Bramble: The Mountain King (Game-Review)

Olle wacht allein im Zimmer auf. Seine Schwester: Weg. Dann entdeckt er das offene Fenster. Und ein Bettlaken, welches relativ rasch deutlich macht, dass Lillebror sich nach draußen geschlichen hat. Er folgt ihr.

Und landet in einem Märchen. Zwerge, Wichtel, Rehe, wunderschöne Blumenwiesen und dann findet er auch noch ein Licht, welches in Form eines leuchtenden Steins mitgenommen werden kann.

Er weiß noch nicht, dass er dieses Licht dringend brauchen wird, denn der Traum verwandelt sich in einen Albtraum, als Lillebror von einem Troll entführt wird und Olle sich durch den Wald kämpfen und rätseln muss, um den König im Berge zu erreichen, denn dorthin wurde sie entführt.

Und sein Weg ist voller Gefahren, Monster und schrecklichen Erfahrungen, die alle ihre Narben auf seiner Seele hinterlassen werden …

Ich habe „Bramble“ schon lange auf meinem „Pile Of Shame“ liegen und mich vor kurzem endlich dazu entschieden es mal zu installieren und reinzuspielen. Immerhin sah es optisch ziemlich cool aus und soweit ich gelesen hatte, war es eher kurz. Ich habe auch irgendwo mal gelesen, dass man sich vom putzigen Anfang nicht täuschen lassen soll.

Und – hui – hatte diese Person recht.

Aber zuerst zu den zwei auffälligsten Dingen: Der Optik und … der Optik (kein Tippfehler). Der eine Teil sind die Hintergrundgrafiken, das Art-Design, die Lichtstimmungen und wie absolut grandios die Atmosphäre des Spiels deshalb ist. Wenn die Sonne durch die Bäume auf eine Blumenwiese scheint, während im Hintergrund die Rehe grasen, daneben ein Bach plätschert, die Blumensamen im Wind vorbeiwehen und dann ein kleiner Igel bei euch vorbeiwandert, dann kann man fast nur mit offenem Mund da sitzen. Das ist einfach ein Hammer.

Andererseits sind oft Close Ups der Gesichter im Spiel zu sehen und, nun, da gibt es klar Luft nach oben. Ja, es geht noch als okay durch und man versteht die Mimik auch und was ausgesagt werden soll – es wird kein Wort im Spiel von den Protagonisten gesprochen, nur eine Erzählerin schaltet sich manchmal ein -, aber so richtig gut aussehen tut es nicht. Immerhin reißt es nicht aus der Geschichte, also – passt schon. Da man die meiste Zeit ohnehin aus einer gewissen Distanz in Third Person Perspektive spielt ist das ein zu vernachlässigendes Manko.

Und damit sind wir beim Art-Design. Denn das ist absolut perfekt gelungen. Die Monster sind richtige Monster und tatsächlich furchteinflößend. Das Sound-Design jagt einem einen Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter und die Story und was Olle alles passiert – das ist harter Tobak.

„Olle – what have you done?“

Der junge Mann wird zu ein paar sehr harten Dingen gezwungen und – nicht falsch verstehen, das hat mich hier überhaupt nicht gestört – da gibt es auch keine Option, dies zu verhindern. Die Story ist zu einhundert Prozent linear. Er erlebt die Story, welche die Entwickler euch erzählen wollten. Voll von legendären Sagenmonstern aus dem Norden wie dem Näcken (ihr kennt sicher die kindgerechtere Version davon … den „Rattenfänger von Hameln“) oder die Kärrhäxan.

Die Stimmung, das Sound-Design, die Atomsphäre – das passt alles. Und wenn ihr euch das erste Mal durch Gedärme quetschen müsst, um jemand zu entkommen, der mit einem Hackebeil auf euch einschlägt, dann wisst, wie das ist, wenn euer Puls rast.

Nicht, dass das Spiel jetzt besonders schwer wäre, aber – ich weiß, dass ich mich wiederhole – die Atmosphäre ist … wow. Einfach wow. Wer „A Plague Tale: Innocence“ gespielt hat und die Abwechslung von Schönheit und Grausamkeit (ich sag nur: Der Weg durch das Schlachtfeld), der oder die kann sich in etwa vorstellen, was euch hier erwartet. Und trotzdem (oder deswegen) will man/frau immer weiter spielen um zu erfahren, wie das nun ausgeht und wie um alles in der Welt das hier gut ausgehen soll (keine Spoiler: Ich behaupte nicht, dass es gut ausgeht. Ich behaupte aber auch nicht, dass es schlecht ausgeht).

Spielmechanisch gibt man sich eher genügsam, wie ich gestehen muss, einzig die Bosskämpfe können euch mal fordern, da man meist erst mal austesten muss, was die richtige Lösung in den mehrstufigen Kampfphasen darstellt. Nichts davon schwer, vom Verständnis, hin und wieder jedoch nicht einfach und gerade spätere Gegner:innen verzeihen euch genau NULL Fehler.

Damit bin ich fast schon wieder am Ende: Einziger Moment, der mir nicht gefallen hat: Irgendwann treibt man die obligatorischen Stromschnellen hinab und muss naturgemäß Olle steuern, damit er nirgends dagegen kracht. Das hat mich halbwegs Nerven gekostet. Aber – ganz ehrlich – sie Sequenz ist kurz genug, um nicht nachhaltig zu stören.

Ich kann es nur wiederholen: Wer immer auf Horrorgeschichten und eine düstere Atmospähre steht, nicht unbedingt spieltechnisch die absolute Herausforderung sucht und vielleicht sogar noch ein kleines Faible für Folkore und Skandinavien hat: Greift unbedingt zu.

Im Regelfall lauft ihr in den extrem linearen Levels von A nach B, genießt die Aussicht, sammelt bei den ein oder zwei Gablungen Holzstatuen der im Spiel vorkommenden Monster ein, findet Märchenbücher, um mehr über die Sagengestalten und ihre Entstehungsgeschichte zu erfahren, und freut euch über kleiner. Sprungpassagen, schöne Animationen und die Tatsache, dass euer Protagonist tatsächlich Spuren von dem was ihm passiert (körperlich, optisch und psychisch) davonträgt, dann seid ihr hier richtig.

Zusammengefasst: Holt euch „Bramble“. Diese Entwickler muss man aus Prinzip unterstützen. Ja, es ist soooo gut.

„Bramble: The Mountain King“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, dieser Art von Spiel fast nicht besser machen könnende, Punkte.


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