Hours (Filmkritik)

New Orleans am Montag dem 29 August 2005. Der Hurrikan Katrina beginnt gerade, seine gesamte Zerstörungskraft zu entfalten. Nolan (Paul Walker) hat zunächst aber ganz andere Sorgen. Er hat gerade seine hochschwangere Frau Abigail (Genesis Rodriguez) im Krankenhaus abgeliefert, da es zu Komplikationen in Form von starken Schmerzen gekommen ist. Dann die Erleichterung, Nolan hat eines gesunde Tochter bekommen. Und seine Frau? Die ist bei der Geburt verstorben.

Noch völlig im Schockzustand trauert er um Abigail und beobachtet seine Tochter, die von einem Beatmungsgerät mit Sauerstoff versorgt werden muss, da sie fünf Wochen zu Früh auf die Welt gekommen ist und daher noch nicht alleine atmen kann. In der Zwischenzeit wütet der Hurrikan und das Spital wird evakuiert, doch sein Baby ist nicht transportfähig. Hilfe wird kommen versprechen ihm die Ärzte. Doch das bringt Nolan auch nichts mehr, denn Strom und Notstrom sind ausgefallen und die Batterie der Maschine, an der das Leben seiner Tochter hängt, hält gerade noch drei Minuten.

Hours

„Hours“ ist das Regiedebüt von Drehbuchautor Eric Heisserer („A Nightmare on Elm Street„, „The Thing„), in dem er und Produzent/Hauptdarsteller Paul Walker die Hurrikan-Katastrophe als Rahmenhandlung hernehmen, um die Regeln für ihr ganz persönliches Drama aufzustellen. Für mich vor allem spannend dabei war es endlich Walker wieder mal in einer anspruchsvollen Rolle zu sehen, denn seinen Sunnyboy aus den Fast and Furious Teilen, spielt er nun ja schon jahrelang gekonnt, überraschen kann er so aber Niemanden mehr.

Zunächst mal ist dies ein Film, der überhaupt nicht funktioniert, wenn man über dem Geschehen steht oder logisch drüber nachdenkt, was man in so einer Situation denn selber machen würde. Ein Mann. Ein Baby. Eine Kurbel. Je drei Minuten um in einem leeren Gebäude nach Hilfe zu suchen, bevor es wieder Zeit ist, die Batterie des Belüftungsgerätes mittels eines glücklicherweise gefundenen „Oldschool-Apparates“ anzutreiben. Das ist die Ausgangslage. Ein anderes Gerät der gleichen Sorte suchen um dort die Batterie zu tauschen? Gibt es so eine Maschine noch mal im Haus? Hat sie der Hurrikan zerstört? Für mich waren solche und ähnliche Fragen völlig egal. Warum? Weil ich von Anfang an emotional berührt wurde und nur drauf gewartet habe, was als nächstes passiert.

Als Nolan seine Frau verliert, kann er das nicht akzeptieren. Er redet mit ihrer Leiche, will das Baby nicht sondern lieber sie wieder zurück. Es gibt da die Schlüsselszene wie er zu seiner Tochter „I Don´t know you“ sagt, was Schmerz, Wut und Trauer ausstrahlt und man als Zuschauer richtig mitfühlen kann. Als dann die Hölle losbricht ist dieses Baby plötzlich alles, was dieser Mann noch hat und es ist klar dass er alles tun wird, um es am Leben zu halten.

Strom wieder herstellen mit Hilfe eines Generators. Hilferufe über ein Funkgerät. Signallichter nutzen um Helikopter anzulocken. Dazwischen neue Infusionen für die Tochter suchen. Sämtliche Automaten im Gebäude nach Essen und Getränken absuchen, um selber länger durch zu halten. Für das alles immer nur drei Minuten Zeit haben und im Verlauf auch weniger, denn die Batterie wird schwächer. Das quälende Geräusch der von Nolan eingestellten Stoppuhr und das Piepsen der leeren Batterie hängen ständig bedrohlich in der Luft. Durch Plünderer und der durch Schlafentzug und Nahrungsmangel immer schwächer werdenden Konstitution des Vaters, wird die Lage nach einiger Zeit dann noch auswegloser.

Bleibt diese fixe Konstellation die gesamte Filmlänge über spannend? Für mich eindeutig ja, denn die Inszenierung und die Darsteller schaffen es in beindruckender Form, eine Bindung zu den Figuren aufzubauen. Nein, dieses Baby darf jetzt einfach nicht sterben, genau so wenig wie der Vater. Das war für mich immer 100 prozentig klar. Zwischen den Krankenhaus Szenen werden als „Auflockerung“ Berichte über die Auswirkungen von Katrina eingeblendet und ein paar wirklich herzliche Rückblicke zeigen, wie Nolan seine Frau kennen und lieben gelernt hat.

Mehr ein Mann Show gibt es selten in einem Film. Was Paul Walker (Takers) hier schafft, ist sicherlich eine der besten Vorstellungen seiner Karriere. Glaubwürdig von Beginn an schreit er zunächst seine Verzweiflung und Wut heraus, nur um dann um so mehr Liebe auszustrahlen. Wenn er seiner Tochter Fotos zeigt, ihr von ihrer Mutter erzählt oder einfach nur die Maschine bittet nicht aufzugeben, dann fühlt man einfach mit und kann ihn nur gerne haben. Auch die Szenen mit seiner Filmehefrau Genesis Rodriguez („Man on a Ledge„, „The Last Stand„) sind wunderschön zum Anschauen, die zwei haben vor der Kamera echt eine super Chemie zusammen.

Für mich als Fan von düsteren und auch brutalen Filmen war „Hours“ ein Erlebnis, das ich echt wieder mal gebraucht habe. Emotional mitreissend, zu tiefst menschlich, was für manche Leute vielleicht mit Kitsch gleich gesetzt wird, was ich in diesem speziellen Fall aber für völligen Blödsinn halte. Spannend und spitze gespielt, mit einem befriedigenden Ende, dass mich als Zuschauer aufgewühlt aber glücklich zurückgelassen hat.

„Hours“ bekommt von mir 9/10 mit viel Liebe und Kampfgeist gegen schlechte Überlebenschancen ankämpfende Empfehlungspunkte.

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3 thoughts on “Hours (Filmkritik)

    • Du weißt ja wie das mit den Geschmäckern ist, aber ich fand den aus mehreren (auch angeführten) Gründen einfach gut. Wenn man aber wie gesagt nicht reingeholt wird in den Film bzw. sich nicht drauf einlässt, dann klappt er glaub ich überhaupt nicht. Mal sehen wer wie drauf reagiert 🙂

      • Ich bemühe mich ja ohnehin um vorurteilsfreies Herangehen an Filme – außer bei der Twilight-Reihe, da geht das einfach nicht. Daher denk ich, dass mir der bei einer solch positiven Kritik die Chancen gut stehen, dass mir der ebenfalls gefällt.

        Wenngleich wir uns in Punkto Filme, die wir schreiben werden ev wieder absprechen sollten.

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