Honeymoon (Filmkritik)

Bea (Rose Leslie) und Paul (Harry Treadaway) haben geheiratet und sind ein glückliches Pärchen. Die beiden fahren auf Hochzeitsreise und zwar in das alte Haus von Beas Eltern, das schön abgelegen an einem See liegt – Idylle pur. Angeln, ein netter Wald rundherum und nichts und niemand der oder die stört. Das kleine Dorf in der Nähe ist wie ausgestorben und alles ist in bester Ordnung.

Bis Paul Bea eines abends im Wald herumirrend findet – sie hat schlafgewandelt und irgendetwas Merkwürdiges ist ihr zugestossen. Sie benimmt sich zunehmend seltsam, hält ihn auf Distanz und von Liebe und Zuneigung ist nur noch wenig zu spüren. Was ist im Wald passiert? Und ist das überhaupt noch „seine“ Bea?

honeymoon

Leigh Janiak und Phil Graziadei haben „Honeymoon“ gemeinsam geschrieben und es ist ihr erstes Werk, für Janiak ist es auch gleich das erste Mal auf dem Regiestuhl. Dass da gleich mal so bekannte Personen, wie die durch „Ygritte“ von „Game Of Thrones“ groß gewordene (oder noch werdende) Rose Leslie zurückgegriffen wurde ist schon mal beachtlich, zumal diese Dame auch noch wirklich spielen kann. Harry Treadaway (der langatmige „The Lone Ranger“ und „City Of Embers“) gibt sich gleichfalls keine Blöße und spielt, den sich berechtigterweise große Sorgen machende, Paul ziemlich eindringlich.

Dabei ist die Story alles andere als neu. Ein Pärchen in einer entlegenen Waldhütte? Seltsame Dinge, die vorgehen? Eine mysteriöse charakterliche Veränderung in einer der Hauptfiguren? Ein skeptischer Partner, der denkt, dass da etwas Schlimmes vor sich geht? Ein Schelm, wer da an „Invasion Of The Body Snatchers“ denkt (zumal im Trailer Paul ja auch sagt: „Where is my wife?“). Aber zurück zum Anfang.

Der Film führt uns durch zwei von den beiden aufgenommene Hochzeitsvideos, während sie gemütlich in der Hütte ankommen und uns als verliebtes Paar präsentiert werden. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und die Offenheit, wie sie miteinander umgehen ist wirklich sympathisch anzusehen. Das „glückliche“ Pärchen kommt wirklich wunderbar rüber. Als die beiden dann in der „Stadt“ einen alten Jugendfreund von Bea treffen wird die Sache aber seltsam. Denn er benimmt sich sehr komisch und seine Frau wirkt extrem eingeschüchtert. Paul findet das dubios, aber seiner Hochzeitsreise zuliebe, lässt er die Sache auf sich beruhen. Zumindest bis er Bea im Wald findet. Verwirrt. Ängstlich. Verletzt.

Aber nicht nur das, denn nach und nach bemerkt er Veränderungen an Bea, die sich nicht so leicht erklären lassen. Sie ist so verstört (auch wenn sie versucht, es zu überspielen), dass sie die alltäglichsten Dinge nicht mehr weiß oder übersieht. So vergißt sie, beim French Toast Butter auf das Brot zu streichen, oder das man Kaffeebohnen vielleicht vorher reiben sollte, bevor man Kaffee machen möchte. Wer jetzt „Spoiler!“ ruft – keine Bange, das ist alles auch im Trailer.

Soweit noch immer: Kennt man schon.

Was den Film aber anders macht als andere seiner Art, ist die gekonnte Verschiebung der Wahrnehmung des Zusehers. Ist man sich anfangs absolut sicher, dass mit Bea etwas Seltsames passiert ist, so wird im Laufe der Handlung immer mehr Pauls Verhalten und Umgang mit der „Sache im Wald“ in den Mittelpunkt gestellt, sowie auch sein Zwang mehr darüber zu erfahren. Irgendwann beginnt man sich unweigerlich zu fragen, ob nicht vielleicht eher mit Paul etwas nicht stimmt. Spätestens bei einer bestimmten „Diskussion“ zwischen Bea und ihm, in welcher Bea immer wieder betont, dass sie Bea ist und niemand anderer, war bei mir der Schalter umgelegt und ich dachte mir: Okay, jetzt ist der Kerl völlig durchgeknallt.

Das ist eine sehr schöne Sache, weil es die anderen Themen, die zuvor behandelt wurden, durch diese neue Idee ein wenig ad absurdum führt und ich mich unweigerlich zu fragen begann: Okay, was weiß ich alles? Was ist passiert? Was weiß ich, was nicht von „Pauls Wahrnehmung“ beeinflusst ist? Welche Schlüsse kann ich daraus ziehen oder habe ich mich von Pauls Aussagen und Annahmen leiten lassen?

Das war eine echt spannende Erfahrung und hat mir wirklich gut gefallen – allerdings verlassen sich die Macher am Ende des Films dann wieder zu sehr auf irgendwelche Konventionen, was mir den Spaß daran ein wenig vermiest hat.

Einige Szenen des Films fand ich sehr verstörend und man merkt doch streckenweise, dass er von einer Frau gedreht (und zum Teil geschrieben) wurde, da ich glaube, dass sich ein Mann solche Dinge nicht getraut hätte. Ich kann nur nochmals feststellen, dass ich vor den beiden Schauspielern wirklich Respekt habe (klingt jetzt hochgestochen, immerhin haben wir nicht den Film „Anti-Christ“ im Thema), weil sie alles so glaubwürdig spielen. Wenn ich nach einer Weile nicht mehr weiß, vor wem der beiden ich jetzt Angst haben soll, dann macht der Film klar einiges richtig. Schade, dass man nicht den Mumm hatte, den Film auf eine Art und Weise enden zu lassen, die neu und frisch war, anstatt sich auf altbekannte, „oh-so-schockierende“ Twists zu verlassen.

„Honeymoon“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, in meinen Augen das Ende zu banal auflösende, Punkte.

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2 thoughts on “Honeymoon (Filmkritik)

  1. In Bezug auf Ihren ‚Honeymoon‘-Kommentar:
    Warum sollte man sich fragen ob mit Paul etwas nicht stimmt? Es ist doch wohl offensichtlich, dass etwas die Frauen verändert (siehe Annie). Bea kann sich nicht mal daran erinnern wo ihr erstes Date war, sie kann sich nicht daran erinnern was sie zur Hochzeit gegessen haben und auch nicht daran wie er ihr einen Antrag gemacht hat und ihre Version stimmt nicht.
    Und ich finde auch nicht, dass Paul durch dreht – er macht sich lediglich Sorgen und will wissen was mit seiner Frau los ist und was im Wald passiert ist. Ich würde mich genauso verhalten.

    Lg Sascha

    • Naja, wenn ich jetzt mal streiche, was ich als Zuseher weiß (immerhin weiß ich, dass ich in einem Horrorfilm sitze) und mir ansehe, was Bea für Probleme hat, dann gehe ich davon aus, dass ich mir Sorgen machen würde. Korrekt. Aber all die Vertrauensbrüche, die Paul begeht und die paar Dinge gegen Ende (ich will nicht spoilern), das ist in meinen Augen keine Sorge mehr, das ist fast schon Wahnsinn. Berechtigt? Mag sein, aber dennoch. Bea macht ja an sich keine schlimmen Sachen, eigentlich sollte man Mitleid mit der armen Frau haben, ihr dann aber sowas entgegen zu schleudern wie „Where is my wife?!“ (und zwar als Vorwurf und ernst gemeinte Frage, der glaubt ja wirklich, sie wurde ausgetauscht) – puh.

      Wie gesagt: Wir wissen ja, wir gucken einen Horrorfilm, aber wenn man mal überlegt, dass sie zB im Wald überfallen und missbraucht wurde (was zu diesem Zeitpunkt ja eine absolut plausible und genauso schreckliche Erklärung ist), dann leidet die Frau unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (was sie ja tut), die alle Symptome erklärt – und Pauls Verhalten dadurch schon eher … nun, ich nenne es mal bedenklich stimmt.

      Das die anderen im Dorf einen an der Waffel haben und die Frauen sich seltsam benehmen, okay, stimmt, aber – ist das ein Grund, die Dinge (ich will nicht spoilern) zu tun, die er dann tut? Echt jetzt?

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