Eden Lake (Filmkritik)

Jenny (Kelly Reilly) und Steve (Michael Fassbender) sind ein glückliches Pärchen. So glücklich, dass Steve seiner Angebeteten einen Heiratsantrag machen will. Die beiden fahren auf einen kleinen Campingurlaub an den See. Leider wird die Idylle von einer Gruppe Jugendlicher gestört und während einer Auseinandersetzung geraten die Dinge außer Kontrolle. Ein Messer wird gezückt und plötzlich geht es um Leben und Tod …

Eden-Lake

Regisseur James Watkins’ erste Regiearbeit hat es in sich. „Eden Lake“ ist ein Film, der mehr als einmal Grenzen überschreitet. Dem Mann hinter der Kamera war sein „Baby“ scheinbar absolut wichtig – nicht nur, dass er Michael Fassbender (dieser Mann sollte mittlerweile wohl allen ein Begriff sein, zum Beispiel aus „Prometheus“, „300“, „Jonah Hex“, „Inglourious Basterds“, „X-Men: First Class“, „Shame“ und andere) angeheuert hat er hat dann auch noch Thomas Turgoose und Jack O’Connell (beide aus „This Is England“) dazu geholt. Irgendwie passt es ins Bild, dass James Watkins als zweiten Film „Die Frau in Schwarz“ mit Daniel „Harry Potter“ Radcliffe gedreht hat – den fand ich zwar wirklich gut, aber dessen Ende kann man auch schwer als „Happy End“ bezeichnen. Außerdem ist der Mann auch noch für das Drehbuch für „The Descent 2“ verantwortlich.

Ganz offen gesprochen hat „Eden Lake“ nicht das logischste Drehbuch das jemals verfilmt wurde. Der Charakter Steve macht ein paar Dinge, die absolut nicht nachvollziehbar sind. Zum Beispiel findet er die Fahrräder der Jungs, von denen sie vorher angepöbelt wurden vor einem Haus und will zu deren Eltern petzen gehen. Als niemand auf seine Rufe reagiert betritt er das Haus und schnüffelt herum – was dazu führt, dass er fast von einem Elternteil dabei erwischt wird und über ein Dachfenster abhaut. Peinlich und – auch ein bisschen blöd, wen man ganz ehrlich ist.

Ach ja, die Kinder. Das sind die Prototypen von bösartigen, durchgeknallten und aggressiven Kindern per Definition. Allen voran Brett, der von Jack O’Connell absolut kaltblütig dargestellt wird. Es ist selten, dass ich Kindern etwas Böses wünsche, aber bei diesem Film dauert es überhaupt nicht lange, bis ich mir dachte, diesen Kotzbrocken müsste mal jemand ordentlich die Fresse polieren. Man verzeihe mir diese Aussage, aber wer den Film sieht, der oder die wird mir zustimmen müssen.

Streckenweise ist der Film fast unerträglich intensiv. Was sich Steve und Jenny mitmachen ist jenseits von allem was Menschen jemals durchmachen sollten. Immer und immer wieder gibt es kleine Funken von Hoffnung die James Watkins für die unvorbereiteten Zuseher auf den Weg streut und jedes verdammte Mal erstickt er sie kurz darauf im Keim. Es ist schon lang her, dass ich einen Film gesehen habe, der mich dermaßen in den Sitz sinken bzw. an dessen Kante rutschen ließ.

Gleichzeitig ist es auch der erste Film seit langem, den ich absolut nicht weiterempfehlen kann, obwohl er zu 100% kompromisslos seine Geschichte erzählt und ich das aus Prinzip super finde. Wenn ein Regisseur und Drehbuchautor seine Vision derart direkt auf Film bannt, dann kann ich nur sagen: Ich bin beeindruckt.

Beeindruckt bin ich auch von der schauspielerischen Leistung von Kelly Reilly, die in diesem Film so ziemlich alle Emotionen abspielt, die es auf dieser Erde gibt und jede einzelne davon glaubte ich ihr. Auch Jack O’Connell habe ich jede einzelne seiner Szenen absolut abgekauft.

Klingt nach einem extrem tollen Film, oder? Stimmt soweit auch. Allerdings ist es auch der erste Film seit langem, bei dem ich es wirklich gebraucht – und ich meine gebraucht(!) – hätte, dass die Hoffnung am Ende siegt. Dass es ein Licht gibt am Ende des Tunnels. Dass das „Böse“ besiegt werden kann. Und welches Ende bekomme ich? Mir hat sich fast der Magen umgedreht als die Credits zu rollen begannen. Nicht weil das Ende so brutal ist – das Ende ist fast nicht (zumindest visuell) brutal, das ist der Film davor bereits einige Male und das auch auf sehr gemeine Art und Weise, sondern der Film ist – und das betone ich hier mit Nachdruck – emotional brutal.

Der Jenny im Film kann kein Mensch etwas Böses wünschen – und dann passiert ihr so viel Schlimmes und immer wieder rafft sie sich auf, und der Zuseher rafft sich mit ihr auf, hofft mit ihr, leidet mit ihr, fürchtet um sie – und dann dieses Ende. Nein, danke. Die „Erklärung“, warum die Kinder sind wie sie sind, bzw. warum Brett so ist wie er ist … das ist mir dann doch zu billig und damit ging der ganze Film für mich den Bach runter.

„Eden Lake“ bekommt von mir 3 von 10, durch den Wald um das Leben flüchtende, Punkte.

PS: Wer mit einem emotional absolut dunklen Film glücklich werden kann und auf „No Way Out“-Movies steht, darf gern 5,5 Punkte draufschlagen. Aber macht euch keine Hoffnung, denn es gibt keine.

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2 thoughts on “Eden Lake (Filmkritik)

  1. Brett wird nicht von Thomas Turgoose sondern Jack O’Connell gespielt, könnte man aber ganz leicht auch einfach mal googlen. Ansonsten verstehe ich nicht ganz, wie ein Film „beeindruckend“ sein kann und dann trotzdem nur 3 von 10 Punkten kriegt – und das, weil dir das Ende nicht passt? Das ist schon ziemlich engstirnig. Ich schätze, jeder wahre Genrefan hätte einfach nur fassungslos die Stirn gerunzelt, wäre die Frau fröhlich entkommen, hätte am besten noch die Polizei verständigt und der böse Bube wäre gefasst worden. Äähm, sicher, so enden solche Filme ja auch üblicherweise.

    • Da wurden im Eifer des Gefechts zwei Namen verwechselt, hätte man ja auch mal ohne schnippischen Unterton drauf hinweisen können.

      Abgesehen davon: Danke. Hat in den vier Jahren in denen der Beitrag online war niemand bemerkt, da es mich selbst aber immer ärgert, wenn Fehler drin sind: Danke für den Hinweis, ich habe es korrigiert.

      Ich finde es übrigens wundervoll, wie im Internet immer davon ausgegangen wird, das auch sorgfältigen Menschen keine Fehler passieren, sondern immer alles auf entweder Faulheit oder Dummheit beruht. Was für eine schöne Welt. /sarcasmoff

      Bzgl: Beeindruckt: „Gefallen“ und „Beeindruckt“ sind zwei verschiedene Dinge. Ich bin zum Beispiel auch beeindruckt von den Leistungen von Marcel Hirscher. Trotzdem gefällt mir Skifahren nicht. So auch hier: Ich bin beeindruckt wie intensiv der Film ist und wie direkt der Regisseur seine Vision umsetzen konnte. Das bedeutet nicht, dass der Film mir gefallen muss. Der Unterschied ist klar?

      Bzgl. dem Ende: Ja, ich weiß. Ich bin da ein wenig eigen. Deshalb steht auch unter der Kritik, dass Menschen, denen das egal ist, 5,5 Punkte draufschlagen sollen. Das wären dann 8,5 und somit verdammt gut.

      SPOILER
      Ich hätte übrigens kein Happy End gebraucht, es hätte ja gereicht, wenn zum Beispiel die Typen bei denen Jenny landet ihr geholfen hätten und dann kommt der Junge und sagt „Hi Dad“ und Jenny zuckt aus. Der Dad guckt den Jungen an, dann Jenny, dann den Jungen und fragt sichtlich wütend: „Was hast du jetzt wieder gemacht?“ Der Junge guckt ihn schuldbewusst an.
      Und Ende.

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