Ein akkurates Gefühl für den Sport Fussball vermitteln. Diese Fähigkeit, zeichnete bereits in den vergangenen Jahren Vertreter der PES-Spielreihe aus, die dieses Jahr ihr 20 jähriges Jubiläum feiert. Beim aktuellen Game ist dabei vor allem die Dynamik bei Zweikämpfen, zu einer ausgefeilten Spielmechanik gereift. Vorbei sind die Zeiten, bei denen man klar vorhersehen konnte, wie eine Konfrontation ausgehen wird. Wie gut sind die beteiligten Spieler und in welcher Position stehen sie zum Ball? Gleich mehrere Faktoren bestimmen eben das Ergebnis und das sorgt auch nach mehreren Spielstunden, noch für Spannung.
Während sich an der Steuerung im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert hat, wurden zahlreiche kleine Verbesserungen vorgenommen, die große Wirkung zeigen. Wie sich zum Beispiel geänderte Taktiken auf das Spielgefühl auswirken, wie sich Zusammenstösse mit Gegnern oder schnelle Teamwechsel anfühlen, das alles wirkt viel natürlicher und der Spielfluss leidet nicht darunter. So wird man als Spieler richtiggehend eingeladen dazu, das Spiel genau zu beobachten und so aus gezielten Täuschungsmanövern und Richtungswechseln, das best mögliche Resultat (Raumgewinn) zu erzielen. Dies funktioniert auch dank der gelungenen, besser „lesbaren“ Animationen, besser als je zuvor.
Gefühl ist ja etwas, dass vielleicht nicht jeder gleich mit Fussball assoziiert, aber ohne ein gewisses Gespür, laufen die eigenen Spieler schnell ins Leere. Dauersprint oder ungestümes Tackling führen daher so gut wie nie zum Erfolg. Die gekonnte Positionierung der intelligenten KI, eine Grätsche zur rechten Zeit, schon hat man die Macht mit ein paar gekonnten Pässen, Druck auf den Gegner auszuüben. Wer dabei lieber den strategischen Überblick aus der Ferne sucht, der wechselt einfach auf den „Dynamic Wide Camera Angle“ Modus.
Überhaupt hat die KI auch im offensiven Bereich dazugelernt. Das Kämpfen um Freiräume und das Erkennen von Lücken in Ketten ist nun viel anspruchsvoller, Schimpfereien gegenüber der eigenen Mannschaft reduzieren sich dafür auf ein Minimum, da die KI sich selbstständig aus der Deckung in Formation in Richtung der freien Räume bewegt. Dominanz beim Ballbesitz, Druck machen und schnelle Konter durchführen, rasanter Sturm und ruhigere Momente, die Macher haben hier klar ihre Liebe zum Material bewiesen.
Grafisch hat sich seit der Einführung des Fox Engine (wir haben die PS4 Version getestet) im Vorjahr nicht wirklich viel getan, einige matschige Texturen und der Rasen, der in Zeitlupen optisch zu einem künstlichen Innenbelag mutiert, werfen den Spieler etwas aus dem Geschehen heraus. Neben den deutschen Kommentatoren, die sich mit ihren Sprüchen ständig wiederholen, sind auch einige der Spieler beim Singen der Hymnen so motiviert, dass man glauben könnte, sie schliefen gleich ein. Dafür sind nun die Ausdrucksmöglichkeiten der Gesichter bei emotionalen Momenten deutlich ansprechender, auch die Beleuchtung bei Flutlichtspielen ist nun heller, die Rasenlänge und der dynamisch einsetzende Regen bestechen optisch ebenso und wirken sich auch klar auf das Spiel aus.
Die klar verbesserte Meisterliga, ist ja einer der liebsten Modi der Konami-SportFans. Hier führt man als Trainer einen Club und hat ein genaues Auge darauf, was das Spiel, Taktiken und Transfers betrifft. Das Design ist nun ansprechender, die Menüführung übersichtlicher und der Schwierigkeitsgrad durchaus fordernd. Hinzu kommt die Selbstläufer-Dynamik dieser Spielvariante, die sofort einsetzt. Einige Einschränkungen, wie etwa die Tatsache, dass es keine Möglichkeit gibt einen Spieler „umzuschulen“ (von defensiv auf Angriff etwa), bremsen das Vergnügen und vor allem das Gefühl von Freiheit leidet dabei ein wenig.
Online bietet das Game mit Freundschafts- und Teamspiel-Lobbys, Online-Ranglisten und myClub einige Möglichkeiten. Dabei ist der Internet-Support stabil, mittels Balken wird die Qualität der Verbindung angezeigt. Die Spiele selbst sind im Netz erwartungsgemäß deutlich aggressiver als offline, wobei die Schiedsrichter des öfteren ein Auge zudrücken und so durchaus auch für Frustrationsmomente sorgen. Das etablierte „Zufallsprinzip“ und die nervigen Mikrotransaktionen im myClub Modus, könnten hier bei so manchem Spieler dafür sorgen, dass er mit dieser Spielvariante, wohl nie warm werden wird (was ich gut verstehen kann).
Es überzeugen daher klar der optimierte Spielaufbau, das intuitive Verhalten der KI-Spieler und die spürbaren Auswirkungen von Anweisungen und Taktiken, ohne Einschränkungen. Ebenso weiß die Kamera inklusive der neuen Perspektive zu gefallen, genau wie die kleinen, grafischen Neuerungen. Es fehlen jedoch neue Schussmechaniken, die Schiedsrichter sind zu liberal und auch optische Aussetzer waren scheinbar unvermeidbar. Insgesamt ist das Gefühl für diesen Sport und auch die Liebe von Konami zum Detail deutlich spürbar und das ist am Ende dann wohl auch das, was wirklich zählt.
„Pro Evolution Soccer 2016“ bekommt von mir 8/10 die Kugel sicher versenkende Empfehlungspunkte.
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