Die Tribute von Panem – The Hunger Games: Catching Fire (Filmkritik)

Nach ihrem außergewöhnlichen Sieg bei den 74sten Hungerspielen, ist es still geworden um Katniss (Jennifer Lawrence) und Peeta (Josh Hutcherson). Die beiden gehen ihrem Alltag nach und versuchen, so gut wie möglich ein normales Leben zu führen. Bei den Bewohnern der 12 Distrikte, hat ihr Sieg jedoch dazu geführt, dass sie wieder die Hoffnung in ihren Herzen tragen, sich eines Tages gegen das autoritäre Capitol zur Wehr setzen zu können.

Diese Tatsache ist auch Präsident Snow (Donald Sutherland) nicht entgangen und so lässt er sich anlässlich des 75sten Jubiläums der Spiele, etwas ganz besonderes einfallen, um Katniss und ihr Image als Heldin des Volkes ein für alle mal auszulöschen. Die aktuellen Teilnehmer werden nämlich ausschließlich aus Gewinnern der letzten Jahre ausgewählt und so kommt es, dass Katniss und Peeta erneut um ihr Leben kämpfen müssen. Und dieses Mal, dafür wird Snow schon sorgen, wird es nur einen Sieger geben.

Die Tribute von Panem - The Hunger Games- Catching Fire Film Cast

Hier ist er also endlich, der zweite Teil der Buchtrilogie der Amerikanerin Suzanne Collins. Nachdem „The Hunger Games“ als einziges verfilmtes Jugendbuch mit weiblicher Heldin im trüb glitzernden Fahrwasser der „Twilight“ Franchise Erfolg hatte, wo andere scheiterten – egal ob nun „Beautiful Creatures„, „Seelen“ oder „Die Chroniken der Unterwelt„, alle waren finanziell ein Desaster, künstlerisch fragwürdig und/oder einfach zu beliebig – war es nur eine Frage der Zeit, bis wir die Abenteuer von Katniss weiterverfolgen dürfen. Gary Ross wurde am Regiestuhl hier durch Francis Lawrence (Water for Elephants) ersetzt, der auch die Filmversionen vom dritten Buch übernehmen wird (die Handlung aus Band drei wird auf zwei Filme gestreckt, die Ende 2014/2015 erscheinen werden).

Warum Katniss für mich in einer ganz anderen Liga spielt und höchstens die Zielgruppe mit ihren oben genannten Filmen und deren Heldinnen gemeinsam hat? Nun, hier handelt es sich um eine Dystopie, die leider näher an einer möglichen Realität dran ist, als uns lieb sein kann. Eine Fernsehshow wo sich junge Menschen von Kameras verfolgt gegenseitig umbringen, ein Staat, der die Bürger mit Gewalt unter Kontrolle hält, vor öffentlichen Hinrichtungen nicht zurückschreckt und so für Angst und Schrecken sorgt? Haben wir das nicht schon so irgendwo auf der Erde oder sind am besten Weg dazu? Ich spar mir jetzt lieber mal die Antwort und lass euch selber drüber nachdenken.

Neben der sozialkritischen Aussage, ist dies aber vor allem eines, nämlich ein Blockbuster, der auch so aussieht und so funktioniert und somit in erster Linie unterhalten will. Und das tut er erstaunlicher Weise noch besser, als der schon starke erste Teil. Der Balanceakt zwischen Weiterführung der zentralen Geschichte und der Erweiterung des eigenen Mikrokosmos, ist hier in eindrucksvoller Art gelungen. Epischer, düsterer und auf eine ohnmächtige Art noch spannender wird hier Katniss Überlebenskampf gezeigt, während sich im Hintergrund die Revolution aufbaut und so Hauptgeschehen und Rahmenhandlung nahtlos miteinander verschmelzen.

Dabei wurde gezielt darauf geachtet, dass sich die Story (vor allem die Spiele selbst) nicht wie eine Wiederholung der vergangenen Ereignisse anfühlt. Mehr als die Hälfte des 146 Minuten andauernden Filmes werden Charaktere vorgestellt, Beziehungen etabliert und die Handlungen der Machthaber gezeigt. So wird eine ziemlich dichte und emotional fordernde Grundstimmung geschaffen, wovon die Actionszenen gegen Ende profitieren, weil sie nie zum Selbstzweck verkommen oder zu inflationär eingesetzt werden. Auch wenn der Trailer etwas anderes vermittelt, dies ist auf keinen Fall ein Actionfilm, sondern ein Abenteuer, bei dem die Figuren zählen und gegen Ende eben immer mehr los ist. Die Spiele an sich sind klar wie noch nie nur als Mittel zum Zweck eingesetzt und zwar sowohl für die Bösen, als auch die Guten (wenn man sie denn überhaupt so nennen kann).

Auch die Mechanik der Hungerspiele selbst überrascht, denn die kämpfen/sich verstecken/jagen Dynamik, die Katniss im ersten Teil als starke Einzelkämpferin aufgebaut hat, ist einer Gruppendynamik gewichen, die sich weniger wie ein Kampf ums Überleben, als wie eine lange gemeinsame Flucht anfühlt, mit kurzen Verschnauf-Pausen dazwischen. Elektrische Kraftfelder, ein giftiger Nebel, Blutregen, Wasserfluten, Killer-Affen, hier gibt es wirklich genügend (neue) Möglichkeiten, um sein Leben frühzeitig und nicht im Kampf gegen andere Teilnehmer zu verlieren. Zusätzlich muss Katniss immer wachsam bleiben, denn außer bei Peeta ist sie sich bei keinem ihrer neuen Verbündeten wirklich sicher, ob bzw. wann sie ihr in den Rücken fallen werden.

Regisseur Francis Lawrence stammt ja ursprünglich aus der Videoclip Branche. Die dort beliebten schnellen Schnitte hat er zum Glück schon längst vergessen, was aber geblieben ist, ist sein Sinn für ansprechende, teilweise wirklich wunderschöne Aufnahmen. Egal ob die Gebäude des Capitol gezeigt werden, wie die schrillen Kostüme in Szene gesetzt werden oder der Umgang mit den Effekten gehandhabt wird, der Kerl weiß einfach was er tut. Zusätzlich scheint er die Gabe zu haben (wie schon bei seinen früheren Filmen zuvor), aus schon starken Darstellern, noch ein bisschen mehr heraus zu kitzeln.

Jennifer Lawrence (Silver Linings Playbook) als Katniss ist hier wieder mal klar das kämpferische Herz des Filmes, und was für eines. Sie will gar keine Heldin sein, nur ihren Platz im Leben finden und in Ruhe gelassen werden, doch sie ist schon lange zu dem Gesicht der Revolution geworden, ob sie das nun will oder nicht. Diese Zerrissenheit, den Schmerz und die Auflehnung spielt sie wirklich völlig überzeugend, so gut sogar, dass ich während des Filmes glaubte, dass sie so ist und vergessen habe, dass alles ja nur gespielt ist. Auch die fast kindlich hilflosen Momente, wo sie aus Mangel an Zeit und wegen anderen Sorgen mit Gefühlen wie Liebe und Freundschaft Probleme hat (Peeta oder Gale, wer ist denn nun was für sie), funktionieren wunderbar, was angesichts der in letzter Zeit im Kino recht ausgeschlachteten Dreiecks-Beziehungs Dynamik, doch ziemlich erfreulich war.

Neben der überragenden Jennifer, gehen die schon bekannten Charaktere ein wenig unter, doch bekommt auch hier jeder seinen Moment. Josh Hutcherson (Red Dawn) als Peeta ist noch immer der herzensgute Kerl, der für seine geliebte Katniss jederzeit ohne zu zögern sterben würde. Er ist zwar kein Kämpfer, doch auf Grund seiner Aufrichtigkeit und seines stillen Leidens, kann man ihn einfach nur gerne haben. Woody Harrelson (Die Unfassbaren) als dauerbetrunkener Haymitch hat wieder die Lacher auf seiner Seite, wobei vor allem gegen Ende klar wird, dass hinter seiner lockeren Fassade, noch einiges mehr steckt. Elizabeth Banks (Ein riskanter Plan) als Effie ist wieder schön schrill, doch auch sie darf dieses Mal echte Gefühle zeigen und nicht nur ihre perfekt eintrainierte, gekünstelte Art zelebrieren.

Wirklich gut gefallen haben mir auch ein paar der neu eingeführten Figuren, vor allem zwei auf der Seite der früher siegreichen Tribute muss ich hier erwähnen. Jena Malone (Sucker Punch) als Johanna ist herrlich überdreht, hat zwar Spass am Töten, ist aber wütend dass sie wieder ums Überleben kämpfen muss. Eine Szene, in der sie sich im Lift von Peeta den Reisverschluss ihres Kleides öffnen lässt und sich dann vor ihm, Katniss und Haymitch auszieht, gehört zu den lustigsten/schrägsten Momenten im ganzen Film. Sie bleibt bis zu letzt unberechenbar, man weiß eben nie genau ob man sie nun gerne hat, oder doch sich lieber fürchten sollte vor ihr. Sam Claflin (Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten) als Finnick ist da ein ganz anderes Kaliber, obwohl auch er nicht klar einzuordnen ist. Er ist ein Sonnyboy, ein großartiger Kämpfer, von vielen bewundert und darum auch etwas überheblich. Wie fast alle Figuren rund um die Spiele, hat aber auch er noch weit reichendere und vor allem ernsthaftere Beweggründe, als man zunächst erfährt.

Freunde des Buches werden auch hier Punkte finden, mit denen sie nicht einverstanden sind, doch was die beiden nicht miteinander verwandten „Lawrence“ hier auf die Beine gestellt haben, ist grosses Kino. Eine riesige Ansammlung von auf unterschiedlichen Ebenen interessanten Charakteren, eine wunderschöne und dynamische Inszenierung, starke bis wirklich beeindruckende Performances aller Darsteller und ein überraschendes Ende, inklusive dem obligatorischen aber stimmigen und den Zuschauer nicht unbefriedigt zurück lassenden Cliffhanger haben mir hier meine kurzweiligsten zweienhalb Stunden Film seit langem beschert. Ich kann nur hoffen, dass die Zweiteilung des letzten Buches nicht zu Füllszenen führt, unter denen die Spannung leidet, aber wenn ich an die Wiedervereinigung der hier verantwortlichen Crew denke, mach ich mir da eigentlich keine echten Sorgen mehr.

„Die Tribute von Panem – The Hunger Games: Catching Fire“ bekommt von mir 9/10 auch nach Filmende nachwirkende, dem Regime langsam aber sicher den finalen Kampf ansagende Empfehlungspunkte.

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3 thoughts on “Die Tribute von Panem – The Hunger Games: Catching Fire (Filmkritik)

  1. was ich an dem film mag (zusätzlich zu den vielen dingen die im beitrag erwähnt wurden) sind die vielen emotionalen und charakter momente – etwa als sich die älteste teilnehmerin für das team opfert – wo man sich als zuschauer oft denkt „ist das jetzt wirklich passiert?“

    etwas das man dem film ebenfalls zu gute halten muss ist die tatsache das man es hier nicht merkt das es sich um eine buchverfilmung handelt – also keine stellen die hier nur angedeutet werden bzw zu kurz kommen. hier erzählt man von anfang bis ende eine intelligente und stimmige geschichte die an mehreren stellen zu überraschen weiß!

  2. Wow, das war für mich einer der besten Filme des Kinojahrs 2013.

    Gleich mal zu Anfang war ich dankbar, dass auf die Wackelkamera des ersten Teil verzichtet wurde. Die Liebe zum Detail war deutlich und als Mädchen war ich auch von der größtenteils komplett verrückten Mode fasziniert.

    Der krasse Unterschied zwischen den Distrikten wurde nicht nur durch die Mode deutlich, sondern für mich vor allem bei dem Festessen vor den 75. Hungerspielen, wo ein Besucher Katniss und Peeta erklärt, dass es ein Getränk gibt, mit dem man erbricht um danach noch mehr essen zu können. All das, während in den anderen Distrikten Menschen am Verhungern sind.

    Die Kulisse rund um den Quarter Quell ist gut gemacht. Kämpfe zwischen den Tributen wurden kaum bzw nur sehr kurz gezeigt, dafür blieb die Kamera zB bei den Auswirkungen des Giftgases extra lange drauf. Die Spiele selbst waren im Vergleich zum restlichen Film eher kurz, was mich nicht wirklich störte. Es wurde viel Fokus auf das rund herum gerichtet, wie oberflächlich die Bewohner des Kapitols sind, wie Katniss sich bemüht Snows Anordnungen zu entsprechen um ihre Familie zu retten und wie Snow schließlich durch die Peacekeeper jeden Anschein von einer Revolution im Keim zu ersticken versucht. All das fand ich mindestens so interessant wie die Spiele selbst.

    Die Hauptdarsteller sind fraglos toll und Neuzugang Jenna Malone war herrlich irre. Ich mochte wie sie bei ihrem Interview einfach über Snow und sein Regime zu schimpfen beginnt. Auf die Frage ob sie nicht Angst vor einer Bestrafung habe, ist ihre Reaktion was Snow noch machen wolle, denn er schicke sie immerhin schon in die Arena.

    Dass das letzte Buch für die Filme zweigeteilt wird stört mich ziemlich, weil ich hier ebenso wie bei Twilight das Gefühl habe, dass diese Entscheidung von Menschen mit Dollar-Zeichen in den Augen getroffen wurde.

  3. Ich war ebenfalls positiv beeindruckt – vor allem, da der Film sich wirklich auf die Handlung konzentriert und die Action als Mittel zum Zweck eingesetzt wurde. Selbst während den „Spielen“ wird die Handlung (Revolution!) weiterentwickelt, also kein blosses „wir wiederholen Teil 1-Schema“. Find ich super.

    Einziges Manko: Der sehr abrupte Cliffhanger am Ende. Macht aber Lust auf den dritten Teil. Definitiv.

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