem Heim großgezogen und dort misshandelt. So wie alle Kinder dort. Auch sein Kumpel Tubs hat dort mit ihm gelebt. Und jetzt ratet mal wo Hoaggie gearbeitet hat? Ganz genau. Also ein bisschen in Richtung „Sleepers“, ihr wisst schon: Der Film bei dem alle gehofft haben, dass zwei Kriminelle frei kommen, die jemanden erschossen haben, der ebenfalls Kinder misshandelt hat. Aber hier ist es nicht so, dass Mandrake und Tubs zu Helden hochstilisiert werden, sondern die beiden sind Kriminelle. Vor allem Mandrake ist total durch den Wind. Monologe en masse und ein Gewehr im Anschlag. Und Daniel Gillies rockt diese Rolle so richtig. Er ist eine Naturgewalt, welche diesen Film auf ihren Schultern trägt. Er haucht der Figur Leben ein und man hat das Gefühl, dass da noch etwas dahinter ist. Dass da etwas ist, was ihn treibt, was an ihm nagt, was ihm diese … Macht gibt. Diese Ausstrahlung. Jede Szene, egal was er macht, sagt oder tut, strahlt er Gefahr aus. Das ist echt wirklich cool gemacht.

Aber er ist keiner einzigen Minute auch nur im Ansatz so etwas wie ein Racheengel. Er ist einfach ein komplett durchgeknallter Irrer, der eine fixe Idee hat und diese durchziehen will, egal was der Preis dafür sein soll. Und der Preis dafür ist, dass viele andere Leute, deren Weg sie kreuzen, erschossen bzw. ermordet werden. Und bereits fünf Minuten im Film macht er etwas, was den ganzen Film lang zumindest bei den Zuseher:innen nachklingt: Er erschießt die beiden Söhne. Ohne mit der Wimper zu zucken. Einfach so. So jemand kann sich keine Vergebung mehr erhoffen, egal wie sehr das Drehbuch herausarbeiten will, dass er schlimme Sachen erlebt hat.

Auch die Nebenfigur Tubs … er ist dabei. Er ist die ganze Zeit dabei während Mandrake völlig unschuldige Menschen erschießt. Und warum will Mandrake Hoaggie eigentlich zurück zum Internat bringen und ihn erschießen? Nicht, weil er der Täter war. Nicht, weil er schlimm zu den Kindern war, sondern weil er mehrmals dabei war und nichts dagegen unternommen hat. Also genau das, was Tubs auch tut. Aber der ist Mandraks Freund. Also hat der wohl keinen Tod verdient.

Kann mir das jemand erklären?

Jetzt noch ein großes Spoiler für das Ende, weil es eh schon egal ist: Ja, alle außer Hoaggie und Tubs sterben. Egal, das habt ihr eh schon gewusst. Was nicht egal ist: Tubs ist es, der am Ende Mandrake die Waffe entreißt, ihn erschießt und dann geht. Man kann also sagen: Am Ende hat er etwas dagegen getan. Aber da gibt es schon … ich weiß nicht, etwa zehn Tote. Darunter sechs Jugendliche bzw. Kinder.

Was sollte diese Auflösung? War das der Plan? Tubs ist Hoaggie, nur tut er was? Wenn ja, dann liebe Drehbuchautoren: Zu diesem Zeitpunkt macht es keinen Unterschied mehr. Absolut keinen Unterschied mehr.

Also, zusammengefasst: Ein dunkler, kalter, harter Film, der vermutlich irgendwas zu sagen hat. Ich habe halt einfach nicht verstanden was. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich nach dem Tod der Söhne eigentlich abschalten wollte und dann doch bis zum Ende drangeblieben bin. Der Grund? Daniel Gillies. Der hat mich einfach in seinen Bann gezogen. Und gemacht, von technischer Seite her, ist der Film einfach super. Kameraarbeit, Ausleuchtung, alles erste Sahne.

Alles in allem: Super gemacht, großartig gespielt, aber … keine Ahnung, was man mir damit sagen wollte.

„Coming Home In The Dark“ bekommt von mir 5,5 von 10 möglichen, wirklich düsteren, Punkten.


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