Daredevil (Filmkritik)

Als seine Augen mit toxischen Abfall in Berührung kommen, verliert Matt Murdock sein Augenlicht. Dafür hat er die Gabe gewonnen, akustische Schwingungen wahrnehmen zu können, was einem Radarsinn gleichkommt und auch seine übrigen Sinne verbesserten sich und wurden somit noch stärker. Um dem Wunsch seines Vaters gerecht zu werden, arbeitet der nun erwachsene Matt (Ben Affleck) in seinem Geburtsort – New York City’s Hell’s Kitchen – als Anwalt, doch in der Nacht jagt er jene Verbrecher, die das System überlisten konnten, als der rote Rächer Daredevil.

Als er zufällig eine Dame namens Elektra Natchios (Jennifer Garner) kennenlernt, scheint der einsame Kämpfer seine große Liebe gefunden zu haben. Bald wird jedoch das junge Glück bedroht, denn der Kingpin (Michael Clarke Duncan), der Verbrecherboss der heimischen Unterwelt, der alle Fäden in der Hand hält, will Elektra und ihren Vater tot sehen und heuert dafür den skrupellosen Killer Bullseye (Colin Farrell) an, dessen unfehlbare Treffsicherheit, selbst für Daredevil zum Problem werden könnte.

Daredevil Ben Affleck

Dies ist die erste Berührung von Mark Steven Johnson (Killing Season) mit dem Marvel-Universum im Jahre 2003, vier Jahre später durfte er mit „Ghost Rider“ noch einmal sein eigenes Drehbuch verfilmen. Finanziell war der Film erfolgreich genug, um das zwei Jahre danach folgende Spin-Off „Elektra“ zu rechtfertigen, doch Fans und Kritiker hatten klar gemischte Gefühle bei der Sache. Mittlerweile sind die Rechte ja von der Firma Fox wieder an Marvel/Disney zurückgewandert und vor kurzem durfte man eine hochgelobte Neuinterpretation des „Daredevil“ – Charakters, in der ersten Staffel der neuen Serie auf Netflix bewundern.

Was aber war nun genau das Problem zu einer Zeit, zu der der Markt mit Genreproduktionen noch nicht so überfüllt war wie heute, wo das Marvel-Cinematic-Universe mit großartigen Beiträgen wie zuletzt „Captain America 2“ und „Guardians of the Galaxy“ , den Standard so hochgehoben hat, dass aktuell „Avengers 2“ fast schon (wenn auch nur in leichter Form) abfallen musste? Immerhin entstand ja auch im gleichen Jahr „X-Men 2„, der ja für mich der beste der ersten Trilogie ist, man wusste also auch schon vor 10 Jahren was zu machen ist, damit aus einem Comic ein guter Film wird.

Zunächst ist Matt Murdock mal ein Charakter, der von der tragischen Ebene her funktioniert. Den Tod des Vaters miterleben müssen, als Waise aufwachsen, mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn in einer von Verbrechern regierten Stadt leben zu müssen, das alles ist nicht leicht. Dann kommt noch die übernatürliche Ebene hinzu, denn in einem Sarg-ähnlichen Wassertank schlafen zu müssen, um den Geräuschen der Außenwelt zu entfliehen, belastet nicht nur mögliche Beziehungen, sondern macht einfach nur einsam. Das ist dann auch schön zu beobachten, eben genau wenn Matt das alles mit seiner spitzbübischen Art überspielt und in den meisten Alltagssituationen, überlegen wirkt.

Diese Tatsachen treffen dann auf die Superhelden-Ebene, wenn er jede Nacht auf die Jagd nach Verbrechern geht. Gut, das Kostüm ist Geschmacksache, kann man durchaus auch lächerlich finden, ist aber nicht mein Problem gewesen, eher schon zwei andere Dinge. Erstens tötet Daredevil auch seine Gegner und zwar nicht nur in Notwehr. Passt das zu einem Anwalt der Unschuldigen, hätte das Daddy stolz gemacht? Ich will ja nicht kleinlich sein, aber von der nicht vorhandenen Charakterentwicklung (die ich auch nicht erwartet habe) mal abgesehen, das ist schon leicht schizophren, auch wenn das Kostüm natürlich ein Ventil für Matt´s aufgestaute Wut sein soll.

Zweitens wären da die Sprung- und Schwingpassagen. Daredevil hat ja erweiterte Sinne, aber keine Superkräfte. Ihn dann in mehreren Szenen als Pseudo-Spiderman zu inszenieren, ist vielleicht rein von der Optik her eine gute Idee, macht aber für mich keinen Sinn und ist auch innerhalb des geschaffenen Universums, einfach unpassend. Außerdem fehlt diese „ich kann zehn Meter wo runter hüpfen ohne mit der Wimper zu zucken“ Dynamik einfach bei den (häufig zu schnell geschnittenen) Kampfszenen, wo diese übermenschliche Kraft, plötzlich wieder zu fehlen scheint. Fällt übrigens besonders beim Endkampf gegen Bullseye in der Kirche auf, die Hüpferei wirkt dabei nicht nur wegen den überholten CGI-Effekten, leicht lächerlich.

Nicht nachdenken ist ja oft beim leichten Filmgenuss keine schlechte Idee, aber wenn sich etwas unstimmig anfühlt, ist ja mein Gehirn gar nicht nötig, um den Unterhaltungswert zu mindern. Aber gut, trennt man hier erst die tragische Ebene und comichaft kitschige, dann hat man durchaus mehr Spaß, als man zunächst zugeben hätte wollen. Und den liefern vor allem die Bösewichte und deren Darsteller, mit ihrer „Over the Top“ Spiellaune retten sie so manche Momente. Da wäre zunächst Colin Farrell (Dead Man Down), dessen Bullseye einfach ein widerlich arroganter Mistkerl ist, der manisch und ohne Skrupel seine Ziele verfolgt, grundsätzlich eben einfach ein Typ ist, der Gewalt schätzt und gerne tötet, weil er einfach gut darin ist.

Auch Michael Clarke Duncan (Cross) als Kingpin ist überzeichnet, neben seiner physischen Präsenz ist es aber vor allem seine oberflächlich ruhige Art und seine plötzlichen (potentiellen) Ausbrüche, die ihn so bedrohlich machen. Man glaubt ihm einfach, dass er biographisch bedingt das offensichtliche Daredevil-Problem selbst in die Hand nimmt, als dieser kommt um ihn zu holen. Auf der Seite der Guten mochte ich vor allem „Iron Man“ Regisseur Jon Favreau als Partner von Matt Murdock, der ähnlich wie bei seiner etwas ausgebauten Rolle als Tony Starks Leibwächter Happy Hogan in „Iron Man 3“ , seine mangelnde Kompetenz in seinem Job, mit Charme wieder auszugleichen weiß.

Nun aber zu Ben Affleck (Gone Girl) selbst, der ja mittlerweile seine größten Erfolge als Regisseur (Argo) feiert, doch bald für die Konkurrenz DC als neuer Batman wieder sein Unwesen auf der Leinwand treiben wird. Er ist zwar nicht wirklich schlecht, doch bleibt er auch im Vergleich zu den Bösewichten etwas blass, er hat einfach nur wenige Momente, die in Erinnerung bleiben. Schön für ihn, dass er mit Jennifer Garner (The Invention of Lying) seine zukünftige Ehefrau im wahren Leben kennenlernen durfte, doch abgesehen davon, dass ich ihre Liebesgeschichte im Film nicht nachvollziehbar bzw. die gegenseitige Anziehung unglaubwürdig fand, ist ihre Performance als unnahbare Elektra, irgendwie gekünstelt.

Insgesamt auch dank des über eine halbe Stunde längeren Director´s Cut, der der Kino-Version klar überlegen ist, zumindest ein hirnlos unterhaltsamer Spaß, bei dem weder die Effekte, noch die Darsteller noch die Prämisse an sich durchgehend überzeugend sind und nie die Tiefe und Liebe zum Ausgangsmaterial von aktuellen Comicverfilmungen erreicht wird. Vielleicht wollte man dies aber ja auch gar nicht, denn auch ein netter Spaß für die ganze Familie wie etwa die beiden ersten „Fantastic Four“ Filme, gingen ja in diese Richtung, was ja nicht immer furchtbar sein muss. Man sollte nur von der Erwartungshaltung her wissen, was man ungefähr bekommt.

„Daredevil“ bekommt von mir 6/10 furchtlos der Inkonsequenz trotzende Empfehlungspunkte.

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One thought on “Daredevil (Filmkritik)

  1. Ich muss leider zugeben, dass mir Daredevil als er herauskam gar nicht so schlecht gefiel. Als ich ihn mir aufgrund der Serie dann erneut zu gemüte führte, fand ich ihn nicht wirklich gut gemacht.

    Da ist die Serie klar überlegen. Nur das Kostüm von Affleck fand ich um einiges besser als von Cox.

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