Manche Spiele sind eigenständig, originell, konzeptionell mutig und verändern das Vorstellungsvermögen davon, was auf Spielekonsolen möglich ist. Andere Titel überzeugen durch schiere Qualität und bringen altbewährte Ansätze zur Perfektion. Wieder andere sind perfektes Fan-Service, ungeeignet für die Masse, aber in der Lage, die Herzen der ohnehin schon Begeisterten erneut einzunehmen. „The Amazing Spiderman 2“ gehört zu keiner dieser Gruppen – leider. Es wurde zwischen Tür und Angel entwickelt, zu schnell und für zu viele Konsolen gleichzeitig, und das Ergebnis ist ziemlich lau ausgefallen.
Das ist ein hartes Urteil, sicher eines der härtesten, die wir in den vergangenen Jahren über ein Spiel gefällt haben. Von dem her sehen wir uns in der Pflicht, es gut zu begründen. Das Problem ist zunächst, dass nichts an „The Amazing Spiderman 2“ wirklich neu ist. Klar, es ist eine Fortsetzung, das verdeutlicht schon der Name mit dem nachgestellten Zweier. Doch auch das Anknüpfen an die Stärken des Vorgängers oder gar an „Shattered Dimensions“ will nicht so recht gelingen, und hier beißt sich die Katze in den Schwanz.
Die größte Veränderung besteht darin, dass Spidey nun auf ihn umgebende Hochhäuser oder Bäume angewiesen ist, um seine Spinnenfäden auszuwerfen und diese als Lianen zu benutzen. Das altbekannte Umherschwingen macht einen Gutteil des „Spiderman-Feelings“ in Konsolenspielen aus. Wo aber früher totale Freiheit angesagt war, ist nun ein eigenartiger Pseudorealismus eingekehrt. Selbst wem es einleuchtet, dass ohne Andock-Möglichkeit kein Spinnen-Seil gespannt werden kann, wird sich über die ungelenkige Bedienung ärgern. Alle anderen werden sich hingegen fragen, ob diese sehr spezielle Form der Authentizität nicht den Umstand kaschieren soll, dass „The Amazing Spiderman 2“ in allen anderen Belangen einiges an „Echtheit“ vermissen lässt.
Die Story ist an sich ist dünn, aber ansonsten in Ordnung. Ein wenig chaotisch (oder besser beliebig) geht es zwar schon zu, aber an sich wäre am Plot noch am wenigsten auszusetzen. Leider soll das Spiel dummer Weise als so genanntes „Tie-in“ Spiel zum Film fungieren. Von einem Vorzeigetitel, bei dem die Filmschauspieler die Rollen im Spiel sprächen und der die Handlung des Kinostreifens erweiterte, ist „The Amazing Spiderman 2“ jedoch weit entfernt. Hauptgegner kommen und gehen, dabei nutzen sie altbekannte Tricks und sind mit ebensolchen zu schlagen.
Bei der Grafik fällt zweierlei auf: Zum einen liegen die Texturen in ihrem Facettenreichtum weit hinter dem zurück, was noch der Vorgänger aufzubieten wusste. Zum anderen fehlt es auch bei den Figuren selbst (Polygonkonstuktionen) an Detailreichtum. Vom kürzlich rezensierten „Watch Dogs“, das den aktuellen Entwicklungsstand der in die Jahre gekommenen wie auch der brandneuen Konsolengeneration verdeutlicht, ist „The Amazing Spiderman 2“ jedenfalls weit entfernt.
Das Gameplay ist repetitiv – das sind wir von Spiderman-Spielen schon gewohnt, von dem her ist dies nicht unser wichtigster Kritikpunkt. Aber Boden gut machen kann der Neuling hier eben auch nicht. Manche Herausforderungen sind auch unerwartet schwer (etwa, gezielt durch Kreise zu schwingen). Das Verblüffende am Gesamtpaket ist, dass das Entwicklerhaus Beenox auch die hochkarätigsten bislang erschienenen Spiderman-Ausgaben gezimmert hat. Man hätte sich mehr erwartet von Beenox, wenn schon kein „Shattered Dimensions“, dann wenigstens ein „Edge of Time“. Und so kann der Rat nur sein, sich anstelle der Neuerscheinung einen der Titel aus dem Backkatalog anzuschaffen, bzw. diesen noch einmal durchzuspielen.
Wir geben „The Amazing Spiderman 2” mit einigem Bedauern 5 von 10 Empfehlungspunkten – und hoffen, dass Beenox unsere Spinnensinne bald wieder mehr in Begeisterung versetzen wird! 🙂