Ist es ein Spiel, oder ist es ein Film mit interaktiven Elementen? Bei Capcoms neuer Veröffentlichung „Asura’s Wrath“ ist das offenkundig die große Preisfrage, auf die wir hier ein wenig mehr Licht werfen wollen. Zwar sollte am besten jeder Käufer des Titels für sich selbst entscheiden, was er davon hält und wie er „Asura“ klassifiziert. Aber um abwiegen zu können, ob das Spiel mit dem eigenen Geschmack kompatibel ist, ist es durchaus sinnvoll, sich vor dem Erwerb genauer darüber zu informieren – etwa hier.
Beschreitet „Asura’s Wrath“ nun also wirklich neue Wege, wie dies andernorts geschrieben wurde? Wir würden dies verneinen. Eigenständig ist „Asura’s Wrath“ auf jeden Fall, doch die Neuartigkeit resultiert eher aus einer – in dieser Form noch nie da gewesenen – Kombination durchaus bekannter Elemente und Spiel-Ansätze. Der Titel führt lange interaktive Film-Sequenzen und klassischen Nahkampf mit Flugsequenzen zusammen, bei denen Asura, der Held des Spiels, durch das Weltall rast und verschiedene feindliche Objekte vom sauerstofffreien Himmel holt.
Die Verhältnisse und Gewichtungen zwischen diesen verschiedenen Teilbereichen von „Asura’s Wrath“ machen seine Originalität aus. Nie zuvor durfte der Spieler so zahlreiche, mit viel Sachverstand gestaltete Szenen mitverfolgen; noch bei keiner anderen Veröffentlichung machten die reinen Filmsequenzen eine so große Proportion der „Spielzeit“ aus. Angesichts dieser starken Betonung des reinen Zusehens und Mitverfolgens verwundert es fast ein bisschen, dass die anderen, klassischeren Bereiche des Titels qualitativ ebenso hochwertig ausgefallen sind. Man hat nie das Gefühl, eine Komponente von „Asura’s Wrath“ sei halbherzig oder schlampig gemacht worden.
Von der Gliederung her ist „Asura’s Wrath“ wie eine TV-Serie gestaltet. Immer, wenn ein neuer Abschnitt beginnt, finden sich die Namen des verantwortlichen Animationsstudios und Regisseurs eingeblendet. Am Ende einer jeden Kurzepisode präsentiert das Spiel zwei ausgesprochen schöne Artworks, die hoffnungsvoll „to be continued“ ankündigen. Auch das ist an sich nicht neu, „Alan Wake“ beispielsweise (Rezension hier) nahm genauso Anleihen am „Look & Feel“ bekannter TV-Serien. Bei „Asura’s Wrath“ ist der Stellenwert dieser Bezugnahmen jedoch ein ganz anderer, da die passiven Spielpassagen deutlich länger sind.
Ob einem „Asura’s Wrath“ gefällt, entscheidet sich weniger darin, ob man QuickTime-Gameplay mag oder nicht. Das Ganze sieht nämlich viel zu beeindruckend aus, als dass der Spieler auf die Idee käme, die interaktiven Teile des Titels geringzuschätzen. Der springende Punkt ist vielmehr, ob man den typisch japanischen Anime-Stil mag oder nicht. Wer diese Erzählweise mit ihren auf Europäer mitunter naiv oder übertrieben wirkenden Anflügen gerade wegen ihrer Exzentrik liebt, wird Asura auf seinem Weg mit Spannung verfolgen. Wer hingegen mit Anime auf Kriegsfuß steht und ein sachlicheres Storytelling bevorzugt, sollte um den göttlichen Helden eher einen Bogen machen.
„Asura’s Wrath“ stellt immer wieder klar, dass viel Liebe und Energie in die Entwicklung gesteckt wurde. Herausgekommen ist ein mutiges, eigenständiges Spiel, das weder direkt mit „Heavy Rain“ (Rezension hier) noch mit „Thor“ (Rezension hier) vergleichbar ist, obgleich es durchaus deckungsgleiche Elemente enthält. Kritisierenswert sind nur Kleinigkeiten – wie etwa das etwas eintönige Tutorial im dritten Kurzabschnitt am Anfang des Titels. Die Musik ist vielleicht ein wenig zu stoisch geraten, was aber zum Erzählstil wiederum gut passt: Selbst wenn Asura gejagt oder gegrillt wird, bleiben die Geigen bei ihrer elegischen Poesie.
Wir wissen die Eigenständigkeit von „Asura’s Wrath“ sehr zu schätzen. Zudem ist es schön, wenn ein Spiel ein so klares Konzept hat, das es derart mühelos umzusetzen scheint. Wir geben „Asura’s Wrath“ daher 8,5 von 10 Punkten.